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Lothar Bölck begeistert im "La Palma" mit seinem sechsten Soloprogramm Kabarettist fordert: "Bürger Denk Mal"

Von Andreas Puls 18.04.2011, 06:37

Einen politisch-satirischen Abend der Extraklasse erlebten am Freitag zahlreiche Kabarettfreunde im prall gefüllten Veranstaltungszentrum "La Palma" in Vielbaum. Dort gastierte der Kabarettist Lothar Bölck mit seinem nunmehr sechsten Soloprogramm mit dem Titel: "Bürger Denk Mal".

Seehausen. Rufe ausstoßend, die klangen wie die Gebetsgesänge eines Muezzins, betrat Lothar Bölck die Bühne. Die Erklärung kam gleich danach: "Unser Bundesmuezzin Christian Wulff hat gesagt, dass der Islam zu Deutschland gehört. Aber das wissen wir schon lange. Merkel is lahm, Westerwelle is lahm. Und der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft is ...Lahm!"

Der Einstieg ins Programm war so, wie man es von dem Magdeburger Spitzenkarettisten kennt: Bölck präsentierte eine ganze Serie von Witzen über aktuelle Politik und Gesellschaftsfragen. Der Titel des neuen Programms, "Bürger Denk Mal" ist dabei mehrdeutig zu verstehen. Vor allem aber wohl als Aufforderung an die Menschen, sich das selbständige Denken nicht von den Politikern abnehmen zu lassen.

"Unser so genannter Gesundheitsminister ist für die Einführung der Kopfpauschale. Damit will Rösler ausgerechnet den Teil besteuern, den er am wenigsten benutzt. Als Merkel den Ausstieg aus dem Atomausstieg beschloss, hat sie selbst nicht gedacht; das haben die Konzerne für sie gemacht. Die Bioenergie soll künftig deutlich an Bedeutung gewinnen. Das halte ich für sinnvoll. Deutschland könnte für 20 Jahre mit Energie versorgt werden - allein aus der Sch..., die unsere Regierung macht."

Wieviel Luft passt in zwei Knalltüten?

So ging es Schlag auf Schlag. Mit Blick auf die "schwarz-gelbe Kollision" witzelte Bölck munter weiter: "Wenn ich mir Angie und Guido angucke, frag ich mich: wie viel heiße Luft passt eigentlich in zwei Knalltüten?" Zu Guttemberg soll seine Doktorarbeit abgeschrieben haben. "Stimmt nicht!", so Bölck. "Sondern der, der ihm die Arbeit verfasst hat." Aber auch die Opposition kommt bei dem Satiriker nicht ungeschoren davon: "Wer Sigmar Gabriel zum Chef macht..." Bölck machte eine eindeutige Handbewegung an seine Stirn. "Sigmar Gabriel war einstmals Pop-Beauftragter seiner Partei. Ich glaube, die SPD-Genossen haben bei der Wahl ihres Parteivorsitzenden was verwechselt. Die wollten eigentlich Gunter Gabriel."

Nach dieser Witz-Serie begrüßte der Kabarettist direkt sein Publikum, ging kurz auf sein neues Programm ein - "den sechsten Teil seiner Trilogie", um dann eine traurige Mitteilung zu machen: "Mein langjähriger Freund, der Bundestags-Hinterbänkler Hugo W. Holz-Hausen, ist verschieden! Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen für eine Gedenkminute zu erheben", so Bölck an die Zuschauer gerichtet. Als diese aber keine Anstalten machten, sagte er: "Ich wusste schon immer, das Kabarettbesucher Sitzenbleiber sind." Klar, dass Bölck seine altbewährte Bühnenfigur nicht einfach aus dem Leben scheiden lässt, ohne ihm ein Denkmal zu setzen - in der Form, dass er den Hinterbänkler so zu sagen noch einmal Revue passieren ließ. Holz-Hausen habe regelmäßig Witze gerissen, über alles und jeden. Zum Beispiel den, der auf die Katholische Kirche abzielt: Welcher Heilige hat vier Beine? Antwort: Der Heilige Stuhl. Oder: Was ist, wenn zehn Juristen bis zum Hals im Sand stecken? Dann hat der Sand nicht gereicht. Zuletzt, so Bölck, sei sein Freund in der SPD gewesen. Aber auch über diese Partei machte er Witze. Etwa den: "Kennst Du den Unterschied zwischen einem Langholz-Transporter und der SPD? Antwort: "Beim Langholztransporter kommt das dicke Ende zuerst." Eine Ermahnung habe er erstmals im Bundestag erhalten, weil er Karl Marx zitierte. Als er die "Betroffenheitsbeauftragte" von den Grünen, Claudia Roth, an sich vorbei gehen sah, sagte er laut: "Ein Gespenst geht um in Europa."

