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Neuer Investor kündigte Vertrag und ist offenbar auf der Suche nach einem Nachnutzer Ziel ungewiss - Einzelhandelsfläche im einstigen Vorzeige-Objekt steht bald leer

Von Sebastian Pötzsch 30.10.2013, 02:12

Die Verkaufsfläche im Kaufhaus O. in der Oschersleber Innenstadt wird noch in dieser Woche leer sein. "Eine Nutzungsvereinbarung ist uns gekündigt worden", sagte das Betreiberehepaar Manuela und Reinhard Schulze. Damit steht der Immobilie eine neue Zukunft bevor.

Oschersleben l Zumindest wenn es nach seinem neuen Besitzer Ilhan Sahin geht, wird die Zukunft rosig sein. Dieser plant nach unbestätigten Informationen die Weitervermietung der rund 1500 Quadratmeter großen und sich über zwei Etagen erstreckenden Verkaufsfläche an ein größeres Filial-Unternehmen. Für weitere Informationen wie die Höhe der Investitionssumme oder konkretere Pläne stand der Investor leider nicht zur Verfügung - eigenen Angaben zufolge weilt er derzeit im Urlaub. Nach Volksstimme-Recherchen handelt es sich bei dem neuen Besitzer um einen jungen Geschäftsmann türkischer Abstammung aus dem schleswig-holsteinischen Geesthacht.

"Die Mieten waren nicht zu erbringen."

Mit dem Kaufhaus O. hat Ilhan Sahin eine Immobilie mit bewegter Geschichte erworben. Im September 1995 wurde der Einkaufstempel eröffnet. Drei Oschersleber Investoren hatten rund acht Millionen Euro an Gesamtkosten aufgewendet, als das "Shop-in-Shop"-System das erste Mal seine Pforten öffnete. So boten beispielsweise ein Zoo-, ein Miederwaren-, ein Leder- und ein Spielzeuggeschäft sowie ein Herrenausstatter ihre Waren feil. Auch ein Bistro sowie ein Fitnessstudio siedelten sich hier an.

"Allerdings strotzte der Bau vor Fehlplanungen, das war schon kurz nach der Eröffnung abzusehen", erinnert sich Reinhard Schulze und meint: "Mieten von 18 bis 35 D-Mark pro Quadratmeter hätten die Gesamtinvestitionen kostendeckend wieder einbringen sollen. Doch diese hohen Entgelte waren einfach von den Geschäften nicht zu erbringen." Fakt ist, dass schon nach relativ kurzer Zeit viele Mieter das sinkende Schiff verließen. Nach Volksstimme-Informationen hatte es der damalige Generalauftragnehmer abgelehnt, das Objekt restlos fertigzustellen, weil Forderungen an die Inverstoren nicht beglichen worden waren. Zudem sollen die Bauherren der hohen Steuerbelastung nicht standgehalten haben. Diese Gründe dürften den Ausschlag dafür gegeben haben, dass das einstige Vorzeigeobjekt unweigerlich in die Zwangsversteigerung und in den Besitz der kreditgebenden Bank ging.

Ein neues Kapitel wurde im Jahr 1997 aufgeschlagen, zumindest laut Meinung von Reinhard Schulze: "In diesem Jahr nämlich mietete Familie Sowa für einen Restpostenmarkt einen Großteil der Verkaufsfläche - nur noch zwei weitere Läden befanden sich damals im Objekt." Im November 1998 habe das Familien- unternehmen dann die komplette Fläche angemietet und ein Kleinkaufhaus eröffnet. Schulze selbst war eigenen Angaben zufolge nicht nur Geschäftsführer der Oschersleber Filiale, sondern der Gesamt-GmbH. Das habe ihn rund 450000 Mark gekostet.

"Die Konkurrenz hat uns die Luft abgedrückt."

"Ich haftete natürlich auch mit meinem Privatvermögen. Als die Sowas Pleite gingen, war unser Geld zunächst futsch", erklärt Schulze weiter. Doch habe ihm die Familie zum 1. Dezember 2000 Waren und Kaufhausausstattung im Wert von rund einer Millionen Mark überlassen. "Allerdings mussten wir uns noch eine halbe Millionen Mark als Kredit von der Sparkasse leihen", erinnert sich der Geschäftsmann.

"Trotz des Neuanfangs gingen die Umsätze zurück, auch weil Verbrauchermärkte mit immer mehr Billig-Angeboten in immer größeren Non-Food-Abteilungen auf Kundenfang gingen. Die Konkurrenz hat uns regelrecht die Luft abgedrückt", sagt Schulze und betont: "Es wurde immer enger." Bis im Jahr 2008 durch den Ausverkauf der eigenen Textilabteilung eine leichte Erholung eintrat. "Im Zuge dessen konnten alle Löhne gezahlt und der Kredit durch einen Vergleich mit der Bank beendet werden. Die Sparkasse spielte dabei eine positive unterstützende Rolle", hebt Schulze hervor. Doch konnte auch er nicht verhindern, dass die Umsätze weiter in den Keller gingen und Personal abgebaut werden musste.

Auch lag es wohl nicht in seiner Macht, dass das Objekt ebenfalls 1998 von der amerikanischen Investmentbank Lehmann-Brothers gekauft worden war. Nach der eigenen Pleite im Zuge der Wirtschaftskrise habe das Bankhaus versucht, das Kaufhaus O. als Insolvenzmasse loszuschlagen.

"Aufhören kommt für uns nicht in Frage."

"In diesem Jahr war auch unser Mietvertrag nicht mehr verlängert sondern in eine Nutzungsvereinbarung gewandelt worden. Das hat den Vorteil für den Vermieter, zu weitaus kürzeren Fristen kündigen zu können", sagt Schulze. Seit dem 14. Juni heißt der neue Vermieter nun Ilhan Sahin. Und der hat von seinem Recht sogleich Gebrauch gemacht. Nach Volksstimme-Recherchen flatterten übrigens bei keinem weiteren Mieter Kündigungsschreiben ins Haus, zumindest bisher.

Für die Schulzes indes kommt Aufhören nicht in Frage. "Wir ziehen um in ein neues Domizil in der Halberstädter Straße 4 und feiern am 1. Dezember Neueröffnung", kündigt das Ehepaar an.