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Betrachtungen zwischen Sinn und Unsinn der Badeleber Wildbrücke Wechselspuren auf dem umstrittenen Monument

Von Ronny Schoof 27.08.2014, 03:25

Betongrau und sonnengelb überspannt sie seit einem Jahr die B 245 bei Badeleben, die Wild- brücke, deren Errichtung heftige Bürgerkritik ausgelöst hatte. Erfüllt das Bauwerk nun wenigstens seinen Zweck? Die Volksstimme hat sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Spurensuche begeben.

Badeleben l Über ein Jahr lang war die Bundesstraße zwischen Ummendorf und Badeleben gesperrt. Als im Sommer 2012 der Abriss der maroden ehemaligen Bahnbrücke erfolgte, gab es kein (offizielles) Durchkommen mehr. Das allein, gepaart mit einer nervenraubenden Umleitung über viele Monate hinweg, hatte schon großen Unmut bei Anwohnern und Berufspendlern erregt. Der Ärger kulminierte, als bekannt wurde, dass ein Brückenneubau mit dem einzigen Zweck der sicheren Querung von Wildtieren und somit der Vermeidung von Wildunfällen hochgezogen wird, Kostenpunkt: mindestens 700000 Euro öffentlicher Gelder.

In Badeleben und Umgebung gab es darüber kollektives Kopfschütteln. Selbst die Brückenbauer vor Ort bekundeten hinter vorgehaltener Hand herbe Zweifel an Sinn und Größenordnung ihres Auftrags. In Hans-Joachim Schell prangerte ein Bürger das Projekt immer wieder öffentlich und gegenüber Behörden und Kontrollinstanzen an - letztlich vergeblich. Die Brücke steht. Aber wird sie auch genutzt? Die Antwort lautet tatsächlich ja. Zumindest deuten die Rückschlüsse, die man bei genauerer Beobachtung an der sogenannten Wildspange ziehen kann, darauf hin. Es gibt eindeutige Spuren.

Die Brücke selbst und ihre seitlichen Ausläufer sind zur Straße hin abgeschottet, ebenso das in südlicher Lage angeschlossene Gewerbegebiet mit dem neuen Solarpark. Zäune, Wände, Schalungen, feste Barrieren und Verkleidungen sorgen dafür, dass Mensch und Tier allenfalls von Acker und Feld aus, etwa 30 Meter von der Straße entfernt, auf die Brücke gelangen können.

Im kniehohen Gras obenauf findet sich ein schmaler Wildwechsel, also ein regelmäßig von Tieren genutzter Trampelpfad. Rundliche Huf- und Pfotenabdrücke liefern entsprechende Indizien, und ein passionierter Waidmann aus der Gegend bestätigt auf Volksstimme-Anfrage: "Es dürfte sich wahrscheinlich um Damwild und/oder Rehwild handeln, die haben feste Routen zwischen Sommerschenburg und Wormsdorf und ziehen in Reihe hintereinander über so einen Wechsel. Vielleicht auch Schweine."

Die Spur der Tiere lässt sich bis zu den kleinen Böschungen verfolgen, die beiderseits der Straße ins freie Feld übergehen. Trotz mehr als einjähriger Pause und der Industriebebauung scheint das Wild also seine Lektion (wieder) gelernt zu haben und die Brücke als Wanderhilfe für Fuchs und Hase, Hirsch und Reh ihrer Bestimmung gerecht zu werden.

"Es ist trotzdem Verschwendung gewesen, der Abriss hätte gereicht", beharrt der Badeleber Brückenkritiker Hans-Joachim Schell auf seiner Sicht. Er verweist auf zwei Vorfälle, die ihm seit der Straßenfreigabe im August des Vorjahres bekannt geworden sind: "Einmal bin ich selbst auf einen Wildunfall oben auf dem Ummendorfer Berg zugekommen, wenig später hat mir ein Bekannter aus Völpke von seinem Fast-Zusammenstoß berichtet, als die Rehe direkt neben der Brücke über die Straße gelaufen sind." Süffisant fügt Schell an: "Das ist also letztlich dieselbe Situation wie vorher oder wie sie ganz ohne Brücke sein würde, nur dass es hier mit der Brücke jetzt schön aussieht, wenn die Sonne scheint. Man muss ja schon dankbar sein, dass hierfür nur eine oder zwei Millionen verschwendet worden sind. Es gibt andere Beispiele, wo für so eine unnütze Brücke das Zehnfache ausgegeben wurde."