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  7. Jan Kleemeier spricht über Osterburgs Zeit im Hanse-Bund

Treff in der Kreisvolkshochschule führte die Gäste am Mittwochabend in das Mittelalter / Getreide war der wichtigste "Exportschlager" Jan Kleemeier spricht über Osterburgs Zeit im Hanse-Bund

Von Frank Schmarsow 11.05.2012, 03:17

Osterburg l "Wohin des Kaufmanns Wagen rollte - Von der ¿dudeschen hense\' (mittelhochdeutsch für "deutschen Hanse") im sächsischen Quartier" war das Thema des diesjährigen vierten "Treffs in der Kreisvolkshochschule" am Mittwoch in Osterburg. Der Reisekaufmann und Kreveser Ortschronist Jan Kleemeier präsentierte seinen Zuhörern dazu eine Menge Fakten, unter besonderer Berücksichtigung des Getreidehandels. Osterburg sei nachweislich von 1436 bis 1478 Mitglied des mittelalterlichen Städtebundes gewesen, dem in dessen Blütezeit rund 200 Städte von Spanien bis Skandinavien und Russland angehörten.

Der Osterburger Pfarrer und Verfasser der altmärkischen Chronik, Christoph Entzelt, hatte kurz nach dem Ausscheiden Osterburgs aus der Hanse die Vorzüge der Alten Mark gepriesen und neben seiner "gesunden Luft, schöner Viehzucht" und einer Vielzahl landwirtschaftlicher Produkte ein "reich Kornland" hervorgehoben. Und so hätte an der Spitze der Produkte, die gehandelt wurden, das Getreide gestanden. "Die Altmark und die Mark Brandenburg gehörten damals dank ihrer Bodenbeschaffenheit zu den wichtigsten Kornproduzenten weit und breit."

So sei auch der Getreideanbau um Osterburg auf den sandigen und lehmigen Böden der Höhe und Wische lohnenswert und von großer wirtschaftlicher Bedeutung gewesen. Mit dem Entstehen der Städte und deren Privilegien wie Handel, Fischereirecht, Braurecht, Münzrecht, Stadtgerichtsbarkeit und anderen Rechten erstarkte der Handel. Skandinavien beispielsweise bildete einen der hauptsächlichen Absatzmärkte für Brotgetreide. Zu den bevorzugten Einfuhrgütern gehörten neben Metallen, Pottasche und Leinwand Heringe und Trockenfisch; in der 160 Tage währenden Fastenzeit musste auf Fleisch verzichtet werden.

Mit Lastkähnen, Segelbooten, Schuten, Ewern usw. transportierte man auf den altmärkischen Flüssen das Handelsgut einschließlich Getreide zu den Seehäfen; in den dortigen Werften wurden immer größere Koggen (Kraweels) gebaut, so dass die Kaufleute auch fernere Handelsplätze wie die Färöer Inseln oder Island erreichen konnten. In Visby auf Gotland besaß die Hanse eine ihrer bedeutendsten Niederlassungen, in der Salzwedel schon im 13. Jahrhundert ein Kontor unterhielt. Die besondere Lage Havelbergs an Havel und Elbe gestattete den Betrieb einer Werft, auf der schon im 17. Jahrhundert seetüchtige Schiffe gebaut wurden.

In der Hansezeit hätte sich Osterburg zu einem autarken politischen und wirtschaftlichen Gemeinwesen entwickelt, geschützt durch eine Stadtmauer aus Feldsteinen und zwei Burgen, berichtete der Referent. Sichtbares Zeichen sei auch die Nicolaikirche. Die Entwicklung der sozialen Strukturen auf dem Lande spielten in seinem Vortrag ebenfalls eine Rolle: Der Getreideanbau war der Rückhalt der Kaufleute, so stieg dessen Bedeutung für die Grundherren und Bauern immer mehr. Die Gutsherren brauchten die Leute, die Leistungen und Abgaben zu erbringen hatten, und die Leute brauchten die Gutsherren, die ihnen das Land verpachteten. In den Dörfern entwickelte sich eine Hierarchie: Bauern, Ackerleute, Einspänner, Kleinbauern oder Kossäten, Kätner, Tagelöhner und so weiter.

Schließlich ging Kleemeier auf die Hanse der Neuzeit als einen Städtebund mit Tradition und Zukunft ein. Sie war 1980 im niederländischen Zwolle neu gegründet worden und ist ein aktives Netzwerk zwischen derzeit fast 180 europäischen Städten, die der historischen Hanse angehörten beziehungsweise enge Handelsbeziehungen mit ihr unterhalten hatten. Der neue Hansebund will durch Traditionspflege den Geist der Hanse als Lebens- und Kulturgemeinschaft der Städte lebendig halten.