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Forum vor der Wahl des Osterburger Bürgermeisters / Beifall für beide Gesprächspartner Das Stühlerücken beginnt schon vor dem Urnengang

Von Ralf Franke 07.10.2011, 06:22

Die Gemeindeordnung schreibt vor, dass auch die Osterburger Bürgermeisterkandidaten von der Kommune eine Möglichkeit bekommen, sich abseits eigener Aktivitäten zu präsentieren. Mit Burkhard Geyer (Die Linke) und Nico Schulz (CDU) nutzten zwei der drei Kandidaten am Mittwoch ihre Chance und stellten sich im Saal der Stadtverwaltung der Moderation von Volksstimme-Regionalredakteur Marc Rath und den Fragen des Publikums.

Osterburg. Wohl selten ging eine Kandidatenvorstellung in Osterburg so unaufgeregt, aber trotzdem unterhaltsam über die Bühne. Bewegend war die informative Runde im wahrsten Sinn des Wortes auch, als der Tisch von Ingolf Schneider an die Seite geschoben wurde.

Der parteilose Einzelbewerber, betonte der amtierende Bürgermeister Detlef Kränzel bei der Begrüßung, sei damit keineswegs aus dem Rennen gedrängt. Und auch Moderator Marc Rath wies darauf hin, dass Schneider aus beruflichen Gründen entschuldigt fehlte.

Für Burkhard Geyer und Nico Schulz hatte das Stühle- und das damit verbundene Zusammenrücken durchaus Symbolkraft. Weniger in Bezug auf den Konkurrenten, sondern vielmehr mit Blick auf die Ziele nach der Wahl, bei denen es mehr Parallelen als Gegensätze gibt. Sicher auch zur Verblüffung einiger Besucher, unter die sich viele Mitarbeiter der Stadtverwaltung, aber relativ wenige Mitglieder des Stadtrates gemischt hatten.

Die Vorstellung der Kandidaten überließ Rath jeweils dem verblüfften Konkurrenten. Der Plan ging auf, weil sich der 49-jährige Linkssozialist und der elf Jahre jüngere Christdemokrat seit vielen Jahren aus dem Stadtrat kennen. Geyer, Wahlkreismitarbeiter der Bundestagsabgeordneten Katrin Kunert, lobte Schulz für seine vermittelnde Art als Vorsitzender des Gremiums. Schulz, seit 2002 Mitglied im sachsen-anhaltischen Landtag, äußerte sich anerkennend über die Arbeit Geyers in der Links-Fraktion, für die er erst den Finanzausschuss leitete und jetzt dem Sozialausschuss des Stadtrates vorsitzt.

Man kennt sich

Neben den familiären Verhältnissen sind beide auch bestens über ehrenamtliche Aktivitäten ihres Gegenübers informiert. Während Geyer als Vorsitzender des Biesebadfördervereins für den Erhalt eines der letzten Flussbäder Deutschlands kämpft (was auch Heinz Wegener bei seiner Wortmeldung am Herzen lag), verhalf der Krumker Schlossförderverein, den Schulz viele Jahre leitete, dem Kavaliershaus und dem Park zu altem Glanz, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Dass es beiden als Bürgermeister um die Sach- und nicht um Parteipolitik geht, machte Raths Nachhaken bei speziellen Projekten deutlich. So will Schulz nach seiner Wahl als erstes in enger Zusammenarbeit mit dem Osterburger Ortsrat und der Polizei die innerstädtische Verkehrsführung unter die Lupe nehmen, weil er klare Haupt- und Nebenstraßenregeln bevorzugt, und kein großer Fan von rechts vor links ist. Den Beifall hätte Geyer ("Nico Schulz spricht mir aus der Seele") sicher auch gern geerntet. Geyer punktete aber auch damit, die Bürger bei Entscheidungen künftig mehr einbeziehen zu wollen. "Die Verwaltungsspitze hat in der Vergangenheit etwas zu selbstherrlich agiert", schob der Linkssozialist die zweite Kritik an Hartmuth Raden nach, der ja bekanntlich auch vehementer Verfechter der verkehrsberuhigten Innenstadt war.

Obwohl die Linke im Land nicht immer für die Autobahnverlängerung war, setzt Geyer Hoffnungen auf die A14 und bemängelte, dass bislang zu wenig für Gewerbeansiedlungen getan worden sei und plädierte dafür, die Stelle eines Wirtschaftsförderers zu schaffen. Und er stimmte Sigrun Walsdorff zu, die Osterburg ermunterte, für die Schaffung neuer Gewerbeflächen auch den Schulterschluss mit Seehausen zu suchen.

Nein zum Rathaus

Das alles fand auch die Zustimmung von Schulz, der seinen Mitbewerber aber daran erinnerte, dass die CDU 2005 gegen den Willen der Linksfraktion keinen Wirtschaftsförderer einstellen konnte. Damals sei das Geld dafür noch dagewesen, während jetzt ein Konsolidierungskonzept die Stadt mindestens bis 2019 knebelt.

Was natürlich nicht nur für den Stellenplan, sondern auch für viele Wunschinvestitionen zutrifft. Aus diesem Grund kam das von Geyer erwartete "Nein" zum Rathausanbau kurz und bündig. Aber auch Schulz - um einen anders lautenden Stadtratsbeschluss wissend, ließ verlauten: "Kein Geld da."

Woher er das Geld nehmen will, wenn die Lindensporthalle einen Anbau bekommen soll, um sich bei kulturellen Veranstaltungen besser in Szene zu setzen, ließ er allerdings offen. Er hatte davor aber auch betont, dass Investitionen vorerst nur mit kräftigen Zuschüssen möglich wären. Dafür wolle er seine Kontakte zum Landtag oder zur Regierung nutzen.

Geyer empfahl Schulz in dem Zusammenhang, seinen Einfluss bei der Neufassung des Finanzausgleichsgesetzes geltend zu machen, damit die Kommunen mehr Geld zur Verfügung haben. Ein Schuss, der aber etwas sein Ziel verfehlte, weil Schulz schon früher klargemacht hatte, sich für die dünn besiedelte Region auch gegen den Fraktionswillen einzusetzen.

Beide Kandidaten zeigten sich in den anderthalb Stunden sattelfest in politischen Dingen, waren kaum um eine Antwort verlegen. Nur bei den nicht so ernst gemeinten Quiz-Fragen gab es kleine Unsicherheiten. Während Geyer die Höhe des Dequeder Fernsehturmes mit 180 Metern fast richtig schätzte oder mit Jennifer Heinl die amtierende Spargelkönigin nennen konnte, gab Schulz die Einwohnerzahl der Einheitsge- meinde mit 10500 recht genau an und hatte das Ende des Osterburger Kreisstadtstatuses (1994) parat.

Bei anderen Fragen mussten sie aber passen. So war sich Geyer sicher, dass eine Frau (was der Vorsitzende des Altmärkischen Heimatbundes, Norbert Lazay, definitiv nicht ist) den jüngsten Kulturpreis der Stadt bekommen habe. Nico Schulz musste beim Namen der katholischen Kirche (St. Joseph) passen. Der freundliche Applaus im Saal ließ vermuten, dass sich beide auch da keine Blöße gaben und dass die Antworten nicht wahlentscheidend sein dürften.