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Lutz Franke besuchte Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes / Vorsitzende Angela Reinecke-Fienhold: Zivildienst-Wegfall nicht kompensierbar

Von Marco Papritz 03.01.2011, 05:28

Wenige Stunden vor dem Jahreswechsel hat Landtagsabgeordneter Lutz Franke die Kreisverwaltung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Salzwedel besucht. Während des Gesprächs mit der Vorstandsvorsitzenden des DRK-Kreisverbandes, Angela Reinecke-Fienhold, erkundigte sich der FDP-Politiker nach den Einsätzen des vergangenen Jahres und Aufgaben für 2011. Zum Jahreswechsel forderten 29 Einsätze das Eingreifen der Rettungswagen der Wachen Salzwedel, Klötze und Dähre.

Salzwedel. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre haben sich die Einsätze der Rettungskräfte des Deutschen Roten Kreuzes verdoppelt. "Pro Jahr haben wir 400 Einsätze mehr zu verzeichnen", informierte Angela Reinecke-Fienhold Lutz Franke, der postwendend nach den Gründen fragte. "Die Hausärzte werden in unserer Region weniger, die Haubesuche auch. Es wird auch schneller gesagt: ¿Ruf die Rettung an.‘ Es sind nach wie vor viele, viele Einsätze dabei, die von unseren Rettungswagen gefahren werden, die eigentlich keine sind. Vieles wird vom Bereitschaftsdienst abgedeckt, für das eigentlich der Hausarzt zuständig wäre", sagte die Vorstandsvorsitzende des DRK-Kreisverbandes Salzwedel.

Nachts stünden in den Wachen der Hansestadt, in Klötze und in Dähre jeweils ein Rettungswagen (RTW) für Einsätze bereit. Sollte der Salzwedeler bei einem Notruf ausrücken und ein zweiter eingehen, müsste der Hilfebedürftige theoretisch auf einen RTW aus Klötze oder Dähre warten. Angela Reinecke-Fienhold: "Zum Glück hatten wir diesen Fall nicht, aber ich appelliere trotzdem an die Bürger, genau zu überlegen, ob ein akuter, lebensbedrohlicher Notfall vorliegt, wenn der Notruf getätigt wird."

Die Rettungswagen des Kreisverbandes rückten 2009 zu 7770 Einsätzen aus. Im vergangenen Jahr waren es über 8000. "Die Zusammenarbeit mit Niedersachsen in den Grenzregionen klappt dabei sehr gut, auch mit der Leitstelle", so die Vorstandsvoritzenden.

42 Mitarbeiter sind als Rettungssanitäter oder Rettungsassistenten in den drei DRK-Wachen aktiv. "Wir sind in der glücklichen Lage, mehr Assistenten zu haben. Unsere Mitarbeiter sind sehr bestrebt, diese Ausbildung zu machen, obwohl sie ¿nur‘ eine Sani-Stelle haben", betonte Angela Reinecke-Fienhold. Viele Bürger wüssten zum Beispiel nicht, dass die Stelle des Rettungsassistenten höher einzuschätzen ist als die eines Sanitäters. "Er muss staatlich anerkannt werden und eine zweijährige Berufsausbildung durchlaufen." Der Kreisverband verfügt mit den Wachen in Salzwedel und in Klöze über zwei staatlich anerkannte Lehrrettungswachen, in denen junge Leute ausgebildet werden. "Derzeit haben wir vier Praktikanten", fügte sie hinzu.

Lutz Franke zeigte sich gut vorbereitet auf das Gespräch mit Angela Reinecke-Fienhold. Nicht nur, dass er für die drei DRK-Wachen einen Präsentkorb als kleine Aufmerksamkeit für die Rettungskräfte zusammengestellt hatte, der FDP-Politiker hatte sich auch allerhand Fragen notiert. Etwa wie das DRK damit umgehe, dass 2011 die Zivildienststellen wegfallen. "Ein schlimmes Thema", sagte die Vorstandsvorsitzende. Beispielsweise im ambulanten Bereich könne das Angebot speziell für ältere Menschen finanziell nicht mehr aufrechterhalten und Dienstleistungen wie Grabpflege oder Begleitdienste angeboten werden. Teilnehmer des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) könnten die Lücke, die die Zivildienstleistenden reißen – in Salzwedel sind es in der Regel acht bis zehn pro Jahr – nicht schließen. "Aus der Erfahrung heraus kann ich sagen, dass ein FSJ kein Ersatz, sondern Lückenbüßerdienst ist. Oftmals warten die jungen Menschen beim FSJ auf eine Lehrstelle oder einen Studienplatz und sind dann schnell weg, sobald die Zusage kommt, was absolut verständlich ist", so Reinecke-Fienhold.

Im Rahmen des Rettungsdienstes erwartet sie durch den Wegfall der Stellen eine negative Langzeitwirkung. "Viele unserer Mitarbeiter haben wir aus dem Zivildienst heraus gewinnen können. Auf diese Quelle können wir nicht mehr zurückgreifen. Das hat Auswirkungen auf den gesamten sozialen Bereich." Daher werde 2011 aus ihrer Sicht für den Kreisverband "ein Jahr voller Hausforderungen." Zu Beginn des Jahres werden noch zwei Zivis beim DRK anfangen, "aber was ist dann ab Juni?", fragte Angela Reinecke-Fienhold ihren Gast. "Gerade beim Zivildienst wurde der soziale Gedanke bei jungen Menschen entwickelt", so Lutz Franke. Abzuwarten sei, wie sich die Bürgerarbeit entwickle.

Fünf Auszubildende werden vom Kreisverband in der ambulanten Pflege und im kaufmännischen Bereich ausgebildet. Die Suche nach weiteren laufe, so die Vorstandsvorsitzende. "Wir hätten gern welche aus der Region", sagte sie. Allerdings treffen immer häufiger Unterlagen von Bewerbern ein, die weiter weg wohnen. "Wir möchten nicht nur ausbilden, sondern die Leute auch bewusst hierbehalten." Dem stünden allerdings die Verdienstmöglichkeiten gegen-über, die beim hiesigen Kreisverband geringer sind als in anderen Regionen. "Allen gefällt es bei uns sehr gut. Wir brauchen examiniertes Mitarbeiter. Die ideelle Sache wird auf Dauer aber nicht reichen, um sie zu halten."

Positiv betrachtete Angela Reinecke-Fienhold die Entwicklung der Ehrenamtlichen. 150 unterstützen den DRK-Kreisverband Salzwedel in verschiedenen Bereichen.