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Nach der Gemeinde kritisiert der Elternrat die geplante Neuregelung des Kinderfördergesetzes Eltern folgen dem Widerstandskurs der Politik

14.04.2012, 03:19

Erhebliche Bedenken hat der Gemeinde-Elternrat der Hohen Börde an der geplanten Änderung des Kinderfördergesetzes. Damit liegen die Elternvertreter auf einer Linie mit der Gemeinde.

Von Maik Schulz

Irxleben/HoheBörde. l Volle Unterstützung durch den Gemeinde-Elternrat bekommt der Vorschlag des Kulturausschusses der Hohen Börde, Landesozialminister Norbert Bischoff (SPD) zu einem öffentlichen Forum über die geplante Änderung des Kinderfördergesetzes (KiFöG) einzuladen. Das erklärte der Beirats-Sprecher Jens Rak nach der Sitzung der Elternvertreter. "Wir haben uns am Donnerstagabend darauf verständigt, die finanziellen Auswirkungen der KiFöG-Novellierung für unsere Gemeinde aufzulisten."

Gemeinde berechnet, wie hoch Elternbeiträge steigen müssten

Die Gemeinde befürchtet Mehrausgaben von etwa einer Million Euro pro Jahr. Das ist der bisherige Preis für die Einführung der Ganztagsbetreuung.

"Im Umkehrschluss bedeuten die befürchteten Ausgaben, dass die Elternbeiträge steigen. Wie hoch die sein würden, das werden wir dem Minister mitteilen. Und auch auf das Lohnniveau in Sachsen-Anhalt verweisen", unterstrich Rak.

Vor dem geplanten Forum sollen die Zahlen aus der Börde dem Landesministerium in einem ersten Gespräch am 2. Mai mitgeteilt werden.

Kritisch sieht der Gemeinde-Elternrat auch die Forderung des KiFöG, die Betreuungs- und Öffnungszeiten in den Horten und Kitas den Bedürfnissen der Eltern anzupassen. "Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits kann ich eine allein erziehende Verkäuferin verstehen, die abends ihr Kind länger betreuen lassen muss. Andererseits findet die eigentliche Bildungsarbeit in den Kitas vormittags statt. Da bringt es für das Kind nicht viel, wenn es von 13 bis 20 Uhr in den Kindergarten geht. Und: Die Schule findet ja auch nicht abends statt", erklärte Rak.

"Ganztangsanspruch ist pädagogisch sinnvoll, darf aber nicht zu Lasten der Qualität der Kinderbetreuung gehen"

Jens Rak

Flächendeckend sei eine Verlängerung der Kita-Öffnungszeiten in der Hohen Börde nicht durchsetzbar. "Das geht - wenn überhaupt - nur in ein oder zwei Schwerpunkt-Kitas", meinte Rak. Der Elternrat will jetzt mittels eines Fragebogens den tatsächlichen Betreuungsbedarf bei den Eltern der Hohen Börde erkunden.

Den von der Landesregierung angepeilten Ganztagsanspruch für alle Kinder hält der Elternbeirat für pädagogisch sinnvoll, "aber nur wenn das nicht zu Lasten der Qualität in der Kinderbetreuung geht", erklärte Rak. Genau das befürchtet der Gemeinde-Elternrat. Rak erinnerte an die vom Landkreis überwachten Auflagen, wonach für jedes Kindergartenkind 2,5 Quadratmeter und für jedes Krippenkind 5 Quadratmeter vorgehalten werden müssen. "Der Platz in den Kita-Räumen wird ja nicht mehr. Da droht eine Überfüllung. Außerdem müssten auch qualifizierte Erzieherinnen gefunden und eingestellt werden."

Heftig kritisieren die Eltern der Hohen Börde, dass der Betreuungsschlüssel (Anzahl der betreuten Kinder je Erzieherin/d.Red.) der alte bleiben soll (Vergleich siehe Kasten). "Das war eine Hauptforderung der Eltern und der Erzieher. Ein Kompromissangebot seitens des Landes wäre das richtige Signal gewesen", betonte Rak und ergänzte: "Die Aufgaben der Erzieher werden immer mehr und sorgen für Stress. Neben der Betreuung kommen die Sprachstandsfeststellung, Beobachtungsprotokolle, Entwicklungsgespräche, die Durchführung von Projekten hinzu." Verschärft wird die Lage durch die Urlaubs- und Krankheitszeiten der Erzieherinnen. Dazu erklärte die für die Kitas zuständige Verwaltungsmitarbeiterin Katja Salomon: "Diese Ausfallzeiten sollen angeblich im Betreuungsschlüssel erhalten sein. Die Praxis spricht aber eine ganz andere Sprache. Von einem Tag auf den anderen muss eine Vertretung aus anderen Kitas gefunden werden. Doch die sind auch an den Betreuungsschlüssel gebunden. Wieviele Springer sollen wir denn einstellen? Deshalb erwarten wir vom Land konkrete Aussagen zu einem Problem, dass auch die Eltern mitbekommen." Rak bestätigt diese Aussage.

Positiv bewerten die Eltern die geplante Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Eltern. "Wir begrüßen es, bei den pädagogischen Konzepten der Einrichtungen und bei der Festlegung der Öffnungs- und Schließzeit Einfluss zu haben. Das wird bei uns bereits erfolgreich praktiziert", erklärte Rak. Diesen Einfluss wünschen sich die Eltern auch bei der Berücksichtigung ihrer Argumente in der KiFöG-Änderung und hoffen nun auf die Gespräche mit Sozialminister Norbert Bischoff.