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Frühlingstagung des Altmärkischen Geschichtsvereins dreht sich um Seehausen und den 30-jährigen Krieg Historiker unterhalten mit Zahlen und Anekdoten

Von Astrid Mathis 22.04.2013, 03:25

Der Altmärkische Verein für Vaterländische Geschichte zu Salzwedel tagte am Sonnabend in Seehausen. Auf den Tisch kamen das Gerichtsbuch und das Kirchenbuch aus dem 30-jährigen Krieg der Hansestadt.

Seehausen l Auf Initiative des verstorbenen Bürgermeisters Ewald Duffe war es überhaupt zu diesem Tagungsort, der DRK-Begegnungsstätte in Seehausen gekommen. Das neue Stadtoberhaupt Detlef Neumann betonte, wie erfreut er darüber sei. Dass Seehausen eine Besonderheit ist, brachten die Vortragenden den 40 Geschichtsinteressierten schnell bei.

Mario Huth, Doktorand an der Universität Potsdam, beschäftigt sich seit eineinhalb Jahren mit dem Gerichtsbuch von Seehausen (1447 bis 1503), das 540 Seiten umfasst. Die ersten 20 waren die schwersten, sagt er, denn die Mischung aus Mittelniederdeutsch und Latein hat es in sich. 270 Seiten hat er durch. 1000 Euro Unterstützung hat das Projekt bereits durch den Vorsitzenden des Altmärkischen Geschichtsvereins, Bernhard von Barsewisch, bekommen, es fehlen noch 10000 Euro. "Die Quelle ist wirklich einzigartig für die märkische Region", betonte er und schloss einen Spendenaufruf an. In diesem Buch, erfuhren die Zuhörer, geht es um Hypotheken, Verleumdung, Körperverletzung und Testamente.

Bernhard von Barsewisch hatte sich das Kirchenbuch von Seehausen und den 30-jährigen Krieg vorgenommen. Die Einbrüche während der dreimaligen Plünderungen durch die Schweden seien deutlich abzulesen. Statt 20 standen 12 Trauungen maximal zu Buche. Eine bemerkenswerte gab von Barsewisch zum besten.

Bräutigam stirbt während der Hochzeit

So hatte es sich einmal zugetragen, dass die Trauung daheim stattfinden musste, weil der Bräutigam krank war. Noch während der Eheschließung segnete er das Zeitliche.

Üblich waren bei Taufen übrigens drei Paten, bei unehelichen Kindern wurden es mehr. Sozusagen als Sozialversicherung. In einem Fall heißt es, es sei das dritte Hurenkind, und besagtes hatte sage und schreibe 15 Paten auf der Liste. Im Notfall, sprich: wenn das Kind krank war, fand die Taufe schon mal zu Hause statt. Für die unehelichen Sprösslinge war Taufzeit nach dem Mittagessen, während andere, "anständige", in den Vormittagsdienst eingebunden wurden.

Bernhard von Barsewisch war beim Recherchieren außerdem auf einen ungewöhnlichen Ausdruck gestoßen.

Was heißt: "Kind unterm Fuß gebracht ?"

So sei ein Kind des Schuhmachers unterm Fuß gebracht worden. Ein Teilnehmer mutmaßte, genau hinter dieser Formulierung könnte sich eine sonst verschwiegene Vergewaltigung verbergen.

Ungern gesehen, hatte der Historiker herausbekommen, waren zu frühe Geburten nach der Eheschließung. Da reihten sich die Täuflinge dann bei den Hurenkindern am Nachmittag ein. Ausgerechnet bei einem Kantor selber waren die Zahlen geschwärzt. Die Unterschrift eines weiteren Pfarrers bestätigt aber, dass auch dieses Kind eine gute Sozialversicherung hatte.

Nach dem Mittag sahen sich die Gäste in der St. Petrikirche um.