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Landwirte und Jäger schaffen Rückzugsräume und "Futter-Inseln" für Niederwild im Wellener Revier Blühende Leckerbissen für Hase und Reh

Von Maik Schulz 31.07.2014, 01:19

Mehr Lebensraum für Niederwild wie Hase und Rebhuhn schaffen die Wellener Jäger und Heger. In den letzten Monaten konnten sie die Rückzugsflächen um zwei Hektar vergrößern. Dank der Unterstützung durch Landwirte wie Kay Brüggemann.

Wellen l Die Zwei verstehen sich zu allererst als Heger, dann als Jäger: der Wellener Kurt Ullrich, Urgestein der Jägerschaft im Wellener Revier, und der Mammendorfer Kay Brüggemann ein Landwirt, Jäger und Naturfreund.

Dem nach der Wende fast ausgestorbenen Feldhamster hat Brüggemann mit einer hamsterfreundlichen Feldbewirtschaftung auf 14 Hektar seiner Anbaufläche wieder auf die Sprünge geholfen.

Zwei zusätzliche Hektar dank Kay Brüggemann

Im Wellener Revier stellt Brüggemann weitere Flächen für Feldhase, Rebhuhn, Fasan und anderes bedrohtes Niederwild zur Verfügung. "So an die zwei Hektar müssten das unterm Strich inzwischen geworden sein", schätzt der Vater von sechs Kindern, der sein Engagement für wild lebende Tiere als "Wahrung der Schöpfung und Verantwortung gegenüber der Natur" versteht.

Früher hatten die Hasen mehr Deckung auf den Äckern, mehr Ruhe, mehr Wildkräuter auf dem Speiseteller. Auf den Feldern blieb auch mehr liegen. In Zeiten einer noch intensiveren Landschaft wird es eng für das Niederwild. Dafür braucht es Ausgleich.

"Wir Jäger können uns abstrampeln wie wir wollen: Haben wir keinen Boden, können wir auch keine Rückzugsgebiete schaffen. Deshalb sind wir Kay auch wirklich dankbar", unterstreicht Kurt Ullrich. Auf den zur Verfügung gestellten Flächen an Ackerrändern setzen die Jäger Hecken und pflanzen Bäume, legen Wildäcker und Blühstreifen an, verwandeln Brach- und Stilllegungsflächen in Futter-Inseln für das Wild. Der Landesjagdverband stellt dafür Wildsaatmischungen zur Verfügung. "Das hier ist das Ergebnis", schwärmt Kurt Ullrich zwischen leuchtenden Sonnenblumen, in deren Nachbarschaft verschiedene Kleesorten, Malve, Buchweizen und Phacelia (Bienenweide) sprießen. Das bunt blühende Büfett vergrößert die Speisekammer mit echten Leckerbissen für Fasan und Rebhuhn, für Wildkaninchen und Rehwild.

Seit dem Herbst 2012 ist das Wellener Jagdgebiet eines von drei Referenzgebieten eines landesweiten Niederwildprojektes, das vom Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE) wissenschaftlich begleitet wird. Drei Jahre lang sollen in den drei Referenz-Jagdrevieren Sachsen-Anhalts verschiedene Methoden und Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt und Vermehrung des Niederwildbestandes begleitet werden - immer in enger Abstimmung mit den Weidmännern.

Fallen für Raubwild und Deckung für das Niederwild

"Wir sind bei der Schaffung von Rückzugsgebieten für Niederwildarten schon ziemlich weit. Wir sind ja schon vor dem Niederwildprojekt über Jahre hinweg aktiv gewesen. Es haben sich prächtige Kleinode entwickelt. Die Natur hat sich diese herrlichen Lebensräume zurückerobert", betont Kurt Ullrich. "Das Gute ist auch, dass im Zuge des ländlichen Wegebaus, des Windradbaus, der Steinbrucherweiterung eine ganze Reihe von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Natur beauflagt wurden, die zum Teil für unser Anliegen genutzt werden konnten", ergänzt Kay Brüggemann.

Das Niederwildprojekt fußt auf zwei wesentliche Säulen. Neben der Schaffung neuer Deckungs- und Futterräume für das Niederwild wird gleichzeitig der Bestand der überproportional zunehmenden Feinde des Niederwilds begrenzt. Durch Raubwildjagd.

Vor allem der Waschbär und eingeschleppte Räuber wie Mink und Marderhund bedrohen das gerade wieder heimisch werdende Niederwild. Im Rahmen des Niederwildprojektes werden die Fallenjagd verstärkt, neue Fang- und Jagdmethoden getestet.

Auch Fütterungen und Tränkungen für das Niederwild, die Auffrischung bestehender Bestände durch Aussetzungen gehören zum Projekt-Katalog. Kurt Ullrich findet: "Wir sind auf einem wirklich guten Weg. Viel weiter als andere. Das ist auch das Verdienst von Landwirten wie Kay." Und Kay Brüggemann wüsste auch einen Landwirt, der "bestimmt mitmachen würde", gleich in der Nähe. Er wird demnächst mal mit ihm reden.