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Helmut Siemer hat notiert: Strom fließt wieder ab dem 18. Juni, am 19. Juni bringt Annedore Schäler die Post Tagebuch spiegelt die Flut auf dem Wuster Damm wider

07.11.2013, 01:09

WusterDamm (asr) l Beim Blättern im Buch "Land unter" werden auch die Erinnerungen der Einwohner vom Wuster Damm an die Zeit nach dem Fischbecker Deichbruch wieder wach. "Das war schon eine bewegende Zeit", lassen Katja Hallmann und Helmut Siemer die Gedanken schweifen. Bis zum 10. Juni waren sie nur Nachbarn, haben sich "Guten Tag!" gesagt, mehr nicht. Nun ist das anders. Man bleibt stehen, plaudert miteinander.

"Durch die Flut sind die Menschen näher zusammengerückt, der Zusammenhalt ist größer geworden - das ist ein gutes Gefühl!" Helmut Siemer, der mit seinen Verkehrsteilnehmerschulungen im Elbe-Havel-Land bekannt ist, und seine Frau Karin leben seit 2004 auf dem Wuster Damm. Sie haben sich ein schmuckes Haus mit sehenswertem Vorgarten hoch rausgebaut. "Der Garten hinterm Haus war unser ganzer Stolz. Nun ist alles hin! In den beiden Gewächshäusern hätten wir so viel ernten können, aber auch hier stand das Wasser und hat alles vernichtet."

Flucht nach Seehausen

Helmut Siemer hat genau Tagebuch geführt. Bis Dienstag hatte sich das Deichbruchwasser von Fischbeck seinen Weg bis zum Wuster Damm gebahnt. Als erstes stand die Bisonfarm unter Wasser, dann floss das Wasser in die Gärten. "Unser Hof war zur Hälfte geflutet", erzählt Katja Hallmann. Am Montag, als sich das Wasser unaufhaltsam seinen Weg über das Elbe-Havel-Land bahnte, hatte sie sich mit dem dreijährigen Töchterchen Mia auf nach Seehausen gemacht. "Wir haben alles, was ins Auto passte, mitgenommen". Ehemann Tobias ist erst einmal geblieben, schließlich wusste niemand, wie weit das Wasser wirklich kommt. In Sicherheit gebracht wurden auch zwei Schafe, drei Lämmer, zehn Kaninchen, sieben Hühner und eine Entenmutter mit sechs Kückchen. Und natürlich der Schäferhund. Auch Tobias Hallmann hat den Wuster Damm verlassen, um bei seiner Familie zu sein.

Am 21. Juni sind sie zurückgekommen. An diesem Tag rollte das erste Müllfahrzeug an, steht im Tagebuch von Helmut Siemer. Bereits am 18. Juni um 14.40 Uhr konnten die dröhnenden Notstromaggregate abgestellt werden - der Strom kam wieder aus der Steckdose. Und am 19. Juni brachte Annedore Schäler das erste Mal die Post.

Wuster campieren im Ort

14 Bewohner hat der Wuster Damm, fünf Häuser stehen östlich der Straße, zwei auf der östlichen Seite. Die Versorgung mit Lebensmitteln war für sie kein Problem, konnten sie doch ohne Umwege nach Rathenow zum Einkaufen fahren, das Brot holten sie aus Großwudicke. "Die Polizisten, die an der B188 niemanden durchließen, kannten uns schon, natürlich hat man uns passieren lassen", erinnert sich Helmut Siemer. Wie auch auf dem benachbarten Schönhauser und dem Hohengöhrener Damm hatte sich die Einwohnerzahl auf dem Wuster Damm während der Flutzeit deutlich erhöht. Flüchtende aus Wust, Zarbocks und Schälers, hatten ihre Campingwagen auf dem Platz in der Ortsmitte aufgestellt.

Die Bisons sind inzwischen zurückgekehrt, auch wenn es durch den Regen auf der Wiese recht feucht ist. Den Gärten sieht man noch an, dass hier das Wasser gestanden hatte. Siemers, Hallmanns und alle anderen Wuster Dammschen freuen sich auf das kommende Frühjahr, wenn sie die Gärten neu bestellen können und die Blumen wieder blühen.