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  7. Sonderausstellung im Amtsgericht - über schwarze Roben mit braunen Flecken

Gestern offizielle Eröffnung durch Sachsen-Anhalts Justizministerin Angela Kolb in Halberstadt Sonderausstellung im Amtsgericht - über schwarze Roben mit braunen Flecken

13.12.2011, 04:28

"Justiz im Nationalsozialismus: Über Verbrechen im Namen des Deutschen Volkes" ist das Thema eines Ausstellungs- und Bildungsprojektes, das seit gestern im Amtsgericht Halberstadt präsentiert wird.

Von Ingmar Mehlhose

Halberstadt l Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung, die Stiftung Gedenkstätten und die Landeszentrale für politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt haben dazu unter der wissenschaftlichen Leitung der Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale) eine in Niedersachsen konzipierte Exposition weiterentwickelt. Sie wurde um zahlreiche regionale und lokale Informationen ergänzt.

Vor der Eröffnung im Foyer des Gebäudes Richard-Wagner-Straße 52 nutzte Justiz-Staatssekretär Dr. Eberhard Schmidt-Elsaeßer bereits die Gelegenheit zu einem Rundgang. "Vor dem Hintergrund des Rechtsterrorismus ist dieses Thema wieder sehr aktuell", sagte der Gast aus Magdeburg. Und: "Bisher war die Ausstellung an Landgerichten und am Oberlandesgericht zu sehen." Von Arbeitsgruppen 2008 und 2009 in Magdeburg, Dessau-Roßlau, Stendal und Naumburg produziert, fand sie bisher das Interesse von mehr als 12 000 Besuchern. Laut Schmidt-Elsaeßer waren darunter allein etwa 7000 Schüler aus 350 Klassen. Der Staatssekretär: "An diesen Erfolg wollen wir anknüpfen." Mit der Ausstellung starte das Vorhaben in Halberstadt in eine neue Phase.

"Wir wollen wissen, wo wir hergekommen sind"

Frithjof Büttner, Amtsgerichtsdirektor

Die Justiz rege damit zur Auseinandersetzung mit regionaler Geschichte an. Der enge Bezug zur Region führe Täter und Opfer aus der Anonymität. Eberhard Schmidt-Elsaeßer: "Im NS-Staat war das Recht ein Instrument der Verfolgung und Vernichtung. Die große Mehrheit der Juristen wirkte aktiv daran mit, den Herrschaftsanspruch des NS-Regimes durchzusetzen. Verweigert haben sich nur wenige."

"Das Land Sachsen-Anhalt betreibt mit der Gedenkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale) eine von zwei Gedenkstätten bundesweit, die sich intensiv mit der Justiz des NS beschäftigen", erklärte Dr. Kai Langer. Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten betonte, dass die Ausstellung davon sehr profitiert habe. Im Gegenzug sei daraus die Möglichkeit entstanden, Informationen zu diesem Thema in das gesamte Bundesgebiet hinauszutragen und mit vielen, vor allem auch jungen Interessenten ins Gespräch zu kommen, die sonst nur sehr schwer erreicht worden wären.

Wesentlichen Anteil daran, dass die Ausstellung im Halberstädter Amtsgericht gezeigt wird, hat dessen Direktor. Frithjof Büttner: "Wir wollen wissen, wo wir herkommen. Bis zum Kriegsende sind wir Landgericht gewesen." Außerdem habe sich die Feier zum 100. Geburtstag des Hauses im September hinzugesellt. Büttner: "Es ist es wert, das man sich mit diesen Jahren noch einmal beschäftigt." Und: "Wichtig ist, dass man sich mit der eigenen Rolle in Justiz und Gesellschaft befasst."

Die offizielle Eröffnung hat gestern Sachsen-Anhalts Justizministerin Prof. Angela Kolb vor geladenen Gästen vorgenommen. Sie erklärte unter anderem: "Ganz besonders freue ich mich, dass sich in Halberstadt Jugendliche aktiv einbringen und Gleichaltrige durch die Ausstellung führen." Als Festredner wurde von ihr und Amtsgerichtsdirektor Büttner zudem der Jurist und Historiker Prof. Ingo Müller begrüßt.

Besichtigt werden kann die Exposition jetzt zu den Öffnungszeiten der Einrichtung montags, mittwochs und donnerstags jeweils von 8.30 bis 15.30 Uhr, dienstags zwischen 8.30 und 17 Uhr sowie freitags von 8.30 bis 13 Uhr bis zum 24. Februar. Für die Führungen, die unter Telefon (0 39 41) 670 231, -229 oder -230 gebucht werden können, sind 13 Schüler aus den beiden Gymnasien Käthe Kollwitz und Martineum fortgebildet worden.

Frithjof Büttner hat beim Studium der Schautafeln übrigens eine Erkenntnis besonders bewegt. Demnach hatten 19 von 20 Halberstädter Richtern braune Flecken auf ihren schwarzen Roben. Sie gehörten 1943 allesamt der NSDAP an. Ebenso fünf von sechs Staatsanwälten. Die meisten von ihnen bereits seit 1933.