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  7. Schumann: "Der Bodenspekulation einen Riegel vorschieben"

Ehemaliger Chef des Landesbauernverbands hielt Vortrag vor Landsenioren / Aktuelle Entwicklungen der Agrarpolitik Schumann: "Der Bodenspekulation einen Riegel vorschieben"

Von Andreas Puls 07.03.2015, 02:26

Iden l Zwei interessante Vorträge erlebten kürzlich die Landsenioren des Altkreises Osterburg und zahlreiche weitere Besucher in der Mensa der Landesanstalt Iden. Zum einen referierte Yvette Krummheuer über Schutzmaßnahmen für Tierhalter gegen Wolfsrisse (wir berichteten), zum anderen sprach Fritz Schumann, langjähriger Geschäftsführer des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt, über aktuelle Entwicklungen in der Agrarpolitik.

"In moderner Tierhaltung auch Fehler gemacht"

Prof. Fritz Schumann war langjähriger Geschäftsführer des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt. Mittlerweile ist er Geschäftsführer des Landesweingutes "Kloster Pforta".Die Entwicklungen der Landwirtschaft und Agrarpolitik hat er trotzdem weiterhin fest im Blick und hält nach wie vor gern Referate. Vor den Landsenioren widmete sich der Referent auch jenen Themen, wegen derer sich die Landwirtschaft seit langem immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik befindet.

Zum Beispiel mit Blick auf den Begriff Massentierhaltung plädiert Schumann dafür, die Diskussion darüber sachlich und fachlich fundiert zu führen. Die Entwicklung hin zu immer größeren Produktionseinheiten beruhe auf dem technischen Fortschritt und dem Zwang zu mehr Effektivität, um konkurrenzfähig zu bleiben. "Wir Landwirte müssen uns selbst vorwerfen, dass wir die Menschen nicht mitgenommen haben, um darzulegen, wie moderne Tierhaltung funktioniert." Es seien in der Vergangenheit auch viele Fehler gemacht worden. Tierschutz sei wichtig. Fehlentwicklungen gelte es zu korrigieren. Sehr bedauerlich sei, dass Negativ-Beispiele wie der Fall Straathof die Landwirtschaft insgesamt in Misskredit bringen.

"Bei der Gentechnik haben wir den Anschluss verloren"

Auch das Thema Gentechnik ließ Schumann nicht aus. Mit Blick auf dieses Forschungsfeld hält es der ehemalige Verbandschef für bedauerlich, dass dieses vor allem den Riesenkonzernen, zumeist mit Sitz in den USA, überlassen worden sei.

"Wir haben den Anschluss schon verloren." Es gebe sehr wohl Bereiche, wo Gentechnik sinnvoll sei. Die Forschung sollte transparent und unter ethischen Gesichtspunkten erfolgen. Auch das wäre sicher in Deutschland besser gegeben als in den USA oder vielen anderen Ländern.

"Die Gentechnik sollte nicht von vornherein verdammt werden. Auch hier wäre mehr Sachlichkeit dringend angebracht."

Das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP betrachtet der Professor mit gemischten Gefühlen. Es könne für die hiesige Landwirtschaft Vorteile bringen, aber es berge auch Risiken. Er kritisierte die "Chlorhühnchen-Kampagne", die zu einem Synonym für TTIP-Gegner geworden sei. Kritisch sieht allerdings auch Schumann die geplanten privaten Schiedsgerichte der Konzerne. Damit werde ein Instrument geschaffen, die staatliche Gerichtsbarkeit zu umgehen.

Bodenpreise von bis zu 50000 Euro pro Hektar

Mit großer Sorge betrachtet der Referent, dass Boden immer mehr zum Spekulationsobjekt werde. "Dadurch sind die Bodenpreise in den letzten Jahren extrem in die Höhe geschnellt. Oft steckt überregionales Kapital dahinter. Und das kann keine gute Entwicklung sein." Wie Schumann ausführte, würden beispielsweise in der Börde mittlerweile Preise bis zu 50000 Euro ja Hektar Boden geboten. Realistisch seien 16000 bis 18000 Euro. Solche exorbitanten Preise könnten aber keine Landwirte bieten, erst recht keine Bauern oder klein- und mittelständische Betriebe aus der Region. Die blieben auf der Strecke und das sei eine schlimme Fehlentwicklung. Schumann forderte von den politischen Entscheidungsträgern, der Konzentration von Landeigentum endlich einen Riegel vorzuschieben.

Für die Entwicklung der Dörfer und kleinen Städte sei eine regional verankerte Landwirtschaft überlebenswichtig. Und die könne es nur geben, wenn die Bodenpreise erschwinglich blieben, betonte Schumann.