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Doris Giggel und Horst Kricheldorf sind Notfallseelsorger im Altmarkkreis Salzwedel "Wir sind das erste Pflaster - für die Seele"

Von Anke Kohl 01.12.2012, 02:16

Sie sind das erste Pflaster für die Seele, sagte ihre Referentin bei einer Zusammenkunft einmal zu ihnen. Für Horst Kricheldorf und Doris Giggel beschreibt das am besten ihre ehrenamtliche Arbeit als Notfallseelsorger im Altmarkkreis.

Klötze l Drei Tage, von Freitag bis Sonntag, dauerte der erste Teil von zweien, in dem Männer und Frauen auf den Einsatz als Notfallseelsorger vorbereitet wurden. Sie hatten sich freiwillig dafür angemeldet. Das war im Februar 2007.

Seitdem haben Doris Giggel und Horst Kricheldorf zwei bis viermal im Monat für je 24 Stunden Bereitschaftsdienst. Sie sind zwei von 29 Notfallseelsorgern im Altmarkkreis. Wenn irgendwo unerwartete Todesfälle, ob durch Verkehrsunfall oder Suizid, eintreten, werden die Notfallseelsorger durch die Leitstelle des Altmarkkreises zu Einsatzorten gerufen.

Als Doris Giggel an jenem Sonntag im Februar vor fast sechs Jahren nach Hause kam, sagte sie zu ihrem Mann: "Das schaffe ich nicht. Das kann ich nicht!" Die geradezu fühlbare Nähe zum Sterben und Begegnung mit dem Tod, ließen die Kuseyerin fast resignieren. Da war es ihr Ehemann der hinter ihr stand, den Rücken stärkte, sie motivierte und erinnerte: "Du wolltest das machen und nun mach das auch." Von seiner ersten Skepsis nach der Offenbarung seiner Frau - "Was willst Du machen?" waren laut Doris Giggel seine ersten Worte - als Nofallseelsorgerin arbeiten zu wollen, war nichts mehr zu merken. Im Gegenteil.

Auch Horst Kricheldorf weiß seine Familie hinter sich und seiner nicht ganz gewöhnlichen Einsatzbereitschaft stehen. "Ohne das geht es nicht", betont der Klötzer, der ebenso wie Doris Giggel sein Zertifikat für den Einsatz in der Krisenintervention im Mai 2007 bekam.

Zu wie vielen Einsätzen sie seitdem gerufen wurden, darüber führen sie nicht Buch. "Zwei oder drei in diesem Jahr vielleicht", überlegt Horst Kricheldorf. Ein bis zwei Tage nach einem Einsatz sollen sie für sich ganz allein niederschreiben, was sie erlebt haben. "Nur für uns, zur Aufarbeitung", sagt Doris Giggel. "Nach meinem ersten Einsatz habe ich vier Seiten geschrieben", erinnert sich Horst Kricheldorf.

Darüber sprechen können sie dann unter sich - bei den monatlichen Treffen der Notfallseelsorger. Was ihre Kollegen in den zurückliegenden vier Wochen erlebt haben, wie sie selbst bei ihren Einsätzen reagiert haben und wie andere die beschriebenen Situationen bewältigt haben könnten, wird dann ganz offen miteinander besprochen, berichten Horst Kricheldorf und Doris Giggel.

Dabei ist jeder Einsatz anders. "Es geht nichts nach Buch", betont Doris Giggel. "Ihr müsst damit rechnen, dass ihr angeschrieen werdet, dass ihr auf eine Mauer von Schweigen trefft oder dass ihr nicht ins Haus gelassen werdet", hatte Thea Ilse bei einem der Treffen der Notfallseelsorger vorausgesagt. Thea Ilse ist Pastorin in Halle und dort Notfallseelsorgerin der Polizei. "Das muss man alles aushalten. Wir hören zu, wir können reden, wir warten und wir können schweigen. Wir sind das erste Pflaster - für die Seele sagte Thea Ilse einmal zu uns", erzählt Doris Giggel. "Zusammen schweigen können, ist ein ganz wichtiger Punkt", unterstreicht Horst Kricheldorf.

Träger der Notfallseelsorge im Altmarkkreis ist der evangelische Kirchenkreis und der Kreisverband Salzwedel des Deutschen Roten Kreuzes. Koordiniert wird die Arbeit der Ehrenamtlichen vom Ordnungsamt des Altmarkkreises Salzwedel. Verantwortliche sind: Angela Reinecke-Fienhold (DRK) und Klaus Gabriel (Brand- und Katastrophenschutz des Altmarkkreises).