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Kindertagesstätte Werben Mutter sieht Erzieherinnen überfordert

Wegen problematischer Zustände in der Kita Werben und dem aus ihrer
Sicht schleppenden Umgang der Verwaltung mit ihrer diesbezüglichen
Beschwerde hat sich nun die Mutter eines Krippenkindes an die
Volksstimme gewandt. Sie berichtet unter anderem, dass ihre Tochter
mehrfach von einem anderen Kind gebissen worden sei.

Von Andreas Puls 01.10.2014, 03:04

Werben l Seit Februar dieses Jahres besucht die eineinhalbjährige Tochter von Evelyn Kühnel die Kindertagesstätte "Storchennest" in Werben. Anfangs sei sie zufrieden gewesen, berichtet die Mutter. Aber schon bald bekam ihr zunächst positives Bild von der Einrichtung Kratzer. Ihr sei oft aufgefallen, wie viele Kinder eine einzelne Erzieherin in der Einrichtung zu betreuen habe und dass sie damit nicht selten überfordert sei.

In den vergangenen rund zwölf Wochen, so Evelyn Kühnel, sei ihrer Tochter insgesamt fünfmal von einem Kind ins Gesicht gebissen worden; einmal sogar an mehreren Stellen. "Die Bissstellen waren teils blutig und entzündet", beschreibt die Mutter. Und sie fügt hinzu: "Ich habe das Gespräch mit Erzieherinnen gesucht. Am besagten Tag fragte ich, wie lange die Kinder unbeaufsichtigt waren, dass der kleine Junge Zeit hatte, mehrfach hinterein- ander zu beißen, ohne dass jemand meiner Tochter half." Eine der Antworten habe gelautet, dass der Junge noch zu klein für Strafen sei und dass ihre Tochter sich einfach nicht dagegen gewehrt habe. Gerade letztere Antwort habe sie nicht fassen können.

Nach langem Überlegen wandte sich die Mutter schließlich an den Hauptamtsleiter der Verbandsgemeinde (VG) Arneburg-Goldbeck, um sich zu beschweren. Sie schilderte ihm die Vorkommnisse teilweise schriftlich und machte ihn auf den aus ihrer Sicht in der Kita offensichtlichen Personalmangel aufmerksam. Verbunden war die Beschwerde mit der Bitte, schnellstmöglich tätig zu werden, sowie die Aufforderung sie als Mutter über eingeleitete Maßnahmen zu informieren.

"Ein klärendes Gespräch wäre wünschenswert." - VG-Bürgermeister Eike Trumpf

Wie der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck, Eike Trumpf, auf Nachfrage der Volksstimme ausführte, habe sich Hauptamtsleiter Gabel nach der Beschwerde mit der Kita in Verbindung gesetzt - mit dem Ziel, eine Klärung herbeizuführen. Es habe zwischenzeitlich ein Gespräch zwischen der Kita-Leiterin Astrid Dickehut und Evelyn Kühnel gegeben. "Am 23. September gab es außerdem eine Besprechung zwischen Herrn Gabel und den Erzieherinnen. Die von Frau Kühnel geäußerten Vorwürfe, insbesondere was blutige und entzündete Bissstellen betrifft, wurden seitens der Erzieherinnen nicht bestätigt." Zwischenzeitlich, so Trumpf weiter, habe es auch ein Gespräch zwischen der Kita-Leiterin und Frau Kühnel gegeben. Außerdem habe der Hauptamtsleiter die beschwerdeführende Mutter zu einer Kuratoriumssitzung am 7. Oktober eingeladen, um nochmals zu versuchen, die im Raum stehenden Vorwürfe zu klären. Gabel habe sich angeboten, das Gespräch zu moderieren. "Ein klärendes Gespräch wäre wünschenswert", so Trumpf.

Evelyn Kühnel wirft dem Hauptamtsleiter im Gespräch mit der Volksstimme auch zögerliches Handeln vor. Nach der Beschwerde, berichtet sie, sei etwa zwei Wochen lang nichts passiert. Zudem habe sie zweimal bei Ronny Gabel angerufen. Er habe sich zunächst so geäußert, dass er nicht wisse, von welcher Beschwerde sie spreche. Dann habe er mitgeteilt, dass die Personalkosten in der Kita am Minimum gehalten werden müssten.

"Ich frage mich, was noch passieren muss." - Evelyn Kühnel

"Herr Gabel hatte für meine Einwände, dass dies den Kindern schaden würde, kein Verständnis. Ein Erzieher in der Krippe mit sechs bis sieben Kindern und ein Erzieher im Kindergarten mit zirka 13 Kindern sei in Sachsen-Anhalt völlig normal", klagt die Mutter.

Evelyn Kühnel: "Ich frage mich, was passieren muss, damit etwas gegen die Personalnot und die Überforderung von Erziehern in der Kita Werben unternommen wird."

Mutter äußert noch weitere Vorwürfe

Die Elternvertreterin erhebt noch weitere Vorwürfe gegenüber der Kita Werben. "An einem Tag im Sommer bekam ich meine Tochter völlig durchnässt wieder - mit der Auskunft, dass sie ins Planschbecken gefallen sei, als die Erzieher ,nur eine Sekunde` nicht hingeschaut hätten." Als sie gefragt habe, warum das Becken frei zugänglich sei, habe sie keine Antwort erhalten.

Die Leiterin der Kita Werben, Astrid Dickehut, wollte sich gestern zu keinem der im Raum stehenden Vorwürfe gegenüber der Volksstimme äußern.

Auch mit anderen Eltern, führt die Mutter weiter aus, sei sie ins Gespräch gekommen. Über sie habe sie erfahren, dass noch weitaus mehr vorgefallen sei. Von verschiedenen, auch stärkeren Verletzungen sei ihr berichtet worden - und über zu späte Information an die Eltern auch in solchen Fällen. Doch die Erziehungsberechtigten hätten sich nicht getraut, sich darüber zu beschweren.

Kühnel findet es traurig, dass mit ihr seitens des Erzieherteams nie das Gespräch gesucht worden sei, um zu klären, wie man in der Kita und zu Hause diesbezüglich an einem Strang ziehen kann.

"Betreuungsschlüssel wird immer eingehalten." - Eike Trumpf

Der Verbandsgemeinde-bürgermeister betont, dass der in Sachsen-Anhalt gültige Betreuungsschlüssel auch in der Kindertagesstätte Werben stets eingehalten worden sei. Das müsse die VG für jede einzelne Einrichtung gegenüber dem Landkreis regelmäßig nachweisen. Zudem halte er den Betreuungsschlüssel grundsätzlich für ausreichend, um die Erziehungs- und Betreuungsaufgaben zu erfüllen. "Wünschenswert wäre allerdings mehr Personal, um bestimmte zusätzliche Angebote vorhalten zu können. Zum Beispiel für die gezielte Sprachförderung", so Trumpf.