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Christopher Kohn aus Seehausen spricht über seine Schauspielerei, Vorbilder und Ziele "Hier muss ich mich nicht verstellen"

Von Astrid Mathis 13.11.2013, 02:05

Freunde von Christopher Kohn erzählen, dass er schon immer Schauspieler werden wollte. Dabei fand er Journalismus interessant. Am 17. und 18. November ist der 28-Jährige aus Seehausen gleich zweimal auf der Mattscheibe zu sehen.

Berlin/Seehausen l Seit 2010 ist Christopher Kohn in Berlin zu Hause. Sechs Jahre Köln waren ihm genug. Die Zeit, in der er in der Osterburger Volksstimme ein Praktikum machte, ist lange her. Vor dem Abitur hatte der damals 19-Jährige seinen Studienplatz für Medienwirtschaft schon in der Tasche, als ihn seine Sammelleidenschaft für Basketballkarten nach Berlin führte. Mit Freunden und Schönes-Wochenende-Ticket landete er in der deutschen Hauptstadt und klapperte gerade Geschäfte nach den Karten ab, da sprachen ihn Casting-Scouts an und erklärten, er wäre der passende Typ für die Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", und er solle sich bewerben.

"Zu spielen war ganz komisch"

Seine Mutter meinte: "Mach\' doch mal!" Und Christopher Kohn machte, schoss noch ein Video von sich mit Papas Kamera, und los ging\'s. Für\'s Casting über fünf Runden schwindelte er und schwänzte eine Schulaufführung. "Zu spielen war ganz komisch und neu für mich", erinnert er sich heute. Mit der Rolle klappte es nicht, aber der sympathische Seehäuser kam an und in die Nachwuchsfördergruppe von Grundy UFA (heute UFA), wo er ein Jahr Schauspielunterricht erhielt. Parallel dazu ging er seinem Medienwirtschaftsstudium in Köln nach, das er 2008 mit dem Diplom abschloss.

Nach ersten Schauspielschritten in der Serie "Mittendrin" (2005/2006) kam er zu "Schloss Einstein". Mit der Hauptrolle als Ben Bergmann in "Hand aufs Herz" (2010/2011) spielte Christopher Kohn sich endgültig in die Herzen der Zuschauer. Seit sieben Jahren fühlt er sich als Schauspieler. Den Moment, als ihn eine Schulkameradin im "GZSZ"-Magazin entdeckte, hat er nicht vergessen. Klar wusste seine Familie davon, aber ansonsten behielt er sein Geheimnis für sich, bis er über den Bildschirm flimmerte. "Ich bin trotzdem nichts Besseres, rufe nicht jeden an und sage: Ich bin morgen im Fernsehen", so der Wahl-Berliner. Er freut sich, wenn sich ehemalige Klassenkameraden bei Facebook und Twitter einfach melden, nachdem sie etwas gesehen haben, was ihnen gefällt.

Sein großes Vorbild ist übrigens Leonardo di Caprio, denn er findet: "Er ist einer der besten Schauspieler meiner Generation." Den Film "Der große Gatsby" hat Kohn unzählige Male gesehen, jedes Mal mit Gänsehaut. Weil er nicht stehenbleiben will, nimmt er nach wie vor Unterricht, sogar von Leonardos Coach Larry Moss. Den Schauspieler Ryan Gosling oder solche Kinostars wie Johnny Depp, Robert de Niro und Jack Nicholson würde er schon gern mal treffen. "Was hätte ich damals gegeben für eine halbe Stunde mit Heath Ledger!" sagt Christopher Kohn schließlich. Ledgers letzten Film "The Dark Knight" kennt er in- und auswendig. Ein Fan schenkte ihm zum Geburtstag zu seiner großen Freude den Heath-Ledger-Fotoband. Aber er hat noch ein anderes großes Idol: Dirk Nowitzki. Weil er ein Weltstar und trotzdem auf dem Boden geblieben ist. Als Basketballfan flog Kohn 2008 für vier Wochen extra zu den "Dallas Mavericks" nach Amerika. Kennengelernt hat er ihn bis heute nicht. Warten wir\'s ab!

