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Jahreshauptversammlung der Berßeler Kameraden / Dauerbrenner Löschfahrzeug und Hochwasserschutz Der jüngste Feuerwehr-Chef fährt im ältestem Auto

Von Mario Heinicke 28.02.2012, 05:30

Die Dauerbrenner auf den Berßeler Feuerwehrversammlungen sind seit Jahren dieselben: der fehlende Hochwasserschutz für das Dorf und das uralte Löschauto. Zumindest für die Ilse ist Besserung in Aussicht.

Berßel l Berßels Feuerwehr steht 2014 ein Jubiläum ins Haus, das eigentlich niemand feiern möchte. Dann wird das Löschauto 50 Jahre alt. Das Auto mit dem Stern kam gerade wieder durch die feuerwehrtechnische Überprüfung, berichtete Wehrleiter Kai Schade auf der Jahreshauptversammlung am Freitagabend. "Das ist unglaublich." Dass das Auto noch fährt, ist allerdings nur einigen talentierten Schraubern aus dem Kreise der Feuerwehrleute zu verdanken.

Berßels Kameraden kämpfen schon lange für ein neueres Löschauto. Vor der Gebietsreform sah der Gemeinderat andere Vorhaben im Dorf als noch wichtiger an. Mit der Einheitsgemeinde unterstützte der Landkreis einen Förderantrag für ein neues Fahrzeug, doch das Land lehnte ab, weil die Wehr laut Antrag nicht rund um die Uhr einsatzbereit war. Als vor einem Jahr der Staatssekretär in Berßel war, gab es neue Hoffnung, doch mittlerweile aber auch neue Förderbedingungen (so wird jetzt eine Risikoanalyse gefordert) und wesentlich weniger Geld im Land - und in der Stadt. "Was nutzen die besten Förderprogramme, wenn ich die Eigenmittel nicht aufbringen kann", sagte Stadtwehrleiter Frank Kenzig. "Wir können keine Lösung aus dem Hut zaubern." Auch Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ redete nicht drumherum: "2012 kommt kein neues Auto."

"Es ist keine Besserung in Aussicht", sagte ebenfalls Ingo Gericke, der Leiter des Brandschutzabschnitts West im Harzkreis. "Das Land hat noch 800 000 Euro für neue Löschfahrzeuge in ganz Sachsen-Anhalt. Was soll man davon bestreiten?"

"Irgendwann holt die Osterwiecker oder Schauener Feuerwehr mit ihren Fahrzeugen unsere Leute zu den Einsätzen ab", warf Rüdiger Eckhardt zynisch ein.

Ortsbürgermeister Jürgen Seubert vermutet, dass irgendwann Regelungen getroffen werden könnten, die neuen Feuerwehrautos im Stadtgebiet günstiger zu verteilen. Jetzt gebe es neue Fahrzeuge in engem Umkreis in Göddeckenrode, Wülperode und Suderode. "Solch eine Diskussion will ich nicht hören", entgegnete Stadtwehrleiter Kenzig scharf. "Aus diesen Orten wird kein Fahrzeug umgesetzt. Das wird nicht passieren."

Besser sind die Aussichten beim Hochwasserschutz für die Ilse. Ortsbürgermeister Seubert berichtete, dass das Land die Ausschreibung für die Bauarbeiten zum Hochwasserschutz bereits veröffentlicht habe. "Im Mai wird angefangen, das ist definitiv", sagte Bürgermeisterin Wagenführ. "Dann wird auch das Wasserproblem im Mühlengraben mit gelöst." Darauf hatte Wehrleiter Schade hingewiesen. "Kein Wasser im Mühlengraben, keine Löscharbeiten."

Von einem Hochwassereinsatz blieb die Berßeler Feuerwehr im vergangenen Jahr verschont. Einen Brand musste sie löschen, zwei Ölspuren beseitigen und mit den Schauener Nachbarn die Straße nach Deersheim von einem umgestürzten Baum befreien. Ein weiteres Mal wurde sie zu einem Brand in einer Gartenanlage alarmiert, der allerdings nicht entdeckt wurde. Vermutlich handelte es sich um ein illegales Gartenfeuer, was Schade als besonders ärgerlich empfand. "Wir brauchen uns nicht zu wundern, wenn das Verbrennen im Garten bald verboten wird."

Gerade nach schwierigen Einsätzen bot der für Berßel zuständige Pfarrer Thomas Grönholdt den Feuerwehrleuten seine Unterstützung an. Er nahm erstmals an der Versammlung teil.

"Irgendwann holt die Osterwiecker oder Schauener Feuerwehr mit ihren Fahrzeugen unsere Leute zu den Einsätzen ab."

Rüdiger Eckhardt, Feuerwehrmann

Eine wichtige Personalie gab es auf der Jahreshauptversammlung zu klären. Bernd Duderstadts Amtszeit als stellvertretender Wehrleiter lief aus. Zum Nachfolger wurde einstimmig Thomas Schunk gewählt. Er hatte bisher die Jugend-und Kinderfeuerwehr geleitet, die jetzt Lars Vollroth übernahm. Sieben Mädchen und Jungen sind in der Gruppe vereint.

Die aktive Einsatztruppe setzt sich in Berßel aus 15 Männern und acht Frauen zusammen. Dazu kommt eine fünfköpfige Alters- und Ehrenabteilung. Oder wie Jürgen Seubert seine Wehr beschrieb: "Wir haben den jüngsten Wehrleiter und das älteste Auto."