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"Five Gentlemen" reisen mit ihrem Publikum in Seggerde durch die Musikgeschichte Herren im Frack begeistern im Kuhstall

Von Anett Roisch 19.08.2013, 03:34

Mit einem "bestellten Blumentopf" in gesungener Form haben fünf Herren im Frack die knapp 700 Gäste des Kuhstalls auf dem Gut in Seggerde begrüßt. Die "Five Gentlemen" aus Leipzig überreichten mit Schmalz in den Stimmen und in den Haaren den Topf voller blumiger Lieder.

Seggerde l "Schön, dass Sie alle zum Musiksommer erschienen sind. Die Schwalben sind auch da", sagte Rudolf von Davier am Freitagabend bei der Begrüßung und zeigt auf die Nester an der Decke des Kuhstalls.

Oliver Jueterbock bedankte sich als Festivalmanager des Musiksommers bei der Familie von Davier. "Wenn man hier in Seggerde ankommt, ist man in einer anderen Welt, in der man sich wahnsinnig wohl fühlen kann. Für all das sind die Menschen verantwortlich, die hier wirken und hier tagtäglich dazu beitragen, dass dieser Ort etwas Besonderes hat. Das ist die Familie von Davier", so Jueterbock und erzählte, wie es im Kuhstall aussah, als er 2005 das erste Mal dort war. "Das ist ein großer Unterschied", gestand er schmunzelnd und beschrieb: "Dieser Raum hat etwas Besonderes. Er hat zwei Seiten, zu denen sich die Künstler drehen. Und er hat eine tolle Atmosphäre."

Seit 2006 ist der Stall in Seggerde Spielstätte des Musiksommers. "Wir planen für 2014, einen Familientag in Seggerde zu organisieren", plauderte der Manager aus dem Nähkästchen.

"Heute Abend haben wir für Sie die ,Five Gentlemen\' da. Wenn wir etwas besser angezogen wären, gäbe es vielleicht sieben", scherzte Jueterbock . "Die Männer sind schon die Liebe wert", stellen die Herren im Frack und Schnupftuch mit einem Lied von Max Raabe klar und entführen das Publikum zu einer Reise in die Vergangenheit. Die Musiker schlüpften in die Rollen ihrer musikalischen Vorbilder, der "Comedian Harmonists", und erzählten zwischen den Stücken über Entstehung und Werdegang des berühmten Vokalsextetts, das oft auch die "erste Boygroup der Welt" genannt wird.

Getreu ihren Vorbildern stimmten sie natürlich auch Hits der "Comedian Harmonists" an. Die Gruppe war 1927 in Berlin aus 70 Bewerbern gegründet worden, 1936 wurde sie von den Nazis mit Berufsverbot belegt, weil drei jüdische Sänger mitwirkten. Die "Five Gentlemen" waren so von dieser Gesangsformation fasziniert, dass sie im Mai 1994 beschlossen, fortan im Stile der "Comedian Harmonists" zu wirken. Künstlerisch durch Hochschulabschlüsse, Mitwirken im Kreuzchor oder im Gewandhauschor Leipzig orientiert, waren die Voraussetzungen für ihr Zusammenwirken exzellent.

Dennoch probten Michael Schaffrath (Tenor), Matthias Mehnert (Tenor), Tobias Leißner (Bariton), Andreas Konrath, (Bass) und Christoph Wiatre (Pianist) emsig, um ihren "Originalen" so nahe wie möglich zu kommen. Schlag auf Schlag kamen dann die musikalischen Klassiker zu Gehör. Besungen wurden die hübsche Donna Clara und Veronika, die erfährt, dass der Lenz da ist.

Nicht fehlen durften natürlich solche zu Gassenhauern gewordenen Lieder wie "Mein kleiner grüner Kaktus" sowie "Wochenend und Sonnenschein". Ein musikalischer Leckerbissen war das Lied "Wenn die Sonja russisch tanzt". Ein Spaß sondergleichen war, die fehlende Balalaika mit einem Mundwirbel zu ersetzen.

Die musikalische und politische Wirkungsgeschichte der Comedian Harmonists mit ihrer Musikinterpretation zu verbinden und aufgelockert zu vermitteln, trug sehr zum inhaltlichen und Zeitverständnis der Philosophie der Sänger bei.

Die Zuschauer wippten begeistert im Rhythmus mit und verlangten eine Zugabe nach der anderen. Die Schwalben drehten über den Köpfen der Anwesenden ihre Runden. Tierisch wurde es auch bei einer der drei Zugaben mit dem Kultlied "Ich wollt, ich wär ein Huhn". Mit "Guter Mond, Du gehst so stille" endete ein stilechtes und temporeiches Konzert.