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Prozess am Landgericht Stendal gegen Salzwedeler wegen schwerwiegender Straftaten 29-Jährige fleht: "Töte mich nicht"

Von Wolfgang Biermann 30.04.2014, 01:17

Die Vorwürfe gegen einen 57-jährigen Salzwedeler vor dem Stendaler Landgericht wiegen schwer. Er soll eine Litauerin überfallen, sie verletzt und ihr Todesangst zugefügt haben.

Salzwedel/Stendal l Am Landgericht Stendal geht es seit gestern um Freiheitsberaubung und gefährliche Körperverletzung, möglicherweise auch um versuchte sexuelle Nötigung und/oder versuchten Schweren Raub.

Ein Salzwedeler (57) ist angeklagt, eine im niederländischen Amsterdam wohnende Frau aus Litauen am Ortsausgang von Salzwedel (Hoyersburger Straße) mit dem Messer bedroht, sie gewürgt und in einen Straßengraben gezerrt zu haben. Dann soll er die sich heftig wehrende 29-Jährige in seinen Garten gezerrt, sie dort an Händen und Füßen gefesselt und ihr mit Klebeband den Mund zugeklebt haben. In einem unbemerkten Moment gelang ihr die Flucht; sie lief in Richtung Stadt und fand in einem Heim an der Hoyersburger Straße Zuflucht. Pflegekräfte alarmierten die Polizei. Das Opfer erlitt diverse Prellungen, Schnittverletzungen, Schürfwunden, hatte Schluck- und weitere Gesundheitsbeschwerden.

Auf "Sammeltour" gewesen, um Pfand- flaschen zu suchen

Die Tat soll sich schon am späten Abend des 23. September 2012 zugetragen haben. Die Frau war gegen 22 Uhr mit dem Zug aus Berlin gekommen und wollte mit dem Fahrrad ins benachbarte niedersächsische Wustrow. Die Polizei stieß bei ihren Ermittlungen recht schnell auf den langzeitarbeitslosen Angeklagten. Das Amtsgericht Salzwedel hatte den Fall anverhandelt, ihn aber an das Landgericht Stendal verwiesen. Das im Raum stehende Strafmaß könnte über dem Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichtes liegen, hieß es zu Begründung.

"Ich bin nicht schuldig", sagte der Angeklagte zum Prozessauftakt. Er räumte ein, am Bahnhof gewesen sein. Auch habe ihn jemand dort angesprochen und nach dem Weg nach Wustrow gefragt. Mehr habe er aber nicht damit zu tun. Er sei auf "Sammeltour" gewesen, um Pfandflaschen zu suchen und später in seinem Garten gewesen, um dort Gurken zu gießen - am Sonntagabend gegen 23 Uhr.

Das Fahrrad des Opfers habe er am Straßenrand gefunden daneben einen Rucksack und eine Jacke. All das habe er an sich genommen, um es für sich zu behalten. Die Tür zu seinem Garten sei aber jedermann zugänglich, mehrfach schon hätten Diebe den Garten heimgesucht und auch die darauf befindliche Laube abgefackelt, wies er die Richtung zu anderen Tätern.

Opfer sagt aus: Er habe ihr ein "Messer gezeigt"

Allerdings machte ihn das Gericht auf Widersprüche zu seiner polizeilichen Aussage aufmerksam. "Schon so lange her", so seine Antwort. Die junge Frau, groß und schlank, fast schon hager, betrat den Zeugenstand. Doch sie konnte nicht reden und bekam einen Weinkrampf. Nach einer Pause erzählte sie sodann, dass sie den Angeklagten nach der Ankunft auf dem Bahnhof nach dem Weg nach Wustrow gefragt und er ihr diesen erklärt habe.

Er selbst sei in die Richtung voraus gefahren. Außerhalb der Stadtgrenze ist es dann ihrer Aussage nach zu einer Begegnung mit ihm gekommen, wobei sie sich an einige Details nicht mehr konkret erinnern konnte. Missverständnisse waren auch auf Sprachbarrieren zurückzuführen, eine Dolmetscherin übersetzte vom Deutschen ins Litauische und umgekehrt. Das Opfer sagte aus, dass er ihr ein "Messer gezeigt" habe. Ob er sie damit bedrohte, blieb ungeklärt. Sie habe gedacht, er wolle sie vergewaltigen und auf Englisch gefleht "Töte mich nicht". Beide hätten miteinander gekämpft, er habe sie schließlich gefesselt im Garten zurückgelassen, wo sie sich habe befreien können und im nahe gelegenen Heim Hilfe fand. Am 7. Mai soll der Prozess fortgesetzt werden.