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Die Volksstimme stellt die sieben Brückenbauwerke in der Hansestadt Havelberg vor / Heute der letzte Teil der Serie Sandauer Brücke: 2009 rollen erste Autos

Von Wolfgang Masur 07.06.2014, 01:13

"Über sieben Brücken" heißt ein großer Hit der Gruppe "Karat" aus dem Jahr 1979. In Havelberg kann man, nach einer Gesamtbauzeit von 17 Jahren, inzwischen auch über sieben neue Brücken gehen. In loser Folge erinnert die Volksstimme an die Brückenbaustellen in und um Havelberg.

Havelberg l Die siebte und letzte der hier vorgestellten Brücken, die Sandauer Brücke, war die größte und teuerste und ist jetzt wohl auch die schönste. Vor über einhundert Jahren als Brücke über die Havel mit einem Stahlüberbau errichtet, hatte sie 2009 ausgedient.

Die Sandauer Brücke wurde schon immer als das Tor zur Stadtinsel bezeichnet. Diesem Namen sollte sie auch nach der Erneuerung gerecht bleiben. Die Erneuerung war dringend nötig. Denn bei der Überfahrt war es schon mehrfach vorgekommen, dass sich zwei Lkw verkeilten. Zu Zeiten, als auf der Havel noch reger Schiffsverkehr herrschte, kollidierten auch hin und wieder Schiffe mit den Pfeilern des historischen Bauwerkes.

Baubeginn im Februar 2007

Nach einer langen Planungs- und Vorbereitungsphase war im Februar 2007 Baubeginn. Die neue Lage stellte aus städtebaulicher und denkmalpflegerischer Sicht einen Kompromiss dar, da in der Regel ein Neubau am alten Standort erfolgt. Um den Straßenverkehr über die gesamte Bauzeit aufrecht zu erhalten, wäre aber bis zur Fertigstellung der neuen Brücke eine Behelfsbrücke erforderlich gewesen. Aus Kostengründen erfolgte der Neubau westlich ganz dicht neben der alten Brücke, die dann erst unmittelbar nach Inbetriebnahme der neuen Brücke abgerissen werden sollte. Tragfähigkeit, Verkehrsbreite und vor allem der schlechte bauliche Zustand dieser Bundesstraßenbrücke entsprachen nicht mehr den Anforderungen.

Träger der Baumaßnahme war die Bundesstraßenverwaltung und Auftraggeber der Landesbetrieb Bau Sachsen-Anhalt, Niederlassung Nord. Die Bauausführung hatte die Bilfinger Berger Ingenieurbau GmbH übernommen. Bauleiter war Diplom-Ingenieur Steffen Langner, und Jürgen Lüttge von der VIP Ingenieurgesellschaft mbH Magdeburg war für die Bauüberwachung zuständig.

Das neue Brückenbauwerk wurde als Zweifeldbrücke ausgeführt. Dabei unterscheiden sich die Felder deutlich in Konstruktion und Stützweite. Die Hauptöffnung auf der Nordseite zwischen dem einzigen Brückenpfeiler und der historischen Altstadtinsel wurde als Stabbogen mit einer Stützweite von 90,60 Metern ausgebildet. Die südliche Öffnung in Richtung Sandau erhielt als Überbau einen Stahlverbund-Plattenbalken. Die Stützweite dieses Feldes beträgt 34,70 Meter. Das ergibt eine Gesamtlänge der Brücke von 125,30 Meter. Die Breite zwischen den Geländern beträgt 13,50 Meter und die Fahrbahn ist 7,50 Meter breit. Die Widerlager wurden als Kastenwiderlager ausgebildet und auf Atlas-Pfählen tief gegründet. Die Höhe des Lichtraumprofiles ist mit mindestens 4,50 Metern über dem oberen Betriebswasserstand über weite Bereiche geringfügig höher als die der alten Brücke am höchsten Punkt.

Nachdem im November 2008 die wichtigsten Betonarbeiten an den Widerlagern und dem Brückenpfeiler abgeschlossen waren, ging es zügig weiter. Auf dem Gelände des ehemaligen Baustoffwerkes begann die Montage des Stahlüberbaues. Die von einer Genthiner Stahlbaufirma angelieferten Brückenteile wurden hier verschweißt.

Dann begann das Großereignis in der Region: Am 11. März 2009 wurde die neue Sandauer Brücke an ihren künftigen Platz eingeschwommen. Zahlreiche Zuschauer hatten sich am Havelufer und auf der alten Brücke postiert, um dem Schauspiel beizuwohnen. Auf einer sogenannten Verschubbahn schob sich an diesem besonderen Montag bereits der 700 Tonnen schwere Stahlüberbau, der 90 Meter lang und 17 Meter breit war, zentimeterweise auf die Pontons. Das Kommando "Leinen los!" kam von Jürgen Lüttge von der Bauüberwachung, vom Bauleiter Steffen Langner und vom Oberbauleiter Berge Dörner von der Bilfinger Berger Ingenieurbau GmbH. Havelbergs Bürgermeister Bernd Poloski bekräftigte das Kommando mit einem Megafon. Mit dem Schubschiff "Edda" von einer Berliner Reederei begann die schwergewichtige Fahrt auf der Havel, die von Schaulustigen sowie Presse, Rundfunk und Fernsehen begleitet wurde.

Die neue Sandauer Brücke hat einschließlich aller unterirdischen Betonagen ein Eigengewicht von etwa 13000 Tonnen! Nach dem Einschwimmen des Hauptbrückenteils begannen die Restarbeiten, die durch ihre Aufwendigkeit nochmals einige Zeit in Anspruch nahmen.

Großes Fest zur Verkehrsfreigabe

Am 25. September 2009 war es dann soweit. Mit einem großen Fest auf der neuen Sandauer Brücke wurde das Bauwerk freigegeben. Gäste aus Politik und Wirtschaft waren eingeladen, auch Planer, Prüfer, Statiker und natürlich die Bauarbeiter. Kinder aus den städtischen Einrichtungen und der Grundschule waren ebenfalls auf die Brücke gekommen. Sie hatten schon am Vortag die großen bunten Buchstaben am Geländer angebracht. In einem Vorprogramm tollten sie lustig mit Theo Tintenklecks umher. Mit dem Lied "Schön, dass ihr da seid" begrüßten die Mädchen und Jungen die Gäste auf der neuen Brücke.

Der Leiter des Landesbetriebes Bau, Peter Ebneter, eröffnete den Festakt zur Verkehrsfreigabe. "Es ist ein historisches Ereignis, denn die alte Brücke hat über einhundert Jahre ihren Dienst getan und wird nun von einem modernen Bauwerk abgelöst. Etwa 11 Millionen Euro wurden investiert. Die Brücke passt sich sehr gut in das Stadtbild ein", betonte der damalige Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Dr. Engelbert Lütke Daldrup. Mit den Worten: "Ich habe ja schon viel gesehen, aber das, was hier in der Hansestadt Havelberg los ist, übertrifft alles", begann ein überraschter Landesverkehrsminister Karl-Heinz Daehre sein Grußwort. Er meinte die vielen Bürger, die mit ihrem Erscheinen auf der Brücke die Verbundenheit zu ihrer Heimatstadt bekundeten. Der Minister sprach auch schon über die bevorstehende Buga, die 2015 die Länder Sachsen-Anhalt und Brandenburg in der Hansestadt Havelberg zusammenführt.

Die ersten Autos fuhren um 12.14 Uhr über die neue Sandauer Brücke.

Parallel zu den restlichen Straßenarbeiten in der Elb- und Rathenower Straße begann anschließend der Rückbau der alten Sandauer Überführung. Heute erinnert nur noch ein Stück alter Stahlüberbau, der auf der Südseite vor dem historischen Brückenhaus als Denkmal aufgestellt wurde, an die alte Flussüberquerung.

Mit ihrem filigranen und ansprechenden Erscheinungsbild prägt die Sandauer Brücke ganz entscheidend das Gesicht der Stadt Havelberg.