Cornwall: Erste Auslands-Produktion

Die Rolle als Prince Charming liegt dem Schauspieler, aber er betont: "Die Herzensbrecher, die ich spiele, haben so ein großes Selbstbewusstsein. Ich bin das Gegenteil. Das ist die Herausforderung." Emotionale, gebrochene Menschen findet Kohn unheimlich interessant. Er ist gern auf der Seite der Schwächeren. Sein Traum wäre es, irgendwann in einer so starken Serie wie der US-Reihe "Breaking Bad" zu spielen, in einer Serie, für die noch Geld und Zeit da ist - mit guten Rollen und gutem Drehbuch. Action findet er "cool", Komödien wie die von Matthias Schweighöfer mag er auch, über Jim Carrey schüttet er sich aus vor Lachen. "Ich lache so gerne!" sagt er, aber am Ende kommt er zu dem Schluss, dass sein Herz für das Drama schlägt. Filme wie "In Zeiten des Aufruhrs" mit Leonardo di Caprio und Kate Winslet hauen ihn um. Er weiß, wie ihn Filme in eine andere Welt mitnehmen; den Anspruch hat er auch an sich selbst. Wenn ihm jemand schreibt "du hast mich berührt", ist es das schönste Kompliment. Emotional mitzureißen, zu unterhalten, ist sein Antrieb. Das Wort "Fan" gefällt ihm nicht. Es seien ja Menschen, die ihn unterstützen und begleiten. Darum beantwortet er jede Post und redet lieber mit Leuten, die auf ihn bei einer Premiere warten, als über den roten Teppich zu spazieren. "Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren", begründet er. Natürlich hat sich das Publikum verändert, ihm schreiben inzwischen auch Männer und Frauen über 70, die sich extra für ihn bei Twitter anmelden. Nach der Pilcher-Ausstrahlung vielleicht noch mehr. Auch der Dreh-Rhythmus ist ein anderer. Während der Telenovela "Hand aufs Herz" war Christopher Kohn mit nächtlichem Textlernen 16 Stunden täglich mit der Serie beschäftigt. "Ich musste auf Knopfdruck funktionieren und habe in einem Jahr Telenovela so viel gelernt wie in keinem Workshop." Für Gespräche mit dem Regisseur über Ideen blieb keine Zeit. Ganz anders war der Pilcher-Dreh in Cornwall in der Regie von Helmut Metzger im April dieses Jahres in schönster Landschaft bei 12 Grad, Kohns erste Produktion im Ausland. Proben waren zeitlich möglich.

Eher der Typ, der am Rande sitzen möchte

Außerdem sprach das halbe Team die Szenen auf Englisch, so dass oft nachsynchronisiert wurde. So eine TV-Legende wie "Traumschiff"-Kapitän Siegfried Rauch zu treffen, der einst an der Seite von James Dean spielte, zog den Schauspieler ans Set, auch wenn er nicht dran war, "weil man von so einer Legende schon allein beim Zuschauen viel lernen kann."

Die Rolle als charmanter junger Halbspanier mit einem finanziellen Problem wie im Pilcher-Film steht im krassen Gegensatz zu der als drogensüchtiger Homosexueller in der "SOKO 5113"-Folge im ZDF Montagabend. In der glaubhaften Darstellung eines Menschen sieht Christopher Kohn die größte Herausforderung der Schauspielarbeit. "Am Ende des Drehtages will ich das Gefühl haben, ich habe alles gegeben", betont Kohn. Dafür beschäftigt er sich vor dem Textlernen mit Psychologie und personalisiert das Material mit Menschen aus seinem Umfeld. Ein weggeschnittenes Schweigen im Film, das ihm wichtig war, kann ihn dann ernstlich verärgern. Er war auch noch nie ganz zufrieden mit dem Ergebnis, das sich ihm auf der Leinwand präsentierte, gesteht der Schauspieler.

"Mein Traum ist, in zehn Jahren immer noch vom Beruf leben zu können", erklärt Christopher Kohn und fügt gleich darauf hinzu, "aber wenn ich ehrlich bin, würde ich dann gern zu den erfolgreichsten deutschen Schauspielern gehören. Alles andere wäre gelogen." Höhenflüge? Nein! Er hat keinen Zweifel daran, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. "Weil ich selbstkritisch bin und meine Eltern habe, die zwar stolz sind, aber mir nicht das Gefühl geben, ich wäre was Besonderes. Der wichtigste Grund ist aber meine innere Einstellung." Er spiele ja um des Spielens Willen. Weil das seine Leidenschaft ist. Davon abgesehen sei Kohn privat eher der Typ, der am Rand sitzen möchte und sich bei Fotoshootings unwohl fühlt.

Die Altmark wird immer seine Heimat bleiben, Seehausen empfindet der 28-Jährige als idealen Ort zum Aufwachsen. Wenn Christopher Kohn einmal in drei Monaten nach Hause kommt, geht er am liebsten spazieren, genießt das Grün im Schillerhain und abends einen Diskobesuch mit Freunden. "Hier kenne ich alles und muss mich nicht verstellen. Ich fühle mich hier so, wie ich mich als Schüler fühlte - das ist Heimat."