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Kita wagt sich noch tiefer in den Wald

01.12.2014, 09:53

Der Name "Waldkindergarten" wird für die halbe Marienborner Kindertagesstätte Programm. Im Frühjahr soll sie starten, die avisierte Waldgruppe, die den ganzen Vormittag bei Wind und Wetter im Forst verbringt. Zwei Erzieherinnen haben zu diesem Zweck extra die Schulbank gedrückt und eine Prüfung bestanden.

Marienborn l Das Zertifikat "Waldpädagogik" wird Britta Felder und Saskia Plate in dieser Woche offiziell überreicht. Mehr als ein Jahr Fortbildung liegt hinter den beiden Erzieherinnen. Zu dritt hatten sie im September 2013 angefangen, Kollegin Annette Ahrend übernahm vor wenigen Wochen aber die Leitung des Kindergartens in Hötensleben, sodass Felder und Plate die Abschlussprüfung am 15. Oktober im Duett absolvierten. Nach dem Winter legen sie los: "Wir machen eine Waldgruppe auf, die sich täglich von neun bis zwölf draußen im Wald aufhalten und dort Angebote von Gestalten über Sport bis Entspannung wahrnehmen wird."

Damit schlägt die Marienborner Betreuungsreinrichtung einen neuen Weg ein, der das ohnehin vom Wald vor der Haustür geprägte Kindergartenkonzept weiter vertieft. "Unser Name \'Waldkindergarten` war einst ein Einfall von Frau Babick, deren Enkel die Einrichtung besuchten. Damit wurden die idyllische Lage am Rande des Lappwalds und die sehr naturverbundene Betreuung der Kinder umschrieben", weiß Leiterin Doreen Helf. Auf dieser Basis wuchs schließlich der Wunsch, Wald und Kindergarten tatsächlich auf einen Nenner zu bringen; bei den Erzieherinnen reifte der Gedanke, den Namen täglich gemeinsam mit den Kindern in einer Waldgruppe zu leben. Der von den Eltern mitgetragenen Idee folgten also Taten.

Ausbildung in Hundisburg

"So, wie es angedacht war, brauchte es natürlich amtliche Genehmigungen sowie dem Waldkonzept entsprechend ausgebildete Pädagogen", erklärt Doreen Helf mit Blick auf die voriges Jahr hinter den Kulissen in Gang gesetzte Anlaufmaschinerie. Die Verbandsgemeinde Obere Aller als Träger der Kita, das Jugendamt des Landkreises und das Forstamt Ostharzbetrieb hätten das Ansinnen nach Kräften unterstützt, so Helf. Und nicht zuletzt das "Haus des Waldes" in Hundisburg, wo die Erzieherinnen ihre aus mehreren Modulen zusammengesetzte nebenberufliche Weiter- und Ausbildung zum Waldpädagogen aufnahmen.

Dabei wurden forstliche und ökologische Kenntnisse sowie auch rechtliche und formale Grundlagen vermittelt. Im praktischen Teil mussten sie das neuerworbene Wissen in Kinder- und Jugendgruppen und in einem 40-Stunden-Praktikum im Waldkindergarten "Birkenwäldchen" in Satuelle unter Beweis stellen. Dieser ist übrigens eine durchweg auf den Standort Wald konzipierte Einrichtung und diente den Marienbornern als Vorbild. "Aus Satuelle haben wir zahlreiche Tipps für unser Anliegen bekommen und auch die Empfehlung, in kleinen Schritten vorzugehen, also erst mal mit einer Gruppe anzufangen", sagt Doreen Helf.

Nun ist es für Britta Felder und Saskia Plate geschafft, sie haben die Prüfung bestanden: "Das war für uns insgesamt und bei der Prüfung speziell noch mal eine ganz neue Erfahrung", sagt Felder, "denn die haben wir mit einer 25-köpfigen Schulklasse absolviert." Parallel dazu ist die Konzeption fertig, die mit dem Antrag auf Änderung der Betriebserlaubnis beim Jugendamt eingereicht wird. "Das ist notwendig, weil quasi der komplette Gruppenbetrieb über den Vormittag nicht mehr direkt hier im Haus erfolgt", erläutert Doreen Helf.

Die Waldgruppe bekommt ein stationäres Domizil in Form eines Bauwagens. Den Platz dafür hat man mit dem Forstamt bereits gefunden, unweit des Kindergartens, nur knappe 200 Meter entfernt, damit die gesamte Logistik für Material und Ausstattung nicht unnötig erschwert wird und - ganz wichtig - ein Rettungsweg besteht. "Vornehmlich aber werden wir drei Stunden wirklich nur im Wald unterwegs sein", betonen Felder und Plate. Das Wetter spiele keine Rolle, solange kein schwerer Sturm tobt beziehungsweise extreme Wetterlage vorherrscht. "Wir kennen genügend Anlaufpunkte im Wald, und vieles wird eben auch spontan und situationsbedingt ablaufen", blickt Britta Felder voraus. "Auf jeden Fall wissen wir aus eigener Erfahrung bereits, dass die Kinder im Wald immer irgendwas entdecken, das sie fasziniert und beschäftigt, womit sie spielen und experimentieren können sowie lernen und gestalten." Für die ehemalige Leiterin des "Waldkindergartens" gehe damit ein über Jahre gehegter Wunsch in Erfüllung, "weil bei uns generell alles an den Wald angelegt ist".

Gruppe offen für alle

Bis zu 18 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren kann die Waldgruppe aufnehmen. "Für den Anfang werden es wohl acht bis zwölf sein, das hat sich so nach den ersten Elternbefragungen abgezeichnet", sagt Leiterin Helf und erhofft sich von dem neuen Angebot Interesse auch von außerhalb: "Das ist ja nicht auf Marienborner Eltern beschränkt, sondern offen für alle. Es besteht freie Wahl bei der Suche nach einen Kindergartenplatz, und vielleicht erreichen wir mit der Waldgruppe Familien in der Umgebung, die genau so etwas für ihre Kinder bevorzugen."

Voraussichtlich im Januar werde die Kita Marienborn zu einem Infoabend einladen, um das Projekt näher vorzustellen, Fragen zu beantworten und weitere Ideen aufzunehmen.