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Alvenslebensche Familienbibliothek in Hundisburg feierlich eingeweiht Ein Schatz kehrt zurück aufs Schloss

Von Ivar Lüthe 03.09.2012, 05:27

Nach rund 200 Jahren ist die Alvenslebensche Familienbibliothek nach Hundisburg zurückgekehrt. Mit einem Festakt ist die etwa 6000 Bände umfassende Bibliothek am Sonnabend auf Schloss Hundisburg eingeweiht worden.

Hundisburg l Selbst der große Hauptsaal von Schloss Hundisburg reichte am Sonnabend nicht aus, um allen Gästen der feierlichen Einweihung der Alvenslebenschen Bibliothek einen Sitzplatz zu bieten. Das Interesse an der Heimkehr der Familienbibliothek war groß. Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ließ es sich nicht nehmen, bei der Einweihung dabei zu sein. Er würdigte die Zusammenführung und Rückkehr der Bibliothek, die bereits von 1709 bis 1811 auf Schloss Hundisburg beheimatet war, als ein bedeutendes kulturelles Ereignis. "Die Bibliothek ist eine historische und kulturelle Schatzkammer", sagte Haseloff. Sie zähle zu den wenigen noch existenten historischen Bibliotheken.

Sammlung hat bewegte Zeiten hinter sich

Die Alvenslebensche Bibliothek gilt als eine der bedeutsamsten Privatbibliotheken der Renaissancezeit. Der Humanist und Reformator Joachim I. von Alvensleben (1514-1588), der in Hundisburg geboren wurde, hatte sie begründet. Das älteste Buch der Bibliothek ist eine theologische Schrift aus dem Jahre 1477. Der größte Teil der Bände gilt als historisch sehr bedeutsam.

Die Familienbibliothek hat bewegte Zeiten hinter sich. Ursprünglich befand sie sich im Schloss Erxleben, überstand den dreißigjährigen Krieg in Stendal und gelangte 1709 nach Hundisburg. Hier wurde sie im eigens eingerichteten Nordturm aufbewahrt. Im 19. Jahrhundert gelangte sie zurück nach Erxleben. Im Juni 1945 konnten etwa 5600 Bände der alten Bibliothek kurz vor der Besetzung durch die Rote Armee nach Niedersachsen in Sicherheit gebracht werden. Von den etwa 10000 zumeist jüngeren Büchern, die in Erxleben verbleiben mussten, gingen etwa zwei Drittel in den Nachkriegswirren verloren. Ein Drittel gelangte in die Universitäts- und Landesbibliothek Halle, in das Museum Haldensleben und in andere Bibliotheken.

Nach mehrjährigen Vorbereitungen war es nun in gemeinschaftlicher Initiative der Familie von Alvensleben, des Landes, der Universitäts- und Landesbibliothek Halle, der Stadt Haldensleben sowie des Vereins Kultur-Landschaft Haldensleben-Hundisburg gelungen, die wesentlichen Bestandteile der Renaissancebibliothek zusammenzuführen. In Hundisburg ist sie nun eine Außenstelle der Universitäts- und Landesbibliothek.

Appell an das Land: Schloss Erxleben braucht Hilfe

Dass die Wahl auf Hundisburg fiel, hatte sich die Familie von Alvensleben nicht leicht gemacht, erklärte Busso von Alvensleben als Vorsitzender des Familienverbandes am Sonnabend. "Leider war es nicht möglich, sie in Erxleben unterzubringen. Es ist eine Tragödie, dass ein Teil der Burg dem Verfall preisgegeben ist. Die Gemeinde ist überfordert, die Familie kann nur punktuell helfen. Es bleibt die Hoffnung auf das Land", sagte Busso von Alvensleben mit Blick auf Ministerpräsident Haseloff.

Solch eine Entwicklung, wie sie das Schloss Hundisburg erfahren habe, brauche auch Schloss Erxleben. Nun, da die Familienbibliothek in Hundisburg ihren Platz gefunden habe, freue sich die Familie doch sehr. Schloss Hundisburg sei ein höchst geeigneter Rahmen, so Busso von Alvensleben, der allen dankte, die dazu beigetragen hatten.

Den Hinweis auf Schloss Erxleben habe er sehr wohl aufgenommen, meinte Haseloff im Anschluss. Er könne und wolle allerdings nichts versprechen, gab aber die Zusage, es sich genau anschauen zu wollen. Ein Versprechen jedoch gab der Ministerpräsident der Familie von Alvensleben: "Wir wollen uns einreihen in die bisherigen Bewahrer der Bibliothek."

Als ein außergewöhnliches Ereignis bezeichnete Dr. Heiner Schnelling, Direktor der Universitäts- und Landesbibliothek Halle, die Einweihung auf Schloss Hundisburg. "Die Bibliothek ist nicht nur herausragend für die Region, sondern auch darüber hinaus."

Die Werke sind in zwei eigens hergerichteten Räumen im Schloss untergebracht. Nicht wie früher im Nordturm, sondern unter anderem direkt neben dem großen Hauptsaal. In einem riesigen Bücherschrank und in Vitrinen lagern die historischen Schätze. Wissenschaftler haben vor Ort die Möglichkeit, in den Werken zu lesen. Fachlich und wissenschaftlich betreut wird die Bibliothek von der Universitäts- und Landesbibliothek Halle. Die öffentliche Nutzung wird durch die Stadtbibliothek Haldensleben gewährleistet. Besucher können die Bibliothek im Rahmen von Schlossbesichtigungen betrachten, erklärte Schloss- und Parkverwalter Dr. Harald Blanke.