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Bürgermeister Ewald Duffe avanciert zum Vorkoster für die "Herrin von Seehausen" Markttag: "Kaufen, genießen, saufen"

Von Astrid Mathis 26.09.2011, 06:39

"Spectakulum" war am Sonnabend am Eingang zum Mittelaltermarkt vor der Salzkirche zu lesen, und aufregendes Spektakel wurde den Gästen in Seehausen auch geboten. Die Stadtinformation hatte mit Jürgen Schmidt einem Mann die Regie überlassen, der allerlei Theatrales zu bieten hatte, sei es als Marktvogt oder als Hofnarr.

Seehausen. "Die Allmacht des Gesetzes steht bei mir!" So begrüßte Marktvogt Jürgen Schmidt die Seehäuser, die seiner Meinung nach in teils "grausliger Gewandung" gekommen waren. "Weiber in Hosen, das ist eine Beleidigung fürs Auge", beschwerte er sich. Alsdann sollten die Gäste erleben, was sich früher auf einem Markte zutrug. Die Gruppe Cultus Ferox aus Berlin spielte passend dazu mittelalterliche Musik mit Dudelsack und Trommel. Ewald Duffe musste ausnahmsweise den Platz für die Herren zu Seehausen freigeben: Lord Folwoth von der Teck und seine Gemahlin Astrid. Als Vorkoster für Bier und Wein zeigte er sich mutig, denn "nichts ist schlimmer als verpanschter Wein", erklärte der Marktgewaltige. Da hatte Stadtinformationsleiterin Ingrid Jabke gerade noch mal Glück, denn die Herrin zu Seehausen befand den Wein, den sie brachte, nicht so wässrig wie der Vorkoster. Den Händlern von Obst ward gesagt, dass ihre Waren so frisch sein sollten, "dass sie nicht vom Tische herunterstinken". Auf einmal entdeckte der Marktvogt eine Frau im Getümmel, die er als Wittenberger Hafendirne Amanda (Birgit Schmidt von der Stadtinformation Wittenberge, die früher als "Ackerbäuerin Mathilde" unterwegs war) entlarvte. Mit gelben Bändern versehen, sollte sie einen ordentlichen Preis verlangen. Die Seehäuser johlten. Erst als Jürgen Schmidt sein Richtschwert vorzeigte und androhte, jeder Dieb werde sofort mit dem Abhacken der rechten Hand bestraft, herrschte Ruhe. Tatsächlich mussten sich Diebe fürchten, denn Stadtwache Harald Hanella bemerkte das Entwenden zweier Schlüssel der Salzkirche, was nun wirklich nicht zum Programm gehörte und die Organisatoren verärgerte.

"Kaufen, genießen, saufen", sollten laut Marktvogt die Gäste. Vor der Salzkirche hatten sie reichlich Gelegenheit. Bei Margot Duffe und Gabriele Schäfer gab es 130 Soleier und Schmalzstullen. Schmalzgebäck, Pflaumenmusbrote und Wein boten Waltraud Deistler und Doris Milkert feil. Und dem Spinnen von Alpaka widmete sich Schaustellerin Sabine Mandel zwischen den Ständen. Vor dem Beustertor konnten Freiwillige bei Carsten Degner aus Wittenberge Nägel einschlagen und dem Schmied Klaus Franke über die Schulter gucken.

Trotz Verkleidung mit Mönchskutten waren die Mitglieder des Seehäuser Männerchores leicht unter dem Volk auszumachen. Schließlich begeisterten sie mit altdeutschen Liedern und dem Kanon "Freunde, lasset uns mal zechen". Nebenbei füllten "Bruder Wolfgang" und "Bruder Kalle" Bier in Becher. Als gerade alle einträchtig beieinander standen, ging vor dem Feuer des Schmiedes ein Streit zwischen Ritter Hauck und Lord Folwoth los. Sie rissen die Schwerter hoch und schlugen damit aufeinander ein.

Damit war nicht das letzte Schauspiel getan. Auch die Seehäuser Theatergruppe "Hahn im Korb" hatte sich etwas einfallen lassen. Marion Schwarz war federführend und erzählte mit ihren Darstellern eine Geschichte, wie sie sich zur Zeit der Pest ereignet haben könnte. Zwei Proben waren genug, um den Zuschauern ein Spektakel zu bescheren, das sich gewaschen hatte. Dabei erklärte "Dr. Schnabel", dass die Raubzüge der Mongolen beziehungsweise der Tartaren Auslöser für die Epidemie waren.

<6>In Zeiten, als sich Ratten in Wäschekörbe flüchteten und Fäkalien gleich neben Brunnen platziert wurden, machten sich nicht nur Flöhe breit. Um ein Beispiel zu geben, schüttete eine Mitspielerin kurzerhand Schmutzwasser aus dem Fenster, nachdem sie von anderen Seehäusern zur Sauberkeit aufgerufen wurde. Claudia Preuschoff machte als Quacksalber dann erst recht Stimmung, sie verabreichte Schönheitssalben und zog mit einer rostigen Zange einen Zahn. Bei Erkältung riet sie zur Schwitzkur und drei Mal täglich an der getragenen Socke zu riechen. Als die Pesttoten aus der Stadt gekarrt wurden, brandete Applaus auf. Um 21 Uhr zu Marktschluss stürmten schließlich 110 Mittelalterfans in die Seehäuser Salzkirche, um gemeinsam mit dem nun als Hofnarr verkleideten Jürgen Schmidt bis nach Mitternacht ein Gelage zu feiern.<7><8><9><10><11><12><13><14>