"Sicherheit in die Hände der Schützen"

Auch mit anderen von Bölck geschaffenen Bühnenfiguren gab es ein Wiedersehen: Zum Beispiel mit dem Schützenvereinsvorsitzenden Friedhelm Brandski, der seine ganz persönliche Sicht auf die Sicherheitslage in Deutschland schilderte und (immer mehr in die Tonlage eines bekannten Propagandaministers abgleitend) forderte, die Herstellung von Sicherheit lieber in die Hände der Schützenvereine zu geben. "Schon wenn ich mir die Bundeswehr anschaue. Ehe die ausgerückt ist, stehen die Taliban schon vor dem Kasernentor und verkaufen Turbane. Wir Schützenbrüder sind die wahren Terroristenjäger. Wir schrecken jeden Taliban schon mit unserer Erscheinung ab. Die Schützenvereine sind die Fortsetzung des Volkssturms mit folkloristischen Mitteln."

Dann gab es wieder einige Denkanregungen Bölcks. "Köhler sagte die Wahrheit. Die Bundeswehr setze mit ihren zunehmenden Auslandseinsätzen die Interessen der Wirtschaft durch. Dafür wurde er zurückgetreten." Mit Blick auf die seit langem andauernden Privatisierungsbestrebungen schlug Bölck vor, auch die Bundeswehr zu privatisieren. "Dann könnte Krieg live im Fernsehen übertragen werden auf Sendern wie Kriegs-TV oder "Sarg I". Auch für die passende Werbung machte der Kabarettist Vorschläge: "Feiern sie ihr eigenes Schlachtfest - ihre Metzgerei Müller". Ähnliche Vorschläge machte er auch für die Polizei. Nach der Privatisierung stünde der Gang an die Börse. "Der Bulle steht schon davor".

Dass Lothar Bölck nicht nur ein begnadeter Satiriker, sondern auch Schauspieler ist, bewies er auch in der Rolle seines zweiten Bundestagsabgeordneten Schmidt-Hinterzarthen. Am Pult schwankend, hielt er einmal mehr eine im wahrsten Sinne des Wortes berauschende Rede, die vielen Zuschauern die Lachtränen in die Augen trieb.

Mit messerscharfer Satire, aber auch nicht ohne die für Bölck typischen Comedy-Elemente, ging es nach der Pause weiter. Unter anderem ließ er seinen ebenfalls schon bekannten Notarzt in Aktion treten, der sich über die Gesundheitspolitik auslässt. "Und die Hunde leckten die Wunden der Armen", zitierte der Mediziner sogar aus der Bibel und fügte hinzu: "Wenn das so weitergeht, schaffe ich mir einen Hund an und gründe eine Gemeinschaftspraxis."

Den "Verblödungsfaktoren" Fernsehen und Volksmusik widmete sich der Kabarettist ebenfalls ausführlich. Als Motto für das TV schlug er vor: "Blut und Zoten - das bringt Quoten". Der Flachbildschirm sei der Beweis dafür, dass sich nun auch schon die Geräte dem Niveau der Sendungen angepasst hätten. Einen Höhepunkt in der zweiten Runde bildete zudem der Auftritt des Kabarettisten in der Rolle seines zerstreuten Professors.

Ein Wiedersehen mit Hans-Günther Pölitz

Lothar Bölck präsentierte sich im La Palma einmal mehr in Höchstform. "Bürger Denk Mal" war eine gelungene Mischung aus dem Besten seiner Programme der vergangenen Jahre und aktuellen Witzen. Das Publikum war begeistert und forderte mit lang anhaltendem Applaus erfolgreich eine Zugabe.

Irmgard Speck vom Kultur-und Förderverein Vielbaum, Hauptorganisatorin des Kabarettabends, bedankte sich bei Lothar Bölck, überreichte ihm einem Blumenstrauß und brachte ihre Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen im "La Palma" zum Ausdruck. Zur allgemeinen Freude des Publikums versprach Bölck, in absehbarer Zeit gemeinsam mit seinem langjährigen Bühnenpartner Hans-Günther Pölitz natürlich auch nach Vielbaum kommen zu wollen.