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Volksstimme-Leser durften sich im Rahmen der Volksstimme-Aktion "Sommerabenteuer" in der Integrierten Leitstelle Börde umsehen Notruf: Von der Katze im Baum bis zum Brand

Von Ivar Lüthe 24.07.2014, 03:22

Wo landen eigentlich die ganzen Notrufe? Und was passiert dann? Wer managt das alles? Diesen und vielen anderen Fragen sind am Mittwoch Volksstimme-Leser im Rahmen unserer Sommerabenteuer-Aktion in der Integrierten Leitstelle des Landkreises Börde nachgegangen.

Haldensleben l An der Kronesruhe in Haldensleben schlägt das Herz des Brand- und Katastrophenschutzes und des Rettungswesens im Landkreis Börde. Im dritten Geschoss des länglichen Baus ist die Integrierte Leitstelle (ILS) untergebracht. Feuerwehr- und Rettungswageneinsätze, Krankentransporte und nicht selten auch vieles andere mehr, was über den Notruf 112 abgesetzt wird, läuft hier zusammen, wird hier koordiniert und disponiert.

Einen Blick in das Herz durften am Mittwoch zehn Volksstimme-Leser im Rahmen unserer Aktion "Sommerabenteuer" werfen. Die Einblicke hinter die Kulissen gewährten ihnen Roland Läbisch, der Chef vom Fachdienst Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen, sowie Dirk Bischoff, Sachgebietsleiter der Integrierten Leitstelle.

Zunächst ging es für die Sommerabenteurer in den sogenannten Stabsraum. Im Katastrophenfall sitzen hier Experten verschiedenster Abteilungen und Institutionen zusammen, um große Einsätze wie beim jüngsten Hochwasser vor einem Jahr zu koordinieren und den Einsatzkräften vor Ort Unterstützung zu geben. Hier im Stabsraum gaben Roland Läbisch und Dirk Bischoff den Volksstimme-Lesern einen ersten Überblick, was in der Leitstelle eigentlich so alles passiert.

Rund um die Uhr an jedem Tag des Jahres wird in der Leitstelle gearbeitet. Im Drei- oder Zweischichtsystem sichern die insgesamt 14 Disponenten der Leitstelle alle Anrufe, die über den Notruf hereinkommen, ab. "Zu Spitzenzeiten, also von 7 bis 17 Uhr, sitzen hier drei Disponenten. Ansonsten ist die Leitstelle immer mit mindestens zwei Mitarbeitern besetzt", erläuterte Roland Läbisch.

Dabei müssen die Disponenten eine Menge wissen und bewältigen - das wird den Sommerabenteurern schnell klar. Die Disponenten müssen sich sowohl im Brandschutz auskennen, als auch im Rettungswesen. Dabei müssen sie stets gewichten, was gerade am dringlichsten ist und wie und durch wen am schnellsten Hilfe geleistet werden kann. Und sie stehen auch noch unter enormem Zeitdruck.

Wie der zustande kommt, erklärte Dirk Bischoff am Beispiel des Rettungswesens: "Innerhalb von zwölf Minuten muss ein Rettungswagen am Einsatzort sein. Ganz gleich in welchem Bereich des Landkreises. Davon hat der Disponent etwa eine Minute Zeit, den Notruf anzunehmen, die Lage einzuschätzen und den Einsatz zu disponieren. Dann hat der Rettungswagen gut eine Minute Zeit, auszurücken. Die restlichen zehn Minuten sind Fahrzeit." Entsprechend dieser Hilfeleistungszeit sind im Landkreis die 13 Rettungswachen verteilt und je nach Einsatzaufkommen mit einer entsprechenden Zahl an Rettungswagen ausgestattet.

Bei diesem kleinen Zeitfenster für den Disponenten sind die W-Fragen enorm wichtig: Wer ruft an? Was ist passiert? Wo ist es passiert? Wieviele Verletzte gibt es? Je genauer der Anrufer solche Fragen beantworten kann, desto schneller können die Mitarbeiter der Leitstelle auch reagieren und die Daten auf die Navigationsgeräte der Rettungswagen übermitteln. In Echtzeit sehen sie, welcher Rettungswagen einsatzbereit und in der Nähe ist beziehungsweise wo sich ein Fahrzeug gerade im Einsatz befindet.

