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Migranten berichten in der Kulturfabrik von ihren Erfahrungen / Veranstaltung beschließt die interkulturelle Woche Neue Heimat: Haldensleben aus Einwanderer-Sicht

10.10.2014, 01:09

Wie fühle ich mich, wenn ich als Migrant in den Landkreis Börde komme? Auf welche Unterstützung und auf welche Probleme stoße ich? Um Fragen wie diese ging es bei einer Diskussion in der Kulturfabrik. Dabei berichteten Einwanderer, die bereits Fuß gefasst haben, über ihre Erfahrungen.

Haldensleben (az) l "Zuwanderung spielt für uns eine wichtige Rolle, unter anderem im Bereich der Fachkräfte", erklärte Ann Fabini, Integrationskoordinatorin im Landkreis Börde, in ihrer Begrüßung. Doch damit Zuwanderung erfolgreich sei, brauche es auf der anderen Seite die Integration, um das "Zusammenleben zu gestalten". Zu den Teilnehmern der Diskussion zählte unter anderem die aus Ägypten stammende Hora Burk, die mittlerweile in Haldensleben als Künstlerin tätig ist. Weiterhin mit dabei war das Ärzte-Ehepaar Asta Balcene und Kestutis Balcenas aus Litauen, die Lehrerin für albanische Sprache und Literatur Silvana Kasmi aus Albanien sowie Angel Romero Fonfria aus Spanien, der für die Gemeinde Barleben arbeitet. "Sie alle möchten uns ihre Lebenswelt öffnen", kündigte Moderator Enrico Viohl, Koordinator des Netzwerks "Schulerfolg sichern", an.

"Es war schwer für uns. Am Anfang gab es viel zu tun", verriet Kestutis Balcenas den Gästen. "Jetzt arbeite ich in der Nähe von Magdeburg und wir sind zufrieden." "Wir sind für die Zukunft unserer Kinder nach Deutschland gekommen", sagte Silvana Kasmi. Zuvor habe sie mit ihrer Familie bereits einige Zeit in Italien gelebt. Besonders ihr Sohn sei vom deutschen Schulsystem begeistert. Allerdings sei es schwer, eine Anerkennung für ihr Studium zu bekommen.

Angel Romero Fonfria wurde in Deutschland geboren. Als er zwölf Jahre alt war, kehrte seine Familie jedoch nach Spanien zurück. Später ging er erneut nach Deutschland. "Meine Aufgabe ist es, Arbeiter und Fachkräfte hierher zu holen und dafür zu sorgen, dass sie sich integrieren können."

In einem Punkt waren sich alle Beteiligten einig: Am wichtigsten sei es, zunächst Deutsch zu lernen. "Anfangs konnten wir die Sprache gar nicht sprechen", so Asta Balcene. Nicht zuletzt erschwere das die notwendige Zusammenarbeit mit Ämtern und Behörden. "Aber ich habe viel Unterstützung bekommen, beruflich und privat", sagte Hora Burk. Dem schloss sich Kestutis Balcenas an. "Man braucht jemanden, der einem zeigt, welchen Weg man gehen muss." "Es ist schwierig herauszufinden, wie hier die Behören funktionieren. Das kann man aus keinem Buch lernen", ergänzte seine Frau.

"Für uns war es schwer, dieses Land erst einmal zu verstehen. Wir sind mit anderen Strukturen aufgewachsen", erklärte Silvana Kasmi. "Aber wir hatten einen sehr netten Nachbarn, der mir bestimmt zehn Mal erklärt hat, was ein Landratsamt ist."

Die Empfehlungen, die die Diskussionsteilnehmer anderen Migranten geben würden, gingen in eine ähnliche Richtung. Auch hier stand der Besuch eines Sprachkurses an erster Stelle. "Ein bisschen Anpassungsfähigkeit sollte man ebenfalls mitbringen", sagte Hora Burk. Asta Balcene riet: "Man sollte möglichst früh im Internet Informationen über Deutschland suchen. Wie versichert man ein Auto? Wie bekomme ich einen Kindergartenplatz? Bei solchen Fragen hat mir das sehr geholfen." Außerdem sei es auf diese Weise möglich, Menschen zu finden, die sich in einer ähnlichen Situation befänden und die gleichen Fragen hätten. "Außerdem kann ich nur empfehlen, so wenig wie möglich einfach in der Wohnung zu sitzen", so Asta Balcene.

"Die erste Anlaufstelle ist für uns das Einwohnermeldeamt. Es wäre schön, dort eine Beratung darüber zu haben, welche Möglichkeiten dieses Land bietet", befand Silvana Kasmi. "Ich empfehle immer, keine Angst zu haben. Die Deutschen sind Menschen wie wir. Wenn man etwas nicht versteht, muss man eben fragen", so Angel Romero Fonfria.

"Was würden sie sich von der Bevölkerung wünschen?", hakte ein Gast nach. "Vielleicht, dass im Rathaus mehr Menschen Englisch sprechen", meinte Asta Balcene. "Aber wenn man mit guter Laune auf die Menschen zugeht, hilft eigentlich jeder. Wir wurden nie weggeschickt."

Organisiert hatten die Podiumsdiskussion der Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und der Landkreis Börde. Unterstützung gab es auch durch das Land Sachsen-Anhalt. Die Veranstaltung bildete den offiziellen Abschluss der diesjährigen interkulturellen Woche. Dazu gehörten viele Aktionen - unter anderem ein Präventionstag, der Frauensport-Aktionstag und das große Fest zum Weltkindertag in der und rings um die Haldensleber Kulturfabrik. Das Motto der interkulturellen Woche lautete "Gemeinsamkeiten finden, Unterschiede feiern."