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Bürgerinitiative fordert bessere Information und Ausführung bei Baumschnitten Baumschützer beklagen Verstümmelung

Von Maik Schulz 08.02.2014, 01:24

Erneut gibt es heftige Kritik von der Baumschutzgruppe Hohe Börde an Baumschnittaktionen der Gemeinde. An der Niederndodeleber Lindenstraße seien Linden so stark beschnitten worden, dass sie keine Chance mehr hätten. Und das ohne Ankündigung.

Niederndodeleben/HoheBörde l Über "Verstümmelungen" von drei alten Linden am Mittwochnachmittag in der Lindenstraße durch Gemeindearbeiter der Hohen Börde berichtete Harald Rohr von Bürgerinitiative "Baumschutz Hohe Börde". Am Donnerstag gingen die Baumschnitt- arbeiten weiter, wenngleich augenscheinlich nicht in dem Ausmaß wie am Vortag.

Gegen das Einmaleins der Baumpflege verstoßen

"Eine Linde, die früher einmal falsch beschnitten worden war", ist Rohr zufolge "so stark gekappt worden, dass dies an Baumzerstörung grenzt." An den beiden anderen Linden seien am Mittwoch "in großer Höhe wahllose Stummelschnitte erfolgt. Äste von mehr als 30 Zentimetern Durchmesser wurden abgesägt. "Dieses Vorgehen widerspricht dem kleinen Einmaleins der Baumpflege, das der Baumsachverständige Axel Schneidewind den Gemeindearbeitern der Hohen Börde während der von ihm durchgeführten Schulungen in Irxleben vermittelt hat", ergänzte Karin Rohr von der Baumschutzgruppe. Bei Astschnitten von mehr als zehn Zentimetern hätten Versorgungsäste erhalten bleiben müssen. "Dann können sich die Bäume an diesen Wundstellen wieder erholen. Passiert dies nicht, wie jetzt geschehen, ist der Baum über durch diese großen Wundstellen eindringende Fäulnis und Pilzbefall vom Absterben bedroht", erklärte Karin Rohr.

Veranlasst habe die Baumschnittaktion Ortsbürgermeister Wolfgang Schmid, erklärte Rohr nach einem Gespräch mit Schmid. Er habe dem für den für den Bauhof zuständigen Bauhofleiter den Auftrag erteilt. Allerdings, ohne die Baumschutzgruppe vorher über das Schnittprogramm zu informieren.

Bürgermeisterin räumt bei Information Versäumnis ein

Laut einer Vereinbarung zwischen Gemeinde und Baumschutzgruppe muss die Gemeinde vorab über solche geplanten Eingriffe die Bürgerinitiative informieren.

Gemeindebürgermeisterin Steffi Trittel erklärte: "Dies ist in diesem Fall nicht geschehen. Diese Abmachung ist ohne mein Wissen gebrochen worden, der Bauhofleiter hätte die Bürgerinitiative informieren müssen. Da gibt es nichts zu beschönigen." Die Niederndodeleber Ortsrätin Radegunde Bartels, selbst Mitglied in der Baumschutzgruppe, erklärte am Donnerstag in der Lindenstraße: "Auch der Ortschaftsrat hat diese Aktion nicht beschlossen."

Ortsbürgermeister Wolfgang Schmid widersprach: "Die Linden an der Lindenstraße und die Weiden am Schwimmbad stehen seit zwei, drei Jahren auf dem Baumpflegeplan. Wegen des derzeit durchweichten Bodens im Freibad sind die Linden zuerst dran gekommen. Fachlich kann ich nicht beurteilen, ob das richtig beschnitten wurde oder nicht. Ich werde mich aber nicht der Gefahrenabwehr in den Weg stellen. Die Anwohner rennen mir das Büro ein und drängen darauf, dass sich hier etwas tut. Im Vertrauen auf das Baumpflege-Wissen des Bauhofes kann ich nichts dagegen haben, wenn hier solche Baumarbeiten erfolgen. Die Sicherheit für die Menschen kommt zuerst."

Harald Rohr entgegnete: "Der Baumschutzexperte Dr. Schneidewind hat uns gegenüber auf Nachfrage bestätigt: Auch bei Baumpflegeaktionen im Zuge der Verkehrwegesicherung muss die ZTV-Baumpflege-Richtlinien eingehalten werden. Das ist hier eindeutig nicht geschehen. Wir erwarte demnächst eine schriftliche Beurteilung der Vorfälle an der Lindenstraße durch Herrn Schneidewind. Wir haben ihm Fotos von den jetzigen Eingriffen geschickt. Er teilt unsere Einschätzung."

Anwohner der Lindenstraße begrüßten gegenüber der Volksstimme die Baumschnitt- arbeiten. Sie berichteten von herabfallenden Ästen auf dem passierenden Schulweg der Kinder, vom Laub und vom Dreck der Linden und von bereits früher gefällten Linden vor ihrer Haustür, deren Stamm völlig hohl gewesen sei. Sie seien froh, dass endlich etwas passiere. Sie hätten nichts gegen Bäume, aber gegen die Gefahr, die von ihnen ausgeht.

"Gegen einen gerechtfertigten und sachgemäßen Baumschnitt haben auch wir nichts einzuwenden. Aber was wir hier sehen, widerspricht jenen Vorgaben der Baumpflege-Richtlinie, die die Mitarbeiter des Bauhofes während der Schulungen mit Herrn Schneidewind eigentlich gelernt haben müssten", betonte Karin Rohr.