Mehrjährige Ausbildungen und Qualifikationen nötig

Und was für Anrufe laufen eigentlich bei der Leitstelle so ein?, war eine der vielen Fragen der Sommerabenteurer. Vom freilaufenden Hund, einem fehlenden Gullydeckel, der Katze im Baum bis hin zu Klagen über Zahnschmerzen oder angefahrene Wildtiere kommt neben den Brandschutz- und Rettungseinsätzen so ziemlich alles in der Leitstelle an. Hinzu kommt noch, dass die Leitstelle auch für Krankentransporte zuständig ist.

"Da müssen die Mitarbeiter ja ganz schön was leisten", staunte Friedhelm May. Davon konnten sich die Sommerabenteurer dann auch in der Leitstelle direkt und live überzeugen. Durch die code-gesicherte und videoüberwachte Eingangstür führten Dirk Bischoff und Roland Läbisch die Volksstimme-Leser in den Raum der Disponenten. Am Arbeitsplatz von Michael Helmholz durften sie sich einen Überblick verschaffen. Fünf Monitore, ein Schaltpult und eine große Videowand hat jeder Disponent hier im Blick. Vier Monitore sind für die Einsatzbearbeitung, ein Monitor für Internet, Mail und andere Dinge. Über das Schaltpult können die Disponenten unter anderem die insgesamt acht Leitungen für den Notruf 112 steuern. Auf der großen Videoleinwand laufen unter anderem gerade gestartete Einsätze.

Wie so ein Notruf eingeht und was dann der Disponent alles eingeben muss, um einen Einsatz auszulösen, das konnte der 14-jährige Daniel Herrmann einmal ausprobieren. Mit seinem Handy durfte er den Notruf wählen, Michael Helmholz zeigte dann, was er alles anklicken und eingeben muss. Natürlich nur zu Testzwecken. Der 14-Jährige war ganz begeistert von der Arbeit eines Disponenten. "Was muss man für eine Ausbildung haben?", fragte der junge Mann, der aus Burgwerben bei Weißenfels stammt und gerade eine Ferienwoche bei seinen Großeltern Karin und Dieter Weinert in Emmeringen verbringt.

Zunächst benötigt jeder Disponent eine mehrjährige Feuerwehrausbildung bis zur nötigen Qualifikation. Dann folgt eine Ausbildung zum Rettungssanitäter oder zum Rettungsassistent. Erst dann folgen die Qualifikation zum Disponenten und noch jährliche weitere Qualifikationen, erläuterte Dirk Bischoff. Schließlich müssen sich die Mitarbeiter in den verschiedenen Einsatzgebieten auskennen, um die Lage richtig einschätzen und die entsprechenden Hilfsmaßnahmen einleiten zu können.

Wieviele Anrufe pro Tag in der Leitstelle auflaufen, können die Disponenten gar nicht recht sagen. Es sind hunderte. 130 bis 150 Einträge erledigen sie pro Tag, schätzt Disponentin Bianca Weiß. Wobei es pro Eintrag mehrere Anrufe geben kann. Hinzu kommt auch noch der Funkverkehr mit den Einsatzkräften.

Alle Daten werden gesichert

Dabei wird alles, was die Disponenten eingeben, auch jeder Anruf, aufgezeichnet. Zur Sicherung. Ein Jahr lang werden die Daten aufbewahrt. Dass man dafür und für die ganze Technik viele Computer benötigt, davon konnten sich die Sommerabenteurer im Serverraum überzeugen. So groß wie ein geräumiges Kinderzimmer beherbergt er zig Schränke voller Server. Alles gesichert - auch bei einem Stromausfall. In dem Fall springen Notstromaggregate an und gewährleisten weiter die 24-Stunden-Arbeit der Leitstelle.

Zum Ende der gut zweistündigen Runde durch die Leitstelle zeigte Rettungsassistent Steffen Thiele den Volksstimme-Lesern einen Rettungswagen und seine Ausrüstung. Mit vielen Eindrücken und neuen Erkenntnissen ging es für die Sommerabenteurer dann wieder heim. Bei einem der nächsten Ausflüge mit der Volksstimme wollen viele von ihnen auf jeden Fall wieder mitmachen und sich bewerben.

Die nächste Möglichkeit eröffnet sich kommenden Mittwoch. Dann führt das Sommerabenteuer in die Motorsportarena Oschersleben. Die Teilnahme an allen Aktionen ist kostenlos, die Anfahrt erfolgt jedoch privat. Die Zahl der Teilnehmer ist jeweils begrenzt. Interessenten können sich mit einem Coupon anmelden, der jeweils eine Woche vor der Aktion in der Volksstimme erscheint. Unter den Einsendern entscheidet am Ende das Los. Die Gewinner werden telefonisch benachrichtigt und erhalten dann alle weiteren Informationen.