1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Wenn Opfer und Täter erzählen

Polit-Theater simulierte im Gymnasium Diskussion zum Thema Gewalt Wenn Opfer und Täter erzählen

Von Undine Theiß 16.10.2013, 01:12

Osterburg l "Was ist Gewalt? - Täter und Opfer berichten über ihre Erfahrungen mit Gewalt auf einer Podiumsdiskussion". So lautete die Ankündigung für die Schüler der 9. Klasse des Markgraf-Albrecht-Gymnasiums Osterburg. Die Agentur "Mensch - aber wie?" habe Menschen gecastet und unter Vertrag genommen, die auf verschiedene Weise mit Gewalt in Berührung gekommen seien. Diese fünf Personen sollen im Beisein eines Moderators über ihre persönliche Betroffenheit reden.

Zunächst begann ein Türke zu erzählen, dessen Freund von Rechtsextremen in einer Kneipe zum Krüppel geschlagen wurde. Ihm folgte eine Schülerin, die mit ihren coolen Sprüchen eine Mitschülerin in den Selbstmord getrieben hat. Ein Lehrer für Mathe und Geschichte berichtete über seinen Frust aus dem Schulalltag, der dazu führte, dass er einen Schüler verprügelte. Ein straffällig gewordener Neonazi muss ebenfalls an der Tour teilnehmen. Er mischte einen Laden auf, der von Vietnamesen übernommen wurde. Seine Mutter verlor dabei ihre frühere Stelle als Verkäuferin. Zum Schluss erzählte eine Frau, die noch deutliche Spuren einer Gewalttat im Gesicht trug, wie sie Zeugin einer Vergewaltigung wurde und dazwischen ging. Ihr Fazit: In Zukunft wird sie auch lieber wegschauen.

Schüler kritisieren Neonazi und meiden Mobberin

Nach dieser Einführungsrunde begaben sich die Podiumsteilnehmer in verschiedene Ecken der Aula und stellten sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler. Diese durften im Anschluss anhand eines Fragebogens die jeweilige Person bewerten. Dabei ging es darum einzuschätzen, wie sympathisch ihnen die Person war, was sie gestört hat und welche Tipps sie ihm oder ihr mit auf den Lebensweg geben würden.

Großes Gedränge kam beim Neonazi auf. Die Schüler brachten ihr Unverständnis und ihre Wut über seine Einstellung zum Ausdruck. Die Mobbing-Täterin wurde hingegen von den meisten Schülern gemieden, weil sie angsteinflößend wirkte. Im Anschluss wurden die zum Teil sehr sensiblen Einschätzungen der Gruppen von einem ausgewählten Sprecher vorgetragen. Erst jetzt wurde die Situation aufgelöst und die Podiumsteilnehmer gaben sich als Schauspieler zu erkennen. Sie bestätigten aber, dass die Inhalte ihrer Rolle auf wahren Ereignissen basieren. Alle Darsteller gaben zudem an, eine persönliche Beziehung zur dargestellten Rolle zu haben.

Auch wenn sich dadurch bei den meisten Schülern die Anspannung löste, war dennoch eine Beklemmung über die dargestellten Ereignisse zu spüren.

Im Anschluss nutzten die Neuntklässler die Möglichkeit, den Darstellern des politischen Theaters "Theatertill" aus Nordrhein-Westfalen Fragen zu stellen. Die Schulleiterin Elke Hein bedankte sich nicht nur bei den überzeugend agierenden Schauspielern, sondern auch bei der Sozialarbeiterin Karin Christiansen-Weniger, die die Schule auf dieses pädagogische Angebot der Unfallkasse Sachsen-Anhalt aufmerksam gemacht hat.