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30 bunte Schaubilder mit 270 Teilnehmern, 26 Pferden, sechs Schafen, vier Alpakas und einem Hund. Von Astrid Mathis Festumzug ist Höhepunkt der 777-Jahr-Feier

08.06.2015, 01:49

Die Geschichte von Gladigau war am Sonnabend großes Thema in dem Altmarkdorf. Nach Gottesdienst und Ausstellungseröffnung begeisterte der historische Festumzug hunderte Gäste.

Gladigau l "Liebe Festgemeinde", so begrüßte Pfarrer Norbert Lazay am Sonnabend früh die Gäste im Gotteshaus. Das wiederum sei mit seinen etwa 800 Jahren noch älter als die erste urkundliche Erwähnung Gladigaus. Nächtelange Recherche in Kirchenbüchern und anderen Aufzeichnungen waren für den Geistlichen Vorbereitung auf diesen besonderen Gottesdienst, verriet er. Von der Geschichte wusste er darum auch vieles zu berichten: Seit 1539 ist die Kirche evangelisch. Während des 30-jährigen Krieges stand sie leer, keine Schule war im Ort, alles verwahrlost. Nach dem Westfälischen Frieden wurde Gladigau wiederbelebt. Valentin Runge, der mit 50 Dienstjahren am längsten als Pfarrer sein Amt ausführte, sorgte unter anderem dafür, dass die Inneneinrichtung 1694 wiederhergestellt war. Pastor Engelmann schaffte 1773 die erste Turmuhr an. Seit 1833 liegt im Gotteshaus die Bibel, aus der heute noch am heiligen Abend die Weihnachtsgeschichte vorgetragen wird. 1891 kam der Taufstein dazu. Im 20.Jahrhundert wurde die Kirche drei Mal statt wie üblich zwei Mal renoviert.

Posaunenchor und Kirchenchor

In diese Zeit fallen die Gründung des Posaunenchores im Jahr 1931 durch Gerhard Müller und die des Kirchenchores durch Helmut Müller 1960. Beide Chöre bereicherten den Gottesdienst mit ihren Auftritten.

In Zahlen fasste Norbert Lazay, der beide Chöre leitet, die Historie so zusammen: 363 Jahre war das Pfarrhaus ununterbrochen besetzt, 20 Pastoren, unter ihnen 14 waschechte Altmärker, hatten 84 Kinder. Sieben Geistliche wurden auf dem Friedhof in Gladigau begraben. Die Amtszeit reichte von einem bis zu 50 Jahren.

Abschließend dankte der Pfarrer nach den Chören vor allem den 13 Helfern, die das Gotteshaus so fleißig geputzt hatten, dass er jetzt in einer frisch gesäuberten Kirche sagen konnte, was einst zur Einweihung derselben gesprochen wurde: "Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses, und den Ort, da deine Ehre wohnet."

Weiter ging es schräg gegenüber im Ausstellungsraum, bestens bekannt als "Kirchsaal" oder alte Schule. Nach Saisonende des Dorftheaters schloss sich Norbert Lazay mit Herbert Kühne, Brunhild Wegner und Mario Bannehr zusammen. Während Bannehr sich daran setzte, altes Film- und Rundfunkmaterial zu digitalisieren, kümmerten sich die anderen um Auswahl und Arrangement der übrigen Zeitdokumente. Zu Beginn des Rundgangs liegen zwei Mönchziegel aus dem 15. Jahrhundert neben den Feierabendziegeln aus dem 18. Jahrhundert, die Herbert Kühne beisteuerte. Gleich danach kommen die Karten, die von der Burg in Gladigau zeugen, die mit ihrer Lage an der Biese eine optimale strategische Position bot und außerdem Zollgeld sicherte. Nach der Holzburg 980 wurde um 1100 eine Steinburg gebaut, von der das letzte Stückchen nachweislich 1832 heruntergerissen wurde. "Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich unser Theater natürlich Burgtheater genannt", bemerkte Lazay schmunzelnd.

Pfarrhaus-Wein ist wieder erhältlich

Übrigens fand auch der Wein mit dem Pfarrhaus-Motiv von Gerhard Dietrich zum 250. Bestehen des Pfarrhauses 2014 einen Platz. Schließlich kann er wieder erworben werden! Fotos und Dokumente zweier historischer Vereine - Luisenbund 1923 und Männergesangsverein 1871 - sind ebenfalls ein Hingucker, bevor die Glühfadenlampe von OSRAM (aus dem Jahre 1910) von Elektriker Herbert Kühne den Abschluss bildet. "Sehr schön", schwärmte Rosegret Kruppke. Die Ausstellung "Gladigau in Wort, Ton und Bild" ist diese Woche Montag bis Freitag von 17 bis 19 Uhr und nach Vereinbarung zu sehen.

Dass die Geschichte Gladigaus die Altmärker interessiert, bewies der große Zuspruch beim historischen Festumzug. "Die letzten Zuarbeiten bekam ich vor einer Viertelstunde", erklärte Moderator Christian Schulz. Und schon ging es los.

Ausrufer Otto Kaufmann am Anfang und Nachtwächter Uwe Mösenthin am Ende umrahmten alle Epochen und 270 Teilnehmer, dazu kamen 26 Pferde, sechs Schafe, vier Alpakas und ein Hund.

Archäologische Funde bewiesen, 4000 v. Chr. gab es dort schon Besiedlung. Die Schlacht bei Gladigau 1240, das Handwerkerdorf, der Einzug der Amerikaner und Russen nach dem 2. Weltkrieg, die DDR-Zeit, die Wende mit Bananen-Spenden, der Aufbau neuer Betriebe - alles, was Gladigau erlebt hatte, bekamen die Gäste in über 30 Schaubildern zu Gesicht, bevor sich der Zug am Festplatz auflöste. Dort erfreute zu späterer Stunde die Band "Prignitz-Fabrik" aus Wittenberge das Publikum. Feuerwerk gab`s obendrein.