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Colbitzer Bürgermeister regiert auf die Vorwürfe von Lindhorster Bürgern Kritik an Gewerbe im alten Ortskern

Von Burkhard Steffen 19.11.2014, 02:15

Mitten im alten Lindhorster Ortskern wird gegenwärtig eine frühere Gaststätte zu einem Gewerbebetrieb ausgebaut. Das weckt Unverständnis bei den Anwohnern. Bürgermeister Eckhard Liebrecht erläutert die Gründe.

Lindhorst l Volksstimme-Leser Herbert Wischeropp ist mit der aktuellen Entwicklung in Lindhorst nicht einverstanden. "Entscheidungen, die lange in die Zukunft wirken und das Wohnumfeld der Bürger negativ beeinflussen, müssten den Bürgern vorher erläutert werden", findet er.

Als negatives Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit nennt er "die absolut unverständliche Ansiedlung eines Gewerbebetriebes im alten Ortskern von Lindhorst". Wischeropp verweist dabei auf das Gewerbegebiet von Colbitz, in dem immer noch zahlreiche Grundstücke zu vergeben sind.

"Nachdem die alte Gaststätte fast selbst in sich zusammengefallen war, wurde sie bis auf den Tanzsaal abgerissen. Ich gehe davon aus, dass für den Abriss die entsprechenden Genehmigungen vorlagen und bei der Bodensanierung auch umweltrechtliche Aspekte berücksichtigt wurden. Der Bauantrag zur Nutzungsänderung des alten Tanzsaales zu einem Gewerberaum wurde offensichtlich mit der Absicht genehmigt, den Schandfleck mitten im Ort für die Gemeinde kostenneutral zu beseitigen. Aber mitten im Dorf einen Gewerbebetrieb neben der Kirche, ist das die einzigen Alternativen gewesen?", fragt der Lindhorster.

Damit sei endgültig die Möglichkeit vertan worden, dem von etwa einem Dutzend alter Bauernhöfe und der Kirche umrahmten alten Dorfkern ein gediegenes Aussehen zu verleihen. "Ein paar Bänke im Schatten der Bäume, vielleicht ein Brunnen, hätte nicht nur für Dorffeste neben dem nötigen Platz auch ein ansprechendes Ambiente geboten", so Wischeropp, der darauf verweist, dass genau deshalb Mitte der 90-er Jahre Fördermittel für die Sanierung des Lindhorster Dorfkerns ausgereicht wurden. "Die Straße wurde sogar mit Granitpflaster saniert. Sie war mitnichten als Zufahrt für einen Gewerbebetrieb gedacht."

Keine Ablehnungsgründe für Ansiedlung der Glaserei

"Für jeden Bürger der Gemeinde besteht die Möglichkeit, an den Beratungen des Gemeinderates teilzunehmen", kontert Bürgermeister Eckhard Liebrecht (parteilos) den Vorwurf von mangelnder Bürgerinformation. "Es ist richtig, dass die Gemeinde ein großes Interesse daran hat, neues Gewerbe im Gewerbegebiet in Colbitz anzusiedeln. Gleichwohl ist es möglich, auch in Lindhorst ein Gewerbe zu betreiben. Für die Ansiedlung einer Glaserei in Lindhorst lagen aus Sicht der Verwaltung keine Ablehnungsgründe vor, weshalb eine Baugenehmigung erteilt wurde", so der Bürgermeister.

"Im Gemeinderat wurden Überlegungen angestellt, das Grundstück der alten Gaststätte in Lindhorst selbst zu übernehmen und weiterzuentwickeln. Dies hätte aber bedeutet, die Gaststätte zu sanieren oder abzureißen. Beides wurde im Hinblick auf die Sanierung des Bürgerhauses als künftiges kulturelles Zentrum von Lindhorst verworfen. Deshalb verzichtete die Gemeinde auf ihr Vorkaufsrecht. Gleichwohl hätte jeder andere Interessent die Möglichkeit gehabt, Grundstück und Gebäude zu erwerben."

Fällung entsprach der Baumschutzsatzung

"Außerdem wurde kürzlich eine etwa 300-jährige Linde auf dem Grundstück der alten Gaststätte gefällt. Weitere alte Bäume im Ort sollen folgen. Gibt dies die Baumschutzordnung der Gemeinde her?", fragt Herbert Wischeropp weiter.

"Der jetzige Eigentümer hat die Fällung der gesunden Linde auf seinem Grundstück ordnungsgemäß bei der Verwaltung beantragt", teilt Eckhard Liebrecht mit, "dem Antrag wurde gemäß Paragraph 6 der gültigen Baumschutzsatzung der Gemeinde Colbitz stattgegeben. Der Grundstückseigner wurde beauflagt, drei neue Bäume zu pflanzen und das Wachstum zu begleiten."

Das Fällen gesunder Bäume gefalle ihm zwar auch nicht, so der Bürgermeister, aber "sollten bei ähnlich gelagerten Fällen andere Auffassungen durchgesetzt werden, muss der Text in der Baumschutzsatzung durch die Verwaltung abgeändert werden und im Gemeinderat eine Mehrheit finden".