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Drei Jahre Haft für Missbrauch an Elfjährigem

Von Wolfgang Biermann 22.02.2014, 01:40

Stendal/Gardelegen l Das Landgericht Stendal hat Freitag einen vielfach vorbestraften 72-jährigen Rentner aus Gardelegen wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Jugendschutzkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler sah sieben von elf angeklagten Straftaten als erwiesen an. Das Gericht ging im Urteil von noch mehr Taten aus, nachdem das jetzt zwölfjährige Opfer gestern nichtöffentlich als Zeuge ausgesagt hatte.

Fest steht für die Richter hingegen, dass der Angeklagte nach Verbüßen einer dreijährigen Haftstrafe wegen Kindesmissbrauchs den zur Tatzeit elf Jahre alten Sohn einer Bekannten ab Sommer 2012 bei sich hat tagsüber aufhalten und auch mehrfach übernachten lassen. Der 72-Jährige hatte eingestanden, am Geschlechtsteil des Jungen manipuliert zu haben, wobei der Junge in drei Fällen schlief und davon nichts mitbekam. Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person nennt das der Gesetzgeber laut Staatsanwaltschaft. Es wird mit sechs Monaten bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft - je Tat.

Zehnmal habe er Geld in seiner Hose gefunden, wie der Junge als Zeuge aussagte: zweimal zehn und sechsmal fünf Euro. Die Vermutung liege nahe, dass es sich dabei um eine Art Belohnung für den Missbrauch gehandelt habe. Bewiesen sei das aber nicht, so Richter Galler. Das Gericht sprach von einer "erheblichen kriminellen Energie" des Angeklagten und "typischer Vorgehensweise". Zur Tatzeit stand der Angeklagte unter Führungsaufsicht eines Bewährungshelfers. Ein Gerichtspsychiater hatte dem Rentner, der 1962 das erste Mal mit der Justiz in Berührung kam, einen leichten Grad von Pädophilie (sexuelle Neigung zu Kindern) bescheinigt. Gleichwohl sei er voll schuldfähig. Er sei therapierbar, seine sexuelle Fehlpräferenz letztlich aber nicht heilbar, so der Gutachter.

"Blauäugig und dumm"

Wenn man Kinder von ihm fernhalte, sei die Gefahr von Straftaten gering. Er werde nicht losgehen und Kinder missbrauchen. Die gerichtlich 2010 ausgesprochene diesbezügliche Weisung hat er aber missachtet. Im Urteil gab es auch einen Querschuss der Richter gegen die Mutter des Jungen und deren Lebenspartner. Sie hätten den Jungen dort nicht ein- und ausgehen lassen dürfen, weil sie vermutlich von der Pädophilie wussten. Der Staatsanwalt ging sogar noch weiter. "Blauäugig und dumm" nannte er das Verhalten der Eltern.

Der Verteidiger hatte das Gericht um eine Art letzte Chance für seinen Mandanten gebeten. Und die könne dieser nur nutzen, wenn er eine Bewährungsstrafe erhielte, um eine Therapie zu machen. "Blanker Unsinn", titelte die Staatsanwaltschaft. Das Gericht hielt ebenfalls dagegen. Er hätte die Chance zur Therapie lange genug in Freiheit gehabt. Der Angeklagte zeigte sich zur Zahlung von 2000 Euro Schmerzensgeld bereit.