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Seehäuser Joachim Schulz wirkt mit Spezialfahrzeugen an einem wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt zur Landschaftspflege mit Panzereinsatz im Dienste der Ökologie

Von Andreas Puls 27.04.2011, 06:27

Der Seehäuser Bauunternehmer Joachim Schulz, Geschäftsführer der Firma DTF, sammelt seit vielen Jahren historische Fahrzeuge, die zu einem beachtlichen Teil einstmals in militärischen Diensten standen. Zwei seiner Panzer kommen jetzt in einer außerordentlich friedlichen Mission zum Einsatz. Sie wurden für ein Pilotprojekt in der Landschaftspflege in einem ehemaligen Truppenübungsplatz im Bundesland Brandenburg angefordert.

Seehausen. Joachim Schulz, Mitglied des Tatra-Clubs und Vorsitzender des Oldtimervereins Seehausen, hat seine umfangreiche Fahrzeugsammlung schon immer auch unter dem Gesichtspunkt ziviler Einsatzmöglichkeiten zusammengestellt. So erfüllen sie Aufgaben innerhalb seines Betriebes. Ein weiteres Beispiel sind die beiden Feuerlöschpanzer, die in den zurückliegenden Jahren unter anderem beim alljährlichen Tatra-Treffen zu bestaunen waren. Der Seehäuser war sich zudem immer sicher, dass sich weitere Aufgabengebiete für einige seiner Fahrzeuge erschließen lassen würden.

Jetzt ist es soweit. Zwei seiner Panzer werden im Rahmen eines Landschaftspflege-Pilotprojektes in Brandenburg eingesetzt. Das Projekt in Trägerschaft der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Teltow-Fläming wird von der EU gefördert und wissenschaftlich begleitet.

Gefahren lauern in schönem Heidegebiet

Feuer macht zumeist dann von sich reden, wenn es seine zerstörerische Seite zeigt - zum Beispiel, wenn irgendwo auf der Welt verheerende Waldbrände wüten. Gezielt eingesetzt und professionell kontrolliert kann Feuer aber auch wichtig für Natur und Mensch sein. Brände zu legen, um Feuerkatastrophen zu verhindern, diese Mission hat Alexander Held, Gründer der Firma "Working On Fire", zu seinem Beruf gemacht. Er ist seit vielen Jahren weltweit in Sachen Naturschutz und vorbeugenden Brandschutz unterwegs - zum Beispiel in Afrika.

"Dort, wo Menschen leben und wo es gilt, bestimmte Lebensräume zu erhalten, ist es wichtig, Brände zu kontrollieren", so Held gegenüber der Volksstimme. Er arbeitet im Rahmen dieser außergewöhnlichen Tätigkeit seit langem mit Prof. Johann-Georg Goldammer (Universität Freiburg) zusammen. Der Wissenschaftler leitet die Arbeitsgruppe Feuerökologie des Global Fire Monitoring Center (GFMC). Ob in Afrika, Australien, Amerika, Asien oder Europa - wenn irgendwo Waldbrände auf der Welt wüten, ist meistens auch Professor Goldammer in der Nähe, der unter anderem die Auswirkungen dieser Katastrophen erforscht, aber auch nach Möglichkeiten der Begrenzung sucht. Außerdem ist der Forscher eingebunden in verschiedene Projekte im Rahmen des Naturschutzes und vorbeugenden Brandschutzes. Goldammer ist auch der wissenschaftliche Leiter des erwähnten Pilotprojekts in Brandenburg.

"Auch in Deutschland kommt Feuer hin und wieder gezielt und kontrolliert im Bereich Naturschutz- und Landschaftspflege zum Einsatz. Das Naturschutzgebiet Heidehof-Golmberg bei Jüterbog ist dafür ein Beispiel. Ein Teil der Fläche soll mit Unterstützung von Feuer gepflegt und so als Heidegebiet erhalten werden. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass dieses Gebiet noch bis 1994 von der Sowjetarme als Übungsplatz genutzt wurde. Eine Munitionsberäumung hat zwar stattgefunden. Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass noch Reste in der Landschaft vorhanden sind und diese durch die Brände auch ausgelöst werden können. Um Unfälle mit den an dem Projekt beteiligten Menschen zu verhindern, dafür sollen die beiden Panzer zum Einsatz kommen", erklärt Prof Goldmammer gegenüber der Volksstimme.

Üblicherweise werden die Brände mit spezieller Technik von leichten Geländewagen aus in der Landschaft gelegt und die Ausbreitung des Feuers mit weiteren Fahrzeugen kontrolliert. Die entsprechende Brandlegetechnik wurde nun auf einen der Panzer von Joachim Schulz montiert und kürzlich auf dem Firmengelände des Seehäusers im Gewerbegebiet getestet.

"Green Dragon" speit zündelnde Plastikbälle

Das Gerät trägt die amerikanische Bezeichnung "Green Dragon" (Grüner Drache), und wer es erstmals im Einsatz sieht, dürfte ins Staunen geraten. Mithilfe einer kleinen Luftdruck-Kanone werden tischtennisballgroße Plastikkugeln in die Gegend geschossen, die sich kurze Zeit später von selbst entzünden. Das Feuer greift dann über auf trockene Pflanzenteile in der Nähe. "Die Plastikbälle sind mit Glykol gefüllt. Unmittelbar vor ihrem Abschuss dringt eine kleine Metallnadel in die Kugel, wodurch das Glykol ausströmt und das Plastikmaterial entzündet. Auf diese Weise entsteht ein gezielter Flächenbrand mit Zeitverzögerung. Dem Fahrzeug bleibt so immer noch genügend Zeit, aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu verschwinden. Selbst wenn jemand die gerade abgeschossene Plastikkugel abbekommt, ist das völlig ungefährlich," erklärt Alex Held.

Wenn auf diese Weise eine Fläche in Brand gesetzt wurde, muss das Feuer natürlich kontrolliert werden. "Dafür kommt dann der Feuerlöschpanzer zum Einsatz", fügt Prof. Goldammer hinzu. "Es ist für uns Neuland, dass wir kontrollierte Brände auch in Munitionsgebieten machen. Joachim Schulz mit seiner Erfahrung und seiner Technik ist für uns dabei ein wichtiger Partner."

Die Landschaftspflege mit den Seehäuser Kettenpanzern ist ein erstes Pilotprojekt. Goldammer hält es jedoch für erforderlich, dass sich die Menschen mit dieser Thematik künftig noch deutlich intensiver befassen. "Wir haben allein in Deutschland rund 250000 Hektar munitionskontaminierter Fläche, von denen Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung ausgehen." Global gesehen, so der Forscher, sei das Problem noch viel gravierender.

Mit besonderer Sorge blickt der Chef der Arbeitsgruppe Feuerökologie auch auf die vielen atomar verseuchten Flächen auf der Welt, die durch Reaktorkatastrophen oder durch schlampigen Umgang mit strahlenden Materialien und Abfällen kontaminiert wurden. "Durch Waldbrände können diese radioaktiven Partikel auch nach vielen Jahren wieder in die Atmosphäre gelangen und plötzlich andere Gegenden verstrahlen. Es muss noch viel getan werden, um vor allem in der Politik das Bewusstsein für diese Gefahren zu schärfen", sagt Prof. Goldammer.