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Bis Ende des Monats sollen 30 Plätze bereitstehen / Insgesamt fünf Bauabschnitte geplant Arbeit an neuer Asyl-Unterkunft läuft

Von André Ziegenmeyer 07.06.2014, 03:16

Die Arbeiten an der Asylbewerber-Unterkunft an der Hafenstraße haben begonnen. Bis zum Ende des Monats sollen bereits 30 Plätze zur Verfügung stehen. Bis Ende August werden es 180 sein. Doch nach Einschätzung des Landkreises reicht auch das nicht aus.

Haldensleben l Vor dem Haus auf dem Gelände der ehemaligen Stahl- und Kältetechnik lagert Baumaterial. Im Inneren wird geschraubt und gehämmert. "Wir teilen einige Räume auf. Außerdem brauchen wir zusätzliche Duschen", erklärt Iris Herzig, Koordinatorin des Fachbereichs für Soziales und Vebraucherschutz beim Landkreis Börde. Die Arbeiter werden von der Campanet Gesellschaft beschäftigt, dem künftigen Betreiber der Gemeinschaftsunterkunft.

"Der Bauablauf ist in fünf Bauabschnitten geplant", erläutert Iris Herzig. Der erste dieser Bauabschnitte soll mit 30 Plätzen zum Ende des Monats fertig sein. Weitere Plätze sind zum 17. Juli, 31. Juli, 14. August und zur Fertigstellung der Einrichtung am 28. August vorgesehen. Am Ende sollen es 180 sein. Sie werden gebraucht, weil die Kapazität der bisher einzigen Gemeinschafts- unterkunft für Flüchtlinge, Asylbewerber und nicht dauerhaft Bleibeberechtigte des Landkreises in Harbke (Obere Aller) ausgereizt ist. Auch die zweite Unterkunft wird auf lange Sicht nicht genügen: "Wir wissen schon, dass die Kapazität nicht reicht", sagt Iris Herzig. "Deshalb überlegen wir, welche Möglichkeiten es sonst noch gibt, zum Beispiel durch dezentrale Unterbringung oder durch die effektivere Nutzung der Kapazitäten."

So ist die Unterkunft in Harbke zwar voll belegt. "Aber in der Regel ist nur rund ein Drittel der Bewohner auch anwesend", erläutert Sandra Simon, Sachgebietsleiterin für Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung beim Landkreis. Eine Präsenzpflicht gebe es schließlich nicht. Asyl- suchende können sich in ganz Sachsen-Anhalt bewegen.

"Wir müssen aber auch über eine dritte Gemeinschafts- unterkunft nachdenken. Das muss zeitnah entschieden werden", ergänzt Iris Herzig. Denn die Zuweisungen durch das Land steigen ständig an. "Jetzt sind wir schon bei einem Durchschnitt von 35 Asyl- begehrenden pro Monat. Aber das wird sich weiter erhöhen. Allein diesen Monat liegen wir konkret bei 44", so Iris Herzig.

Eine Info-Veranstaltung für Anwohner der neuen Gemeinschaftsunterkunft will der Landkreis entgegen einer ersten Ankündigung nicht organisieren. "Solche Veranstaltungen werden oft politisch genutzt und wir wollen den Rechten kein Podium bieten", so Iris Herzig. Stattdessen werde sich Campanet mit allen Nachbarn in Verbindung setzen. Wer als Bürger Informationen möchte, könne sich jederzeit an den Landkreis wenden. Auch Vororttermine seien machbar.

Die Landtagsfraktion der Grünen hat sich ebenfalls zur neuen Unterkunft in Haldensleben geäußert. In der Stellungnahme wird deutliche Kritik laut: "Der Bau neuer Massenunterkünfte für Flüchtlinge ist falsch und führt in die inte- grationspolitische Sackgasse. Die Antwort auf kriegs- und krisenbedingte Flüchtlinge liegt nicht in neuen Sammelunterkünften, sondern in der Bereitstellung des längst in allen Landkreisen vorhandenen Wohnraums", schreibt Sören Herbst, flüchtlings- und migrationspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion. "Insbesondere der Landkreis Börde beweist seit Jahren Desinteresse am Schicksal von Flüchtlingen. Anders ist es nicht zu erklären, dass in alten Grenztruppen-Kasernen in Harbke seit Jahrzehnten Flüchtlinge unter menschenunwürdigen Bedingungen abseits der Zivilisation isoliert leben müssen." Aus diesem Gründen fordert Sören Herbst die Schließung der Unterkunft in Harbke.

Iris Herzig hält dagegen: "Für die Unterbringung und soziale Betreuung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländern gibt es in Sachsen-Anhalt Leitlinien, an denen sich der Landkreis orientiert. Das gilt auch für die Gemeinschaftsunterkunft in Harbke. Gegen die Unterstellung von Desinteresse und menschenunwürdigen Bedingungen verwahrt sich der Landkreis Börde." Die von Sören Herbst genannten Asylbegehrenden aus Kriegs-und Krisengebieten würden in Harbke nur etwa 15 Prozent ausmachen. "Darüber hinaus nutzt der Landkreis die Bereitstellung von Wohnraum, insbesondere für Familien. In Harbke wohnen gegenwärtig drei Familien. Davon wünscht eine dort zu bleiben. Bei einer steht der Umzug bevor und die dritte wird umziehen, wenn die entsprechende Wohnung zur Verfügung steht. Die Problemlage der Unterbringung und Betreuung von Asylbegehrenden, mit der sich der Landkreis konfrontiert sieht, ist weitaus vielschichtiger als die einseitige Äußerung von Herrn Herbst zum Ausdruck bringt."

Davon abgesehen schreibe der Gesetzgeber vor, dass Asylbegehrende zunächst in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen seien. Das bringe auch Vorteile: "Wenn die Asylbegehrenden aus einem anderen Kulturkreis stammen und Sprachprobleme haben, dann brauchen sie Unterstützung - zum Beispiel bei Arztbe- suchen oder Behördengängen." In Gemeinschaftsunterkünften sei rund um die Uhr Personal anwesend.

Trotzdem sei die Innenstadtnähe der neuen Unterkunft ein Vorteil zum Standort in Harbke. Denn dadurch hätten die Bewohner bessere Möglichkeiten, um öffentlichen Leben teilzunehmen.