1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Landkreis muss jeden Monat 45 Asylbewerber aufnehmen

600 Flüchtlinge registriert/Heimat vor allem Eritrea, Syrien, Serbien und Irak Landkreis muss jeden Monat 45 Asylbewerber aufnehmen

Von Marita Bullmann 02.09.2014, 03:30

Knapp 600 Asylbewerber leben gegenwärtig im Landkreis Börde. In jedem Monat kommen 45 dazu. Sie leben in Gemeinschaftsunterkünften, Wohnungen und Wohngemeinschaften. Die Kreisverwaltung sucht dringend nach weiteren Unterkünften.

LandkreisBörde l Weltweit fliehen Menschen vor Krieg und Verfolgung. Das ist in den Medien allgegenwärtig, stellt aber auch den Landkreis Börde vor große Probleme. Wurden vor Jahren Asylbewerberheime geschlossen, müssen jetzt mit Hochdruck neue eingerichtet und Wohnungen angemietet werden. 44 bis 46 Asylbewerber muss der Landkreis laut Verteilerschlüssel im Monat aufnehmen, erläutert Iris Herzig, Fachbereichskoordinatorin in der Kreisverwaltung. Das betrifft aber nur jene, die erstmals in Deutschland Asyl suchen.

"In diesem Jahr wurden die Prognosen schon dreimal nach oben verändert."

Dazu kommen jene, die schon einmal im Landkreis Börde einen Asylantrag gestellt hatten, der aber abgelehnt wurde. Selbst wenn sie ausgereist sind, können sie wiederkommen und erneut einen Antrag stellen. Zehn Personen kamen so im vergangenen Monat zusätzlich.

Im August musste statt für die angesagten 46 im Kreis für 88 Männer, Frauen und Kinder eine Unterkunft gefunden werden. Gegenwärtig kommen vor allem Flüchtlinge aus Eritrea, Serbien, Syrien und aus dem Irak.

"In diesem Jahr wurden die Prognosen schon dreimal nach oben verändert", so Iris Herzig. Um die Asylsuchenden aufnehmen zu können, werden mit Hochdruck neue Wohnmöglichkeiten gesucht. "Wir wissen nicht, was kommt", macht Iris Herzig deutlich, unter welchem Druck der Landkreis steht. Und die Unsicherheit besteht genauso in den Kommunen, in denen Asylbewerber leben. Kommen Familien, hängen davon auch Plätze im Kindergarten und in der Schule ab.

Das Asylbewerberheim in Harbke hat eine Kapazität von 390 Plätzen und ist fast belegt, wenn sich auch höchstens 140 Personen dort aufhalten. Allerdings muss die Kapazität zum Jahresende reduziert werden, macht Iris Herzig ein Problem deutlich. Nach den Leitlinien für die Unterbringung und soziale Betreuung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländern soll eine Gemeinschaftsunterkunft auf 150 Unterbringungsplätze beschränkt bleiben. Eine Reserve von bis zu 50 Plätzen ist darüber hinaus möglich, um schnell reagieren zu können.

In Haldensleben an der Hafenstraße ist eine Gemeinschaftsunterkunft im Aufbau, die für 150 Plätze und 38 Reverveplätze ausgelegt ist. Knapp 50 Asylbewerber leben hier bereits. Das sind vor allem Asylbewerber aus Mali, Nigeria und Indien, die teilweise schon mehrere Jahre in Deutschland sind und geduldet werden. Jetzt im September soll die Kapazität auf 90 Plätze steigen, dann wird weiter ausgebaut.

In Wolmirstedt hat der Landkreis in einem kreiseigenen Objekt zunächst 24 Plätze geschaffen, weitere sollen hinzukommen. Nach Wolmirstedt wurden jedoch Asylbewerber aus der Unterkunft in Harbke überwiesen, die ohnehin nie da sind und höchstens zum Zahltag in den Landkreis kommen. In Sachsen-Anhalt können sich Asylbewerber im ganzen Bundesland frei bewegen. Viele halten sich jedoch in Städten wie Berlin, München, Hamburg und im Ruhrgebiet auf. So ist zu erklären, dass in den Unterkünften im Landkreis stets nur ein Bruchteil der zugewiesenen Bewohner tatsächlich da ist.

"150 Plätze und 50 Reserveplätze sind in Weferlingen vorgesehen."

In Weferlingen wird die ehemalige Kaserne der Grenztruppen, die schon jahrelang als Asylbewerberheim genutzt wurde, dann aber geschlossen wurde, weil die Nachfrage sank, zum Januar 2015 wieder in Betrieb genommen. "150 Plätze und 50 Reserveplätze sind in Weferlingen vorgesehen", erläutert Iris Herzig. Eine vierte Unterkunft in derselben Größe wurde ausgeschrieben. Vielleicht muss noch eine fünfte Unterkunft gesucht werden.

Da die Unterbringungsleitlinien vorsehen, dass Familien und auch Asylbewerber mit einem bestimmten Status in Wohnungen untergebracht werden sollten, sucht die Kreisverwaltung auch zielgerichtet nach Wohnraum. Alle Einheitsgemeinden und Verbandsgemeinden hatten ein Schreiben vom Landratsamt bekommen, in dem sie nach Wohnungen oder anderen möglichen Objekten gefragt wurden. Inzwischen sind Mitarbeiter der Kreisverwaltung zu Gesprächen in den Gemeindeverwaltungen unterwegs, in der vergangenen Woche waren bereits Obere Aller, Niedere Börde, Oebisfelde-Weferlingen, Hohe Börde und Barleben dran. In dieser Woche laufen die Gespräche weiter. Was sich daraus ergibt, muss erst abgewartet werden.

Die angebotenen Objekte müssen nicht nur baulich, sondern auch nach den Leitlinien (siehe Info-Kasten) überprüft werden. Die meisten Asylbewerber sind über Jahre in Deutschland. Ein Asylverfahren dauert in der Regel mindestens acht Monate, weiß Corinna Sladky, Fachbereichsleiterin Soziales in der Kreisverwaltung. Nur etwa 30 Prozent der Asylanträge führen tatsächlich zu einer Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung. Und wenn ein Antrag abgelehnt wurde, kann es lange dauern, bis der Asylbewerber tatsächlich ausreist. Viele tauchen auch unter.

Vielleicht acht bis zehn Personen verlassen im Monat den Landkreis tatsächlich, wenn ihr Asylantrag abgelehnt oder bewilligt wurde, sagt Corinna Sladky.

Vor allem in Haldensleben leben bereits Asylbewerber in Wohnungen. Das betrifft sowohl Familien als auch einzelne Personen, die in Wohngemeinschaften zusammen leben. Bei der Unterbringung egal ob in Gemeinschaftsunterkünften oder in Wohnungen müsse auch nationalen, kulturellen und religiösen Eigenheiten Rechnung getragen werden, führt Iris Herzig eine Forderung aus den Leitlinien für die Unterbringung der Asylbewerber an. Das sei nicht immer so direkt umzusetzen.

In der Sitzung des Kultur- und Sozialausschusses des Kreistages in der vergangenen Woche ging es auch darum, dass sich Kommunen, in denen jetzt Asylbewerber leben, auf die neuen Mitbürger einstellen. Es sei wichtig, dass die Betreiber der Asylbewerberheime vor Ort bekannt sind, sagt Iris Herzig. Die Kreisverwaltung spreche mit den Kommunen, wenn neue Unterkünfte eingerichtet werden.