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  7. Biker-Gottesdienst: "Bleibt behütet"

Motorradfahrer treffen sich zum Saisonauftakt in der Lindenberger Kirche / Der Andacht folgte die Ausfahrt Biker-Gottesdienst: "Bleibt behütet"

Von Astrid Mathis 09.06.2015, 03:16

Seit sechs Jahren lädt Stendals Superintendent Michael Kleemann im nördlichen Sachsen-Anhalt zu Biker-Gottesdiensten ein. Am Sonntag folgte die erste Andacht dieser Art in Lindenberg. Die Resonanz war gut.

Lindenberg l "Das ist so gar nicht meine Zielgruppe", gab Pfarrer Roland Jourdan zu, aber als Carmen Malzahn aus Aulosen fragte, ob so ein Gottesdienst einmal in seinem Bereich möglich wäre, trug er das dem Superintendenten vor.

Michael Kleemann sagte zu und rollte Sonntag Punkt 10Uhr mit Ehefrau Juliane in Lindenberg an. "Meine Frau hat seit zehn Tagen ihren Motorradführerschein", erzählte der Besitzer einer BMW K 1600 GT stolz. Im vergangenen Jahr legte er rund 16000 Kilometer auf der Maschine zurück. Weil er öfter dienstlich nach Erfurt fahren muss, legte er sich ein langstreckentaugliches Motorrad zu. Vor vier Wochen war er beim Saisonauftakt in Halle dabei und sah sich von etwa 500 Gleichgesinnten umgeben.

Seit den 80ern werden im Westen Deutschlands Biker-Gottesdienste veranstaltet. In Hamburg finden sich tausende und damit die meisten Motorradfahrer ein. Seit dem Kauf seiner neuen Maschine wollte Kleemann die Tradition auch in hiesigen Breiten publik machen. In Arneburg und Jerichow lädt er darum seit sechs Jahren zu Saisonstart und -ende zu Biker-Gottesdiensten ein. Am 20. Juni treffen sich die Biker wieder ab 9Uhr in Arneburg. Auch im Magdeburger Dom und in Bernburg kommen Biker zusammen.

Eine 350er Jawa war das älteste Motorrad

In Lindenberg zählten Kurt Bogs und Adelheid Gericke aus Düsedau und Erik Alvensleben aus Geestgottberg zu den ersten Motorradfans, die vor der Kirche mit ihren Zweirädern parkten. "Ich bin mit meiner Suzuki VZ 800 da, die ich seit 1998 fahre, aber schöner ist mein Touren-AWO, Baujahr 1960", erzählte Alvensleben, der seit 25 Jahren mit dem Motorrad unterwegs ist.

Thomas Werner aus Bömenzien kam mit einer MZ von 1982, der Lindenberger Mario Hauf mit dem ältesten Modell des Tages, einer 350er Jawa, Baujahr 1955, die seit 2004 sein stolzer Besitz ist. Patrick Knust rollte auf einem der jüngsten Gefährte, einer KTM 690 SMCR von 2012, an.

Und endlich tauchte Initiatorin Carmen Malzahn mit siebenköpfiger Bikertruppe auf. Während sich die Männer T-Shirts mit der Aufschrift "Old Angels" überstreiften, verteilten die Frauen der Gemeinde Schnittchen und Kaffee. Martina Schulz aus Groß Garz machte übrigens die Runde als zweite Frau mit ihrer RT 125, Baujahr 1962, komplett. Im Schlepptau hatte sie die Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Groß Garz, Ingrid Kaiser.

Vor dem Altar ordnete Michael Kleemann indessen die Helme zu einem Kreuz. Im Gottesdienst erzählte der Superintendent von seinen 20 Jahren Erfahrung als Seelsorger, eine Herausforderung zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst. "Bleib behütet!" hatte seine Mutter einst zu ihm gesagt. Die Sorge um Schutz und Verantwortung stecke darin.

In den Fürbitten gingen Roland Jourdan und Michael Kleemann darauf ein. Für jeden verunfallten Motorradfahrer im nördlichen Sachsen-Anhalt, dessen Namen sie anschließend verlasen, zündeten die Geistlichen außerdem eine Kerze an. Schließlich luden sie die Gemeinde ein, ebenfalls für einen Menschen eine Kerze anzuzünden. Währenddessen ertönte Eric Claptons Lied "Tears in heaven", das er seinem tödlich verunglücklichten Sohn gewidmet hatte. Mit "Leila" schickte Kleemann die Biker auf ihren Ausflug.

"Danke, dass Sie so zahlreich gekommen sind"

"Danke, dass Sie so zahlreich mit Ihrem fahrbaren Hilfsmittel gekommen sind", bemerkte Pfarrer Jourdan schmunzelnd zu den 15 Motorradfahrern, "und auch den fleißigen Helfern für die Frühstücksvorbereitung." Den Biker-Gottesdienst möchte Jourdan in seinem Pfarrbereich nun gern zur Tradition werden lassen. Michael Kleemann hat nichts dagegen.