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Psychisch krankem Rentner droht geschlossene Unterbringung / Schuldfähigkeit steht in Zweifel Hund gequält, Polizisten getreten

Von Alexander Walter 28.05.2014, 03:25

Nachdem er seinen Hund fast dem Hitzetod überließ und einen Polizisten verletzt hat, droht einem Altmärker die geschlossene Unterbringung. Das Amtsgericht hat die Entscheidung an das Landgericht Stendal überwiesen.

Salzwedel l Es ist der 2. August 2013, als Werner K.* sein Auto auf dem Parkplatz am Salzwedeler Kaufland abstellt. Draußen sind es über 30 Grad Celsius. Im Kofferraum sitzt sein völlig abgemagerter und von Flöhen übersäter Hund "Bello" - angeleint und wohl fast ohne Bewegungsfreiheit. K. wird seinen in der Sonne geparkten Wagen lange verlassen, nur die Fahrerscheibe lässt er einen Spalt breit offen. Sein Hund kämpft ums Überleben.

Die Vernachlässigung seines Tieres war gestern allerdings nur einer der Punkte, wegen derer Werner K. als Angeklagter vor dem Amtsgericht saß. Die Staatsanwaltschaft warf dem 73-jährigen im Zusammenhang mit dem Vorfall außerdem vor, zwei zu Hilfe gerufene Polizisten angegriffen und einen von ihnen in den Unterleib getreten zu haben. Werner K., ein zerknirscht wirkender älterer Herr, weist alle Vorwürfe zunächst zurück: "Da ist nichts dran." Er sei einkaufen gegangen, das gehe eben nicht so schnell. "Bello" sei im Auto zwar angeleint gewesen, habe aber genug Bewegungsraum gehabt. Dass sein Hund in dieser Zeit nicht leise war, sei klar.

Schaum vorm Mund

Als er nach dem Einkauf noch einen Kaffee trank, sei plötzlich dieser Polizist gekommen. "Der hat mich an der Jacke gepackt und gesagt: `Mitkommen"`, schildert K. Am Auto angekommen, sei die Scheibe heruntergedrückt gewesen. "Ein Sitz war kaputt und die Kofferraumklappe stand offen. Dann hätten ihn die Polizisten auch noch angegriffen. "Ist doch klar, dass ich da herumstrampele."

Polizist Christian M. hat die Situation anders in Erinnerung. Auf Anruf des Hausmeisters sei er mit einem Kollegen gekommen. "Das Fenster des Wagens von K. sei nur vier Zentimeter offen gewesen, sagt der Zeuge. "Der Zustand des Hundes im Innenraum war da schon kritisch. Er hatte Schaum vorm Mund und war so kurz angeleint, dass er nicht liegen konnte."

Während sein Kollege K. suchte, habe er mit einem Passanten die Scheibe des Wagens geöffnet und den Hund befreit. Als später Werner K. allein zurückkam, sei die Situation eskaliert. K. habe gerufen: "Was machen sie an meinem Auto?", ihn weggestoßen und mit dem Knie in den Bauch getreten. "Da habe ich ihn auf den Boden geworfen und Handschellen angelegt."

Was immer auch am Kaufland genau geschah, aus Sicht des Gerichtes bestand gestern kein Zweifel daran, dass Werner K. seinen Hund am Kaufland, aber auch schon zuvor stark vernachlässigt hat. Bis vor wenigen Wochen war "Bello" deshalb auf Entscheidung des Landkreises im Salzwedeler Tierheim untergebracht. Zeugin Kerstin F., Pflegerin in der Einrichtung, erinnert sich: "Bello war abgemagert, das Fell stumpf, und er hatte überall Schuppenflechten auf dem Rücken, als er zu uns kam."

Acht Vorstrafen

Erst am Ende des Prozesses wird klar: Werner K. hat eine lange kriminelle Karriere hinter sich. Acht Einträge stehen im Vorstrafenregister, darunter Delikte wie gefährliche Körperverletzung, illegaler Schusswaffenbesitz und Urkundenfälschung. Gerade verbüßt er eine weitere Bewährungsstraße. Auch sonst hat der Rentner sein Leben nicht im Griff. Nachdem er mit seinem Hund und vier Katzen in einer offenbar verwahrlosten Wohnung lebte, bekam er einen Betreuer an die Seite gestellt. Doch auch seine neue Wohnung sei beengt und unsauber, schildert Gutachterin Christa P.

Sie hat Werner K. zweimal untersucht. Dabei hat sie zunehmende Gedächtnisstörungen und eine organische Persönlichkeitsstörung festgestellt. Das heißt: Werner K. könnte körperlich krank sein. "Ich habe das Gefühl, dass