1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Osterburg
  6. >
  7. Bis zum Kirchentag geschwappt

EIL

Diskussion in Werben Bis zum Kirchentag geschwappt

Eine theologische Betrachtung der Katastrophe blieb bei der
Gesprächsrunde gestern weitgehend aus. Viel drehte sich um DIN-gerechte
Deiche, Polder und Rückverlegungen.

Von Bernd-Volker Brahms 16.06.2014, 03:42

Werben l Auch wenn Moderator Propst Christoph Hackbeil gestern sehr darum bemüht war, bei einer Hochwasser-Diskussion auf dem Werbener Deich dem Thema eine theologische Note zu geben, drehte sich die Gesprächsrunde letztlich doch fast ausschließlich um profanere Aspekte. Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) betonte, dass bis 2020 im Land ein Konzept zum Hochwasserschutz abgearbeitet werde. "Das Geld steht zur Verfügung", versicherte der Minister. Es gehe um Erhöhung der Deiche, den DIN-gerechten Ausbau sowie die Rückverlegung von Deichen und die Schaffung von Überflutungspoldern.

Minister: Nicht genug Zeit für Deichbau gehabt

"Nach dem Hochwasser 2002 hatten wir nicht genügend Zeit, alles fertig zu bekommen", sagte Aeikens. Trotzdem seien seither 500 Millionen Euro landesweit dafür ausgegeben worden. "Wenn wir nichts gemacht hätten, dann wäre die Katastrophe 2013 ungleich heftiger ausgefallen", so der Minister. 2002 habe es etwa fünf Prozent Din-gerechter Deiche gegeben, im vergangenen Jahr habe der Anteil bei über 50 Prozent gelegen.

Ernst-Paul Dörfler vom Umweltverband BUND kritisierte, dass alles zu langsam geht. "Nur fünf Prozent der finanziellen Mittel werden für Personal ausgegeben." Aus seiner Sicht sei in Sachsen-Anhalt beim Hochwasserschutz bislang konzeptionslos vorgegangen worden. Es müssten mehr Überflutungsgebiete geschaffen werden. "Wir müssen uns überlegen, wie unsere Flußlandschaften aussehen sollen", sagte Dörfler vor rund 150 Zuhörern auf Brenners Deich.

Überschrieben war die Diskussion mit dem Titel "Nah am Wasser gebaut". Propst Siegfried Kasparick, der seit 2002 in der Lutherstadt Wittenberg tätig ist, wies darauf hin, dass es für viele Menschen im vergangenen Jahr wichtig gewesen sei, dass es eine Institution wie die Kirche gegeben habe, die die Einzelschicksale wahrgenommen und die Menschen begleitet hätte. In einem späteren Stadium sei es auch wichtig gewesen, auf solidarisches Denken und Handeln hinzuwirken. In der Extremsituation sei Streit, Neid und auch Missgunst an einigen Stellen aufgebrochen. "Da muss man als Institution gegenhalten", so Kasparick.

Sigrun Höhne, die bei der Evangelischen Landeskirche für die Dienste auf dem Land zuständig ist, berichtete über kircheninterne Diskussionen, wonach die Kirche eigene Flächen für den Hochwasserschutz zur Verfügung stellen wird, sofern dies sinnvoll ist. Die Kirche ist der drittgrößte Landbesitzer in Sachsen-Anhalt, wie Höhne angab. Die Verpachtung von Ländereien insbesondere an Landwirte stelle eine wichtige Einnahmequelle dar. Landwirt Ernst-Arno Isecke aus Warnau, der sich aus dem Publikum heraus äußerte und der 2013 selbst vom Hochwasser betroffen war, kritisierte, dass gerade die Kirchen eine sehr hohe Pacht für Ländereien verlangen würden.

Der Landwirt Torsten Werner, der zu den Diskutanten gehörte, sagte, dass es eine erhöhte Bereitschaft gebe, Polderflächen zur Verfügung zu stellen. "Mehr noch als für Deichrückverlegungen", so Werner. Polder würden nur im Bedarfsfall für Landwirte unbrauchbar. Rückverlegungen würde jedoch die nutzbare Fläche verringern.

Landrat: Vertrauen muss zurück gewonnen werden

Landrat Carsten Wulfänger (CDU) sprach darüber, dass noch viel Vertrauen bei den Menschen zurück gewonnen werde müsse. "Die wollen wissen, ob die Deiche halten", so der Landrat. Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens sagte: "Wir tun viel, einen hundertprozentigen Schutz gegen alle Wechselfälle der Natur gibt es aber nicht."