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Ökumenischer Gottesdienst Die friedliche Kraft aus den Kirchen

Nicht ganz so voll wie zu den Montagsgebeten vor mehr als 25 Jahren, wohl aber gut besucht war der ökumenische Festgottesdienst in der Lambertikirche. Weferlinger und Gäste gedachten der historischen Grenzöffnung, die friedlich erstritten worden war.

Von Carina Bosse 26.11.2014, 02:12

Weferlingen l Mit einem bewegenden ökumenischen Gottesdienst haben Weferlinger und Grasleber Einwohner an den Fall der Mauer vor 25 Jahren erinnert. In der St.-Lamberti-Kirche erinnerten evangelische und katholische Pfarrer und Kirchenmitglieder gemeinsam an das Wunder der friedlichen Grenzöffnung, die am 25. November 1989 auch Weferlingen und Grasleben eine ganz neue Freiheit in Ost-West- und West-Ost-Richtung einräumte.

Mit Lichtern und Gebeten und mit Gottes Kraft sei dieser Teil deutsch-deutscher Geschichte in den Kirchen friedlich beigelegt worden, sagte Pfarrerin Martina Kraft von der evangelischen Kirchengemeinde.

"Die Macht der Regierung konnte nicht verhindern, dass die Menschen in die Kirchen gingen und gebetet haben", erinnerte sich Erna Kasparek von der katholischen St.-Theresia-Gemeinde Weferlingen. Die Kraft der Menschen und der Glaube hätten gezeigt, alles braucht seine Zeit, aber die Zeit war nun gekommen, etwas zu verändern.

Der Satz von Horst Sindermann, Mitglied des SED-Zentralkomitees der DDR, "wir waren auf alles vorbereitet, nur nicht auf Kerzen und Gebete" drückte aus, dass selbst der sonst so diktatorische Staat bei der Wirkung, die von der Leipziger Nicolaikirche über das ganze Land schwappte, hier machtlos geworden war, so die Pfarrerin. "Eine heilsame Kommunikation in den Kirchen brachte den Staat dazu, friedlich zu bleiben", so drückte es Martina Kraft aus.

Für Klaus Ingelmann, Pfarrer im Ruhestand, lag das Bewegendste ebenfalls in der Zeit vor der Öffnung der Grenze. "Der Christ hat um Gottes Beistand gebete, und das war gut so", sagte er. In Moskau habe ein Goliath gehustet, und die kleinen Vasallen hier hatten sich angesteckt. Wie sich der Virus verbreitete, hätten alle miterleben können - in Berlin, in Marienborn - zu stoppen sei der nicht mehr gewesen.

Der anfänglichen Skepsis, die durchaus auch auf Angst aufgebaut war, folgte eine drängende Ungeduld und die unbändige Sehnsucht, aus dem Sterbezimmer an die frische Luft zu gelangen, zeichnete Klaus Ingelmann das Bild weiter. Wohin das führte, ist heute zwischen Weferlingen und Grasleben eindrucksvoll zu sehen.

Vom Kalten Krieg, der auch in Afrika zu spüren war, sprach Pfarrer Julius Folo Kafuti von der katholischen Kirchengemeinde St. Norbert aus Grasleben. Der aus dem Kongo stammende Mann riss die Zweiteilung seiner Heimat und des ganzen Kontinentes in prowestlich und prosowjetisch an.

Ganz anders hat Pfarrer Paul-Arthur Hennecke von der evangelischen Kirche St. Maria in Grasleben den Mauerfall wahrgenommen. "Ich saß zu Hause vor dem Fernseher und habe die Nachrichten gesehen. Aber Weferlingen war unendlich weit weg, nicht in meinem Bewusstsein", sagte er, der damals in Salzgitter-Bad zu Hause war.

Von der Orgelempore aus sangen der Männergesangverein Grasleben unter der stellvertretenden Leitung von Claudius Nitschke und die Kantorei Weferlingen, teilweise gemeinsam mit den Gottesdienstbesuchern. An der Orgel hatte Monika Wrobel Platz genommen, die vertretungsweise auch den Kantoreichor dirigierte.