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Stadtbummel durch Haldensleben Viel Leben, aber auch leere Schaufenster

Von Marita Bullmann 07.05.2015, 03:17

Mit dem frühlingshaften Wetter zieht auch wieder mehr Leben in die Innenstadt ein. Allerdings wird bei einem Bummel auch deutlich, dass sich in der Einkaufsmeile gerade einige Lücken auftun.

Haldensleben l Ende Mai schließt Stefan Rost den "Buchladen 24". Zehn Jahre war er mit seinem Geschäft an der Hagenstraße für seine Kunden da, doch länger sei es betriebswirtschaftlich nicht zu vertreten, den Laden weiterzuführen, sagt er. Dabei werde nicht etwa weniger gelesen. Aber das Kaufverhalten habe sich grundlegend geändert. Bereits für 2011 sagte der Buchkaufkraftindex für Haldensleben aus, dass von 100 Büchern nur 15 in Buchläden gekauft wurden, weiß er. Davon können nicht zwei Läden leben, denn dieser Index sei nicht besser geworden. Die meisten Bücher werden im Internet, in Kaufhallen und sogar Baumärkten gekauft.

Dass er seinen Laden schließen muss, sei eine "Entscheidung der Haldensleber gewesen", meint Stefan Rost. Denn nur mit aufwendigen Bestellungen von Büchern, die sonst schwer zu bekommen sind, lasse sich nicht betriebswirtschaftlich arbeiten. Einen großen Einbruch für alle Geschäfte dieses Bereichs habe es gegeben, als die Schranke am Parkplatz Hagenpassage angebaut wurde, erinnert er sich. Das konnte nicht wieder wettgemacht werden, als das Parken wieder kundenfreundlicher wurde. Zwar habe sich die Lage wieder etwas entspannt, aber nicht grundlegend.

Stefan Rost ist nicht der einzige Innenstadthändler, der in diesen Wochen seinen Laden schließt. Der frühere Blumenladen auf der Ecke fast nebenan ist schon länger zu, vom einstigen Schlecker-Laden auf der anderen Seite der Passage ganz zu schweigen. Wenigstens in der Passage sind alle Ladenbereiche besetzt. Die Hagenstraße runter in Richtung Markt aber hat gerade der einstige Lederwarenladen geschlossen. Der An- und Verkauf ist ein paar Meter weiter in die Ritterstraße hineingezogen und hat einen leeren Eckladen hinterlassen. Gleich daneben das Nagelstudio zieht Ende Juni aus, auch an einen anderen Standort. Ins leere Geschäft Ecke Gröperstraße soll im Juni wieder ein Friseur einziehen, verkündet ein Schild.

Das Einkaufsverhalten ändert sich

Am Markt steht der Laden, in dem Jahrzehnte die Ratsapotheke ihren Kunden zur Verfügung stand, immer noch leer. Wenigstens daneben ist wieder Leben eingezogen. Hier gibt es einen Gemüseladen mit besonderem Angebot. Der Bio-Laden ganz in der Nähe hat sich seinen Kundenstamm erarbeitet.

Nur einige Beispiele, die ins Auge fallen, wenn man durch die Innenstadt schlendert. Meistens werden die Läden nach einiger Zeit wieder belebt, tröstet man sich. "Sicher würde man sich mehr Leben auf der Hagenstraße wünschen", sagt Monika Brothuhn bei einem Bummel durch die Stadt. Aber es würden nun mal immer weniger Leute hier einkaufen.

Sascha Oldenburg trauert immer noch dem Chocolata-Geschäft nach und denkt gern an den traditionsreichen Laden der Familie Bolms, wo er sein erstes Kochmesser gekauft hat, das er immer noch benutzt. Für ihn zählt beim Einkauf auch individuelle Beratung.

Das Einkaufsverhalten verändert sich. Internetshops bieten eine Vielfalt, mit der ein kleiner inhabergeführter Laden in der Innenstadt nicht mithalten kann. Wer aber einheimische Geschäfte mit seinem Einkauf nicht am Leben hält, darf auch nicht klagen, dass die Innenstadt immer ruhiger wird. Das sieht nicht nur Stefan Rost so. Er hatte sich wie auch mehrere andere Geschäftsleute aktiv eingesetzt für Leben in der Einkaufsmeile.

Die hohen Mieten, die einige Eigentümer der Geschäfte verlangen, beeinträchtigen das Leben in der Stadt. Sonst hätte die ehemalige Apotheke am Markt zum Beispiel gleich einen Nachfolger gefunden oder wäre längst wieder belegt. Das Haus ist saniert.

Die Stadtverwaltung kann auf die Prozesse auf dem Einkaufsboulevard nicht grundlegend Einfluss nehmen. Sie kann höchstens mit Aktionen wie dem Kinderfest, dem Regionalmarkt, dem Sternenmarkt und anderen Veranstaltungen versuchen, mehr Menschen in die Innenstadt zu ziehen, die dann vielleicht auch hier einkaufen gehen oder wenigstens mal sehen, welche Geschäfte hier existieren und Lust bekommen wiederzukommen.

Einige Händler der Innenstadt setzen sich mit der Situation auseinander, werden wieder selbst aktiv, nachdem Gremien wie Haldenslebendig eingegangen sind. Kathrein Schätzing hat mit weiteren Geschäftsleuten einen monatlichen Stammtisch ins Leben gerufen. Am Montag, 18.15 Uhr, tagt er wieder, diesmal in Schätzings Geschäft. "Wir besprechen, was notwendig ist, was wir gemeinsam machen können", sagt sie.