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Havelhöfe-Verein präsentiert Naturreiseführer für den Havelwinkel - mit interessanten Exkursen in die Geschichte Was sucht die "alte Elbe" bei Molkenberg?

Von Ingo Freihorst 14.03.2015, 02:21

Studenten der Hochschule Anhalt aus Bernburg hatten im Vorjahr in Garz ein Projekt zur Förderung des naturnahen Tourismus im Havelwinkel vorgestellt. Nun sind die Ergebnisse in Heftform erhältlich.

Garz l "Reiseführer für den Naturraum der Unteren Havel bei Garz" heißt der etwas dröge Titel - doch der Inhalt der knapp 60 Seiten starken Broschüre ist sehr interessant. Fünf Studenten der Studiengänge Landschaftsarchitektur und Umweltplanung sowie Naturschutz und Landschaftsplanung hatten sich unter der Leitung von Professor Siegmar Brandt ein Jahr lang mit dem Havelwinkel befasst. Dabei nahmen sie auch eine preußische Karte aus dem Jahre 1882 zu Hilfe und verglichen diese mit der aktuellen Situation.

Es entstand ein Reiseführer im Wandel der Zeit: Die Veränderungen in der Region um Molkenberg, Rehberg, Warnau, Garz, Kuhlhausen, Strodehne und Grütz sind im Vergleich gut zu erkennen. Sogar einzeln stehende Weiden waren auf der alten Karte vermerkt. Teils haben sich diese Reihen bis heute erhalten - wie bei Warnau, Kuhlhausen oder Garz.

Letzteres ist ein Rundlingsdorf, die typische Siedlungsform der einst hier wohnenden Slawen. Nach dem großen Brand von 1895 wurde der Ort großzügiger aufgebaut, es entstanden größere Vierseitgehöfte - unter anderem die jetzigen Havelhöfe. Deren Verein hatte jetzt einiges Geld in die Hand genommen und die Druckkosten vorgestreckt. Zwei Formate des Reiseführers wurden gedruckt - das kleinere in A5 für die Radler zum besseren Verstauen, der Heimatfreund wird sicher das größere A4-Format bevorzugen. Erhältlich sind die Exemplare vorerst nur auf den Havelhöfen bei Astrid Braunsdorf, es werden noch Gespräche mit Bettenanbietern und Gastronomen geführt.

Die alte Karte zeigt, dass einst vor der Garzer Kirche eine Insel lag. Der Mensch griff vor etwa 100 Jahren in den Lauf des Flusses ein und passte ihn den Erfordernissen der Schifffahrt an. Auch bei Garz begradigte man die Havel und verfüllte ihre Schlingen, in neuen Kanälen entstanden um 1911 die Schleuse und das Nadelwehr. Strodehne hatte einst an einem toten Flussarm gelegen, seit 1934 fließt die Havel am Dorf vorbei. Im Gegenzug wurde bei Garz der Fluss vom Dorf abgeschnitten.

Saalkirche von Schinkel

Informiert wird im Reiseführer zudem zur Strodehner Fähre: Einst führte der Weg dorthin an einer Ziegelei entlang, heute das Grundstück der Familie Gratzke - früher befand es sich direkt an der Havel. Nach dem Durchstich bei Strodehne kamen die Garzer Bauern nicht mehr auf ihre Flächen - eine Fähre pendelte bis 1949 auf Staatskosten. Dann wurde eine Holzbrücke errichtet, die 1972 abgerissen wurde.

Beschrieben wird ferner eine Radtour von Garz nach Kuhlhausen: Am Weg sind selten gewordene Kopfweiden zu entdecken. Einst war der Baum hier weit verbreitet, wie die alte Karte beweist. Damals wurde nach dem "Schneiteln" alles verwertet: die Äste zum Flechten von Körben und Zäunen, die dickeren für Besenstiele und für Brennholz, die Blätter dienten als Viehfutter. Weiden sind anfällig für Pilzbefall - und damit ein Refugium für Tiere, die auf Tot- und Mulmholz angewiesen sind.

In Kuhlhausen - ebenfalls ein Rundling - findet die Saalkirche Erwähnung, die nach den Plänen des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel entstanden war.

Eine weitere Tour führt von Garz nach Warnau, Rehberg und Molkenberg. Von Warnau wird berichtet, dass sich hier einst zwei Mühlen befunden hatten, 1838 war der Ort fast komplett abgebrannt.

Interessant ist auch, dass auf der alten Karte bei Molkenberg ein Gewässer "alte Elbe" erwähnt wird - die floss mal hier entlang. Und auf einem Hügel namens Pilatsch wohnte einst der Raubritter Pilatus. Über Rehberg wird berichtet, dass es sich im Vergleich zu einst kaum verändert hat. Tipps zur Sternenbeobachtung runden den Reiseführer ab.

"Wir würden uns freuen, wenn Einheimische uns Hinweise geben, was im Heft vielleicht ergänzt werden müsste", sagte Joachim Klose vom Havelhöfe-Verein. Das würde dann in der neuen Auflage mit eingearbeitet. Vielleicht könnte man sich auch mal in lockerer Runde zusammensetzen.

Beiden Heften sind Kopien der alten Karte und des aktuellen Luftbildes beigefügt - natürlich auch in verschiedenen Größen.