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Einheitsgemeinde Klötze ist noch längst nicht vom Eichenprozessionsspinner befreit Chemische Keule wird gefordert

Von Harald Schulz und Siegmar Riedel 18.07.2014, 01:21

Seit Monaten sind die Nester mit den Raupen des Eichenprozessionsspinners (EPS) eine Belastung für die Menschen, die Natur und letztendlich für den Geldbeutel der Stadt Klötze. An den Eichen hängen die Nester derzeit wie reife Früchte. Bislang sollte Absaugen der Brut Abhilfe bringen.

Klötze l Unübersehbar haften die Gespinstnester der EPS-Brut wie erdbraune Säckchen und in der Anzahl wie reife Früchte an Kirschbäumen an Stämmen und Astgabelungen von Eichen. Derzeit gut zu sehen entlang der Landesstraße von Klötze in Richtung Lockstedt und weiter nach Neuendorf. Diese Plage hat die gesamte Einheitsgemeinde fest im Griff. Auch am Friedhof in Kusey, an Stämmen der Friedenseiche in Germenau und Eichen im öffentlichen Bereichen anderer Orte glänzen die Nester in der Sonne.

Für das Absaugen in 2014 zirka 4000 Euro gezahlt

In den dichten, von Kleintieren fast unangreifbaren Geflechten verpuppen sich die Larven derzeit. Aus der Schutzburg schlüpfen sie bald als Falter, um ihre Eier wieder abzulegen. Zurück bleiben die Nester.

Die darin gebliebenen Nesselhaare bedeuten unter günstigen Umständen über Jahre eine Gefahr für die Gesundheit von Personen, die sich allzu neugierig mit den meist schmutzig-grauen "Säckchen" beschäftigen.

In der Einheitsgemeinde Klötze kommen die Männer der Stadtwirtschaft beim Absammeln der Nester nicht hinterher. Der zusätzlich von der Stadt beauftragte Schädlingsbekämpfer (Volksstimme berichtete) könnte ohne Pause die Nester aus den Bäumen absaugen. Die Stadtverwaltung hat die Situation wohl zumindest für dieses Jahr unterschätzt. Der EPS-Brut ist offenbar flächendeckend mit mechanischer Abwehr, also dem Absaugen unter Vollschutz, nicht beizubekommen. Für das Absaugen hat die Stadt - sie ist zuständig - in 2014 bislang zirka 4000 Euro aufgewendet.

Während der Sitzung des Hauptausschusses forderte Stadtrat Henry Hartmann ein stärkeres Eingreifen. "Die Situation hat sich verschärft, inzwischen ist die Lebensqualität der Menschen durch den Prozessionsspinner eingeschränkt. Die Stadt ist in der Pflicht, im Frühjahr gegen die Raupen zu spritzen", forderte er. Auch das Land und der Kreis müssten etwas unternehmen.

Bürgermeister Matthias Mann stellte einen neuen Vorschlag in den Raum: "Jedes Jahr wird eine fünf- bis sechsstellige Summe im Kreis für Ersatz- und Ausgleichspflanzungen eingesetzt. Warum verwenden wir nicht einen Teil des Geldes aus diesem Topf, um die Eichenprozessionsspinner zu bekämpfen. Das ist auch Naturschutz." Sonst würden bei Ausgleichsmaßnahmen Bäume gepflanzt, die später wieder kahl gefressen werden.

Ministerium hilft den nur den Forstverwaltungen

"Die Gesamtsituation ist landesweit problematisch", antwortet der Sprecher des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt von Sachsen-Anhalt, Detlef Thiel, auf Anfrage der Volksstimme. "Zur Gefährdung von Wäldern stellt der EPS ein erhebliches Problem für die Gesundheit der Menschen dar." Thiel informiert, dass sich die Population praktisch flächendeckend auch in der gesamten Altmark in hoher Dichte verbreitet hat. Eine Bekämpfung gegen den Kahlfraß mit Unterstützung vom Land erhalten seit mehreren Jahren die Forstverwaltungen. Für das Einsatzgebiet Jübar, Klötze, Havelberg wurden nach Angaben des Ministeriums im Jahre 2012 insgesamt 1670 Hektar Waldfläche gegen den EPS chemisch behandelt. Die Kommunen hingegen werden bislang vom Land mit dem seit 15 Jahren bekannten massiven Problem allein gelassen.