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Ex-Tatort-Kommissar plaudert im Havelberger ArtHotel humorvoll über sein Leben Sodann - ein betender Kommunist

Von Ingo Freihorst 18.11.2014, 02:18

Ein bewegtes Leben liegt hinter dem 78-jährigen Peter Sodann, der als Tatort-Kommissar Bruno Ehrlicher deutschlandweit bekannt wurde. Jetzt las er in Havelberg aus seinen Memoiren.

Havelberg l Fünf Bücher hat Peter Sodann inzwischen verfasst, obwohl er eigentlich nie Bücher schreiben wollte. Den Anstoß dazu erhielt er in der Wendezeit, da war er Intendant am Theater in Halle: Am 1. Mai wurde nicht mehr demonstriert, als Alternative gab es halt einen Umzug ums Theatergebäude. Dieses hatte Sodann übrigens ab 1981 aus einem alten Kinosaal zu einem Schauspielhaus umgebaut. Auf seinem Plakat stand: "Zuerst haben wir den Sozialismus ruiniert, jetzt ist der Kapitalismus dran." Mit den Jahren kamen immer mehr Menschen zu seiner Maifeier.

Peter Sodann mag eben "keine halben Sachen" - so war die sehr gut besuchte Veranstaltung im ArtHotel Havelberg am Sonnabend betitelt. Wohl auch darum - und in Reaktion auf Bücherverbrennungen in der Wendezeit - hat er sich zum Lebensziel gemacht, alle Bücher, die in den Verlagen der DDR erschienen waren, zu sammeln. Inzwischen sind es viereinhalb Millionen.

Ein Büstenhalter für Lenin

Von seiner Mutter hatte er in Weinböhla bei Dresden zwei Weisheiten mit auf seinen Lebensweg bekommen. Im Alter von fünf Jahren begann er zu lesen, weshalb die Mutter zu ihm sagte: "Junge, lies nicht so viel, du wirst sonst ganz dumm im Kopf." Dann lernte er Rad fahren, das geborgte Rad war anschließend nicht mehr zu reparieren. Der Kommentar seiner Mutter dazu: "Wenn de was nicht kannst, kannste es nicht machen."

So wurde er denn auch nicht Tischler, sondern Werkzeugmacher. Hier bekam er seine erste Kritik der Staatsmacht: Er sollte einen Halter für eine Leninbüste bauen - und vermerkte im Berichtsheft "Büstenhalter für Lenin gebaut".

Nach der Lehre holte er an der Arbeiter- und Bauern-Fakultät (ABF) in Dresden das Abi nach, hier eckte er erneut beim Staat an: Ihm war zugetragen worden, dass er mit seiner schlechten Note in Russisch nicht bestehen würde, weshalb er Unterschriften gegen eine zu hohe Bewertung dieses Faches sammelte. Nach einer Unterredung mit dem Rektor wurden alle Russischnoten in der ABF um eine Zensur nach oben korrigiert.

Anschließend begann er ein Jurastudium - nur wegen Gertraude, seiner ersten großen Liebe. Doch gab ihm sein Juraprofessor den Rat, doch lieber Schauspiel zu studieren. Ab 1959 studierte er in Leipzig, hier leitete er das Kabarett "Rat der Spötter". Hier krachte es dann schlimm: Das Kabarett wurde wegen staatsfeindlicher Hetze 1961 aufgelöst, Sodann verhaftet und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Neun Monate saß er davon ab - "es war eine schlimme Zeit".

Trotz der Schikanen in der DDR bezeichnet er sich als "betender Kommunist". Und geht mit der Politik hart ins Gericht: Deutschland soll laut Minister Gröhe gut gegen Ebola aufgestellt sein - hat aber nur 50 Betten dafür. Der parteilose Peter Sodann wurde 2007 von der Linkspartei als Kandidat für die Bundespräsidenten-Wahl aufgestellt. Gefragt, was denn seine erste Amtshandlung gewesen wäre, antwortete er: "Zuerst hätte ich Ackermann verhaften lassen." - Dieser war zu jener Zeit Vorstandvorsitzender der Deutschen Bank.