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5. Waldgottesdienst am Forsthaus Döllnitz lockte gestern trotz Regens dutzende Besucher an Die Sonne kann nicht immer scheinen

Von Markus Schulze 06.08.2012, 05:29

Das evangelische Kirchspiel Klötze-Neuendorf hat gestern zum fünften Waldgottesdienst an das Forsthaus Döllnitz eingeladen. Trotz des ungemütlichen Wetters kamen etliche Besucher. Im Mittelpunkt stand eine Taufe.

Klötze l Seit 2008, so ist es mittlerweile Tradition, findet am Forsthaus Döllnitz Sommer für Sommer ein Freiluft-Gottesdienst statt. Gestern war es wieder so weit.

Punkt 10 Uhr läuteten in Klötze die Glocken der St. Ägidiuskirche. Für Kutscher Hans-Jürgen Müller und seine Pferde Dolly, Buster und Betty waren die Töne das Zeichen zum Aufbruch. Denn erneut gab es als besonderen Service eine Kremserfahrt zum Döllnitz. Im Wagen hatten es sich dieses Mal aber nur einige Damen gemütlich gemacht. "So ein schlechtes Wetter hatten wir zum Waldgottesdienst noch nie", meinten sie.

Und tatsächlich. Es goss ohne Unterlass. Etwa 50 Interessenten ließen sich davon aber nicht unterkriegen. Und auch Pfarrer Johannes-Michael Bönecke nahm die Unbilden mit Humor: "Wir wollen ja heute eine Taufe feiern. Und zu einer Taufe gehört auch Wasser von oben."

2011, als bei der Andacht in Döllnitz erstmals getauft wurde, hatten drei Kinder das heilige Sakrament empfangen, nun war es eines: Aurel Hartung aus Bahrdorf im Landkreis Helmstedt.

"Seiner Großmutter Anita Schrubber hat es hier im vergangenen Jahr so gut gefallen, dass sie gedacht hat, das wäre auch was für ihren Enkel", erklärte Johannes-Michael Bönecke.

Die Mutter des Kleinen, die 28-jährige Sabrina Hartung, sah das genauso. "Ich stamme aus Klötze. Das ist ein schönes Ambiente hier, viel schöner als in einer Kirche." Ihrem Mann, dem 34-jährigen Guido Hartung, war das natürlich auch recht. Und so wurde Aurel Hartung, er wird im September zwei Jahre alt, im Beisein seines älteren Brüderchens Phil Liron sowie den Paten Marco Hartung und Heike Möllerke getauft.

Die Besucher verfolgten den Gottesdienst mit aufgespannten Regenschirmen. "Schön, dass Sie sich darauf eingestellt haben", freute sich Johannes-Michael Bönecke. Entgegen der Regel und der Einfachheit halber, durfte die Gemeinde bei der Verlesung des Evangeliums sitzen bleiben.

"Lebt nach Gottes Willen, dann wird er für Euch sorgen"

Dabei sendete der Pfarrer ein paar mahnende Worte in Richtung all derer, denen Belanglosigkeiten wichtig erscheinen: "Was sollen wir anziehen. Mit Fragen wie diesen beschäftigen sich nur Menschen, die Gott nicht kennen. Lebt nach Gottes Willen, dann wird er für Euch sorgen."

Auch in seiner Predigt kam der Pfarrer nicht umhin, auf die Witterung einzugehen. So hätten die Meteorologen eigentlich 26 Grad angekündigt. Aber: "Es kann nicht jeden Tag die Sonne scheinen", erkannte Johannes-Michael Bönecke. "Sonst würde alles vertrocknen." Im Leben sei es genauso: "Auch da gibt es helle und dunkle Tage."

Im Weiteren erzählte der Pfarrer die Geschichte eines Bauern, der Anfang des 20. Jahrhunderts mit Frau und Sohn in einem fruchtbaren französischen Tal lebte. Der Mann war glücklich. Doch dann starb erst sein Sohn und zu allem Übel auch noch seine Frau.

Für den Mann war nun alles sinnlos. Er nahm seine 50 Schafe und den treuen Hund und zog in eine Gegend, die ebenso trist war wie sein Gemüt. Doch dann, ohne ersichtlichen Grund, kam der Mann auf die Idee, Bäume zu pflanzen. Erst wenige, dann immer mehr. Nach einigen Jahren waren es hunderttausende. Viele wuchsen nicht an, doch der Einsiedler gab nicht auf und machte weiter. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. In der Oednis gingen beide Weltkriege unbemerkt an ihm vorüber. Die Natur und seine Genügsamkeit hielten ihn gesund. Der Mann wurde 89 Jahre alt. Als er starb, hatte er einen der schönsten Wälder Frankreichs geschaffen, der derweil sogar zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Die Kargheit der Region ist verschwunden. Die unzähligen Wurzeln halten das Regenwasser in der Erde. Noch dazu sind aus den umliegenden Dörfern wahre Schmuckstücke geworden.

"In kleinen Schritten kann die Welt verändert werden"

Johannes-Michael Bönecke bilanzierte: "Ein einziger Mensch hat genügt, um aus einer Steppe ein gelobtes Land zu machen." Er stellte fest: "Wir fragen uns oft: Was können wir tun? Lohnt sich das überhaupt? Und ja, in kleinen Schritten kann die Welt verändert werden."

Der Pfarrer dankte allen, die zum Gelingen des Gottesdienstes in der Waldkirche beigetragen hatten. Bänke ware aufgestellt und der Grill angeheizt worden. Es gab Bratwürste. Ein Dank galt auch den Klötzer Jagdhornbläsern, die den Gottesdienst musikalisch umrahmt hatten.

Ach ja, irgendwann, nach der Fürbitte und dem Lied "Die güldne Sonne" verzogen sich die Wolken, der Himmel riss auf, und die Sonne kam heraus.