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Der Wasser- und Abwasserzweckverband Ilsetal konnte sein 20-jähriges Bestehen feiern Ein Geburtstag und zugleich ein Abgesang

Von Mario Heinicke 07.12.2011, 05:22

Das Jubiläum wurde taggenau gefeiert: Der Wasser- und Abwasserzweckverband Ilse beging am Montagabend sein 20-jähriges Bestehen. Zugleich war es sein Abgesang. Im nächsten Jahr gibt es den Verband nicht mehr.

Osterwieck l Im Gemeindesitzungsraum im Lüttgenröder Schloss muss es kalt gewesen sein, als sich am 5. Dezember 1991 zwölf Kommunalpolitiker aus Osterwieck, Berßel, Bühne, Lüttgenrode, Schauen und Wülperode versammelten, um den WAZ Ilsetal zu gründen. Die Sitzung war deshalb wohl schnell zu Ende, erinnerte sich Hermann Sinast, der seinerzeit zum Vorsitzenden gewählt wurde und dieses Ehrenamt bis 2005 ausführte. Er zählte zu den etwa 50 Gästen, die am Montag der Einladung von Geschäftsführer Holger Ballhausen und Ulrich Kolbe, dem Vorsitzenden der Verbandsversammlung und einzigen all die 20 Jahre aktiven Verbandsvertreter, in das Osterwiecker "Waldhaus" gefolgt waren.

Der heute große Nachbarverband Huy-Fallstein hatte einst seine Wurzeln auch in solch einer kleinen Struktur, anders als Huy-Fallstein blieb Ilsetal aber stets so klein. Der Riesenzoff der 1990er Jahre um Gebührenexplosionen und Austrittsbegehren wie beim großen Nachbarn blieb dem kleinen Ilsetal erspart, auch wenn es hier ebenso durchaus heftige Diskussionen um Gebühren und Beiträge gab. Aber im Vergleich befand sich Ilsetal doch stets im ruhigen Fahrwasser, war nie auf Sanierungshilfen vom Land angewiesen und schafft es seit 2006 auch, das bereits zu DDR-Zeiten geplante, 1991 fertiggestellte, aber eben für die Nachwendezeit überdimensionierte Klärwerk Osterwieck auszulasten. Fünf Orte aus Nachbarverbänden leiten ihr Abwasser heute nach Osterwieck, wobei in Göddeckenrode noch eine zweite Kläranlage im Verbandsgebiet steht.

Den Landesverwaltern war der WAZ Ilsetal indes schon 1995 zu klein, seitdem ist es jedoch keinem hohen Beamten gelungen, die Daumenschrauben wie in Huy-Fallstein anzusetzen und "freiwillige" Beschlüsse der unangenehmen Art durchzusetzen.

Darüber wurde am Montagabend übrigens nicht gesprochen. Es wurden aber an der Leinwand Zeitungsbeiträge der vergangenen 20 Jahre gezeigt, die die Geschichte in Erinnerung riefen.

Nach der Wende zügig geplant und gebaut

Holger Ballhausen ist erst seit 1995 Geschäftsführer und trug die frühere Verbandsgeschichte aus den Akten zusammen. Die eigentliche Verbandstätigkeit begann demnach erst 1993. Über die ersten Planungen, Konzepte und Kalkulationen hatten Vorsitzender Hermann Sinast und Dietrich Ebering als Geschäftsführer die Regie. Erst später wurde kaufmännisches und technisches Personal eingestellt, heute besteht der Verband aus lediglich sechs Mitarbeitern.

"Ein großer Vorteil dieser Zeit war es, dass wir gemeinsam mit den Mitgliedsgemeinden zügig geplant und gebaut haben", sagte Ballhausen. Binnen weniger Jahre wurden Bühne, Rimbeck, Hoppenstedt, Lüttgenrode, Stötterlingen, Berßel, Schauen und Göddeckenrode ans zentrale Abwassernetz angeschlossen. Und in Osterwieck begann man 1997 weitere Straßenzüge zu erschließen.

Insgesamt 16 Millionen Euro wurden seit Bestehen in neue Abwasseranlagen investiert. Weitere Neuanlagen gelten heute als nicht mehr notwendig.

Vier Millionen Euro investierte der Zweckverband in neue Trinkwasseranlagen, davon ein Drittel in die Fernwasserversorgung aus dem Harz, die die Region seit 2008 mit weichem Wasser beliefert.

Aus dem Zweckverband wird eine Anstalt

Mit der Gemeindegebietsreform und der Bildung der Stadt Osterwieck wurde auch eine neue Organisationsstruktur für den Verband notwendig, weil es nun nicht mehr sechs Orte, sondern lediglich die Stadt als einziges Mitglied gibt. Der Stadtrat hat sich nach durchaus kontroversen Diskussionen zur Bildung einer Anstalt öffentlichen Rechts bekannt. Zum 1. Januar 2012 wird sie unter dem Namen "Wasser-Abwasser-Ilsetal Osterwieck AöR" ihre Arbeit aufnehmen. Aus dem Verbandsgeschäftsführer wird ein Vorstand; aus der siebenköpfigen Verbandsversammlung ein Verwaltungsrat mit sieben, möglicherweise allesamt neuen Vertretern mit der Bürgermeisterin an der Spitze. Kein böser Wille, aber der Verwaltungsrat muss sich aus Stadtratsmitgliedern zusammensetzen, und von den bisherigen Verbandsvertretern ist nur einer Abgeordneter im Stadtrat.

Ob diese Anstalt auch 20 Jahre Bestand hat, wird sich zeigen. Eher wohl nicht. Denn der Nachbarverband Huy-Fallstein, längst zur Ruhe gekommen, wirbt intensiv um seinen kleinen Nachbarn, zumal derzeit im Stadtgebiet zwei Verbände tätig sind. Und die Landesverwaltung hat gegenüber der Stadt eine Verbandsfusion finanziell schmackhaft gemacht. "Bis 31. Dezember 2015 sind genügend Zeit und Raum gegeben, die richtige Entscheidungen zu treffen", blickte Holger Ballhausen voraus.