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Unterhaltungsverband aus Havelberg kümmert sich um die Gewässerpflege / Nach dem verregneten Sommer: Volle Gräben und überflutete Felder

Von Ingo Freihorst 07.09.2011, 06:30

Regen, nichts als Regen! Nicht nur der Sommer 2010 war verregnet, der aktuelle ebenfalls. Die Hochsommertage von 2011 lassen sich an zwei Händen abzählen. Und wie im Vorjahr gibt es Probleme mit vollen Gräben und abgesoffenen Feldern.

Havelberg. Die von den Experten geplanten Stauziele für die Havel sind Makulatur, die Natur schert sich nicht drum: Der Wasserstand der Havel war gestern mit 1,65 Metern immer noch weit vom vorgesehenen Maß von 1,30 Meter am Pegel Havelberg-Stadt entfernt. Mitte August stand der Fluss wegen der vielen Niederschläge mit fast zwei Metern knapp 70 Zentimeter über dem geplanten Sommerwasser. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die angeschlossenen Gräben, sie werden ihr Wasser nicht los.

Allein an einem Wochenende waren 80 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Hobby-Meteorologe David Heller aus Sandau registrierte nur im Juli 144 Liter Regen. In der Altmark war es der nasseste Sommer seit Jahrzehnten, hier fielen 321,7 Millimeter Regen.

Für die Grabenpflege ist in der Elb-Havel-Region der Havelberger Unterhaltungsverband "Trübengraben" zuständig. Geschäftsführer Uwe Klemm war kürzlich in der Klietzer Region unterwegs, um nach dem Rechten zu schauen.

Zu jener Zeit gab es immer noch Abschnitte in den Gräben, die wegen des Getreides auf den angrenzenden Feldern nicht durchgängig geräumt werden konnten. Eine solche Stelle befand sich am Klinkgraben, der in den Klietzer See mündet. Dadurch musste die Technik hier ein zweites Mal hinfahren, was zusätzliche Kosten verursachte.

Auch am benachbarten Hauptgraben konnte nicht durchgehend gemäht werden, hier wuchs Mais - wie an vielen anderen Stellen. Diese Pflanzenart wird teils bis in den November hinein geerntet, erst danach können die Firmen den Rest der Ufer abarbeiten. Auch deshalb laufen die Verträge zur Grabenpflege bis Dezember. Überhaupt hat sich die Zeitspanne für die Grabenpflege immer mehr in die zweite Jahreshälfte verlagert, unter anderem wegen der Naturschutzauflagen und geänderter Anbaustrukturen in der Landwirtschaft.

"Die Hauptvorfluter wie der Land- und Weidegraben oder der Klinkgraben werden alle beidseitig gemäht", erklärte Uwe Klemm. Doch um alle Gräben im Verbandsgebiet beidseitig zu mähen, wie von manchen Anrainern und Landnutzern gefordert, müssten die Beiträge erhöht werden. Das will aber auch niemand.

Zudem sind nicht immer die Gräben am Wasserstau schuld. So verwies Uwe Klemm auf die Tatsache, dass sich zwischen Schönhausen und Wust ein Niedermoorgebiet befindet, was sich durch die Melioration zurückbildete. Dort sackt die Erdoberfläche durch die Degeneration nach und nach ab, irgendwann kann das Wasser wegen des fehlenden Gefälles nicht mehr abfließen. Es bleibt wie in einer Wanne stehen.

Insgesamt 730 Kilometer Gräben sind im Verbandsgebiet zu pflegen. Das entspricht einer relativ hohen Gewässerdichte von 15,5 Metern je Hektar. Und das in einer dünn besiedelten Gegend.

Mitglied im "Trübengraben" sind die Einheitsgemeinden Havelberg und Jerichow, die Gemeinden der Verbandsgemeinde Elbe-Havel-Land und die Stadt Werben. Die Beitragsbescheide gehen an die Kommunen, diese zahlen aus dem eigenen Etat oder legen die Kosten um. Zahlen müssen aber nur jene Grundstücksbesitzer, die im Einzugsgebiet von Gewässern 2. Ordnung wohnen.

Neben dem hauptamtlichen Geschäftsführer Uwe Klemm arbeiten noch zwei ehrenamtliche Gremien: die Verbandsversammlung der Mitglieder sowie der Verbandsvorstand. Dessen Vorsteher ist der Sandauer Helmut Schulz, zudem gehören ihm Fred-Wilhelm Braunschweig aus Schönfeld, der Garzer Jens Köpke, Burghard Grigo aus Molkenberg und der Jerichower Andreas Große an.

Vor kurzem legte der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft LHW die Einzugsgebiete für Gewässer 1. und 2. Ordnung neu fest. Durch die Neuberechnung fielen 9251 Hektar aus dem Havelberger Verbandsgebiet heraus, was zugleich weniger Einnahmen bedeutete. Hinzu kam, dass bis 2008 die Zuschüsse vom Land an die Verbände auf Null gefahren wurden. Deren Aufgaben blieben jedoch gleich.

Die von vielen geforderte Neuberechnung der Verbandsbeiträge wurde mit dem im März im Landtag verabschiedeten Wassergesetz wieder nicht geändert. Aktuell werden je Hektar 9,37 Euro fällig, hinzu kommt für die Kommunen ein Erschwerniszuschlag von 4,29 Euro je Einwohner.

Ein weiteres Problem ist mit dem neuen Gesetz weiter ungelöst: Die Staue und Wehre sind in die Jahre gekommen, viele haben Sanierungsbedarf. In Uwe Klemms Verantwortungsbereich gibt es 14 Wehre und über 260 Stauanlagen. Der Gesetzgeber entschied, dass die Nutznießer dieser Anlagen diese beantragen können - mit allen Rechten und Pflichten. Dazu gehört auch, dass man sie fachgerecht bedient und die Sanierung bezahlt - was nicht ganz billig wird. Vor allem im Südbereich haben Kommunen diesen Schritt gewagt. Viele Bauwerke wurden nicht übernommen, weshalb etliche Anlagen vom Landkreis von Amts wegen außer Betrieb gesetzt wurden.

Für die Grabenpflege, die immer neu ausgeschrieben wird, sind seit Jahren zwei bewährte Firmen zuständig: Lati aus Havelberg und Geka aus Kamern. Die häufigen Niederschläge erschweren auch ihre Arbeit. Nicht nur die Technik der Landwirte bleibt auf den überfluteten Äckern stecken, sondern auch die schwere Räumtechnik der Grabenpfleger.

Einmal im Jahr findet die Gewässerschau statt. Sie wird zusammen mit dem LHW durchgeführt und umfasst Gewässer der 1. als auch der 2. Ordnung. Ein Gewässer der 1. Ordnung ist eines, das direkt in Flüsse entwässert - zum Beispiel der Trübengraben. Mit dem Landesbetrieb gibt es im Übrigen eine gute Zusammenarbeit, zum Beispiel werden die Unterhaltungspläne abgestimmt.

"Die Gräben dienen nur der Ableitung des Oberflächenwassers, mit dem Grundwasser haben sie nichts zu tun", verwies Uwe Klemm auf ein anderes akutes Problem. In Sandau, wo Einwohner seit dem Vorjahr mit überfluteten Kellern und Gärten kämpfen, standen in den benachbarten Gräben wie am Sportplatz lediglich maximal 10 bis 15 Zentimeter Wasser. Eine Ertüchtigung der Gräben wie in einem Gutachten gefordert würde also nicht viel am Zustand verändern.