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Wohnraum und Land für Flüchtlinge "Flüchtlinge in Dörfer der Wische"

Immer mehr Flüchtlinge strömen nach Europa und Deutschland. Dies stellt
Länder und Kommunen vor große Herausforderungen. Günter und Edelgard
Dihlmann schlagen vor, aus dieser Not eine Tugend zu machen. Aus ihrer
Sicht könnte die Ansiedlung von Flüchtlingen gerade für manches Dorf in
der Altmark eine Perspektive sein.

Von Andreas Puls 27.02.2015, 02:22

Busch l Kriege, Völkermord, religiöse Konflikte, Unterdrückung, Verfolgung, wirtschaftliche Not, Perspektivlosigkeit - die Gründe für den immer mehr zunehmenden Migrantenstrom in Richtung Europa sind vielschichtig. Auch wenn Deutschland die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge extrem begrenzt, stellen die in der Bundesrepublik Schutz und Asyl suchenden Menschen vor allem die Kommunen vor große Herausforderungen.

Aus Sicht des Ehepaars Günter und Edelgard Dihlmann aus Busch (Landkreis Stendal) könnte die zielgerichtete und behutsame Ansiedlung von Flüchtlingen in Dörfern helfen, die Unterbringungsprobleme zu lösen. Gleichzeitig würde damit dem Problem der schrumpfenden Dörfer entgegengewirkt werden. Familie Dihlmann wäre bereit, einer Flüchtlingsfamilie Wohnraum und sogar ein Stück Land zur Verfügung zu stellen.

Dihlmanns Vorfahren waren selbst Migranten

Günter Dihlmann erinnert daran, dass es schon immer Migration auf der Welt gegeben hat. Sogar die biblische Geschichte gibt darüber ausführlich Zeugnis. "Ein Teil meiner eigenen Vorfahren waren selbst Flüchtlinge. Wir sind Nachkommen französischer Hugenotten, die 1699 nach Baden-Württemberg kamen", erzählt der Bio-Landwirt. Dihlmanns suchten und fanden vor längerer Zeit den Kontakt zu ihren Vorfahren in den französischen Hochalpen und stehen seither mit ihnen in engem Kontakt.

Zudem hätten in den Dörfern und Städten Baden-Württembergs Flüchtlinge und anderen Migranten eine neue Heimat gefunden, solange er sich erinnern könne. Nach dem Zweiten Weltkrieg seien Schlesier, Ostpreußen, Pommern angesiedelt worden - genau wie in der Altmark. Das habe zunächst ein Problem dargestellt. Es sei nicht leicht gewesen, die Menschen unterzubringen. "Es herrschte Beengtheit und das rief auch Ängste hervor. Diese erwiesen sich aber als unbegründet. Die Menschen haben letztendlich viel zum Aufschwung beigetragen", ist Dihlmann überzeugt. Den Kriegsflüchtlingen, so der Landwirt weiter, seien später weitere Ausländer in seine Heimatregion gefolgt. In den 1960er Jahren waren es Sizilianer, die heute beispielsweise Autohäuser und Gaststätten betrieben. Auch aus der Türkei seien viele Menschen eingereist. Sie hätten vor allem in der Bauwirtschaft und Industrie Arbeit gefunden. Und sie seien dringend gebraucht worden.

"Wenn ich mir heute anschaue, wie viele Häuser in vielen Orten der Wische leerstehen und verfallen und wenn ich auf den drohenden Fachkräfte-Notstand in der hiesigen Wirtschaft, insbesondere der Landwirtschaft, schaue, dann denke ich, dass es hilfreich wäre, wenn Menschen in unsere ländliche Region ziehen würden", ist Günter Dihlmann überzeugt. Das sieht auch seine Ehefrau so.

Natürlich gäbe es große Herausforderungen

Dabei betrachten Dihlmanns ihre Idee alles andere als durch eine rosarote Brille. Vielmehr würde ein solches Projekt große Herausforderungen bergen. "Auf die Dörfer würden wohl nur Menschen passen, die selbst aus einer ländlichen Region stammen und ein Leben auf dem Dorf dem in der Stadt vorziehen. Aber wir sind davon überzeugt, dass es solche Flüchtlinge gibt", so Günter Dihlmann. Wenn auch die meisten wohl in den Städten wohnen wollten, weil dort schon Verwandte oder auch andere Landsleute lebten und die Infrastruktur besser sei. Konkret können sich Dihlmanns aber vorstellen, etwa einer Flüchtlingsfamilie aus Syrien Wohnraum und sogar ein Stück Land zur Verfügung zu stellen, das von ihnen dann selbst bewirtschaftet werden könnte. "Wir würden dabei Unterstützung leisten", sagt Edelgard Dihlmann.

Klar ist den beiden Rentnern zudem, dass es noch eine Reihe anderer Herausforderungen geben würde. Zum Beispiel das Sprachproblem. Zunächst müsste sicher ein Dolmetscher regelmäßig zur Verfügung stehen. Der Transport zu den notwendigen Sprachkursen und der Kinder in die Kitas und Schulen müsste abgesichert werden, wie auch deren gezielte Förderung. Es sei eine vielfache Erfahrung, wie schnell Kinder lernten. Sie könnten zu künftigen Fachkräften werden. "Mit der notwendigen Unterstützung der zuständigen Behörden und Einrichtungen, aber auch mit Hilfe der Menschen vor Ort sollte die Integration doch mittelfristig machbar sein", meinen Dihlmanns.