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Friedrich Wilhelm Gille vom Bauamt der Stadt Oebisfelde-Weferlingen beschreibt Baumaßnahme Ist das Hochwasserproblem in Everingen nun endlich gelöst?

Von Anett Roisch 17.08.2011, 06:27

Mehrere Hochwasser haben in Everingen in der Vergangenheit für Überflutungen gesorgt. Die letzte Überschwemmung war Ende September 2010. Der Bach Hagenrie verwandelte sich wieder in einen Fluss und trat über die Ufer, setzte die L20 und einige Keller, Garagen und Gärten unter Wasser. Hochwasseralarm wurde ausgelöst. Acht Feuerwehren waren im Einsatz. Mittlerweile soll das Problem mit einfachen Mitteln und wenig Geld gelöst sein. Friedrich-Wilhelm Gille, Mitarbeiter des Bauamtes der Stadt Oebisfelde-Weferlingen, beschrieb die Baumaßnahme.

Everingen. Vor fast einem Jahr wurde über das Hochwasser in Everingen berichtet. "Die Hagenrie ist ein kleiner Bach, der manchmal bei Trockenheit völlig trocken fällt, schon deshalb harmlos scheint, aber völlig unberechenbar ist. Das ging ja damals sogar durch den Funk, als die L 20 gesperrt werden musste. Mehrere Hochwasser haben immer wieder für Überflutungen gesorgt und die Stimmung der betroffenen Bürger war stark angespannt. Wen hat das damals auch gewundert", erinnerte sich Friedrich-Wilhelm Gille, der als Tiefbauingenieur im Bauamt der Stadt arbeitet.

"Die Hagenrie hat nur ein kleines Einzugsgebiet von etwa acht Quadratkilometer und kommt aus den Klinzer Alpen - einem Ausläufer des Flechtinger Höhenzuges. Doch wenn es stark regnete, wurde der Bach mit dem Wasser aus der Höhenlage sprunghaft zum Fluss aufgefüllt", erklärte Gille und beschrieb weiter: "Das Wasser konnte in Everingen nicht abfließen, weil im Ort ein Kanal ist, der zu DDR-Zeiten einmal mit Wasserbau- und Schottersteinen aufgefüllt wurde, um ein Trapezabflussprofil zu schaffen. Das engte den Ab-flussquerschnitt für Hochwasser erheblich ein."

Entstanden ist der ursprüngliche Kanal vor etwa 100 Jahren mit einem rechteckigen Fließquerschnitt. "Sicher hat es damals auch Hochwasserprobleme gegeben. Den Kanal baute man wahrscheinlich auch deshalb, weil so ebenfalls das Wasser aus der Molkerei täglich schadlos abfließen konnte."

Gille vermutet, dass es vor etwa 30 Jahren nicht so viel geregnet hat, wie heute. "Zu der Zeit hat man wahrscheinlich keine Hochwasserprobleme in Everingen gekannt. Da die Molkerei längst stillgelegt war, wurden überwiegend nur noch häusliche Abwässer eingeleitet. Eine Verdünnung der Abwässer erfolgte so nicht mehr und es wird natürlich im Sommer manchmal barbarisch gestunken haben.

Um das Wasser schneller los zu werden, hat man deshalb ein Trapezprofil mit geringerem Querschnitt gebaut, um dadurch nicht mehr zwei Meter Sohle, sondern nur noch einen halben Meter zu haben", beschrieb der Bauexperte und schilderte die Folgen: "Es war eine erhebliche Querschnittseinengung zur schnellen Abführung normaler Wasserführungen aus dem Niederschlags- gebiet. Der Kanal konnte übernormale Wasserführungen - eben Hochwasser - jedoch nicht mehr abführen und alles wurde überflutet."

In den letzten Jahren hat man neue Ideen entwickelt. Eine mögliche Variante war - oberhalb der Ortslage - der Bau eines Zwischenspeichers, in dem man schon die Spitze des Hochwassers abfangen könnte.

Doch für den Bau dieses Zwischenspeichers hätte man unter anderem Land kaufen müssen und umfangreiche Erdbewegungen wären notwendig gewesen. "Der geplante Speicher von etwa 3000 Kubikmeter wäre in einer halben Stunde voll und machte deshalb keinen Sinn", ist sich Gille sicher und erläuterte: "Eine andere Möglichkeit war, eine Art Beipass in der Lockstedter Straße als Hochwasserüberleiter zu verlegen. Diese Betonrohrleitung hätte - bedingt durch bereits vorhandene Leitungen im Straßenkörper - nur einen halben Meter Durchmesser haben können. Der Beipass hätte also das Wasser auch nicht geschafft."

Gille schlug die einfache Lösung vor und wollte den alten Kanal einfach nur wieder räumen lassen. Diese Möglichkeit wurde nicht von allen begrüßt, denn eine Beräumung bedeutet mühevolle Arbeit mit Spezialmaschinen und hohem Handarbeitsanteil durch die bis an die Ufermauern reichende Bebauung. "Wir im Bauamt der Stadt konnten uns mit guten Argumenten durchsetzen. Der vorhandene Brückenquerschnitt der L20 und ein 100-jähriges Hochwasser waren die bestimmenden Faktoren", so der Bauamtsmitarbeiter und erklärte: "Das Brückenbauwerk kann fast 2,70 Kubikmeter pro Sekunde Wasser abführen, wenn der Kanal dahinter den gleichen Fließquerschnitt hat. Somit leitet es auch ein 100-jähriges Hochwasser, das mit 1,50 Kubikmeter pro Sekunde angenommen wird, durch. "

Ob es die richtige Lösung ist, wird das nächste Hochwasser zeigen. "Wir müssen jetzt mit dieser Lösung leben. Wenn morgen Niederschläge von 150 Liter in drei Stunden kommen, werden wir wieder absaufen, aber die Menge eines normalen 100-jährigen Hochwassers und auch noch darüber hinaus, wird der Kanal schadlos abführen", ist sich Gille sicher und erklärte: "Die Kosten für die Maßnahme, die Mitte Juni beendet wurde, betragen 21000 Euro. In diesem Fall zahlt Everingen, weil die noch Geld in ihrem Guthaben haben."

Der Unterhaltungsverband "Aller" beteiligte sich anteilig und wird zukünftig dafür sorgen, dass turnusgemäß Unterhaltungen durchgeführt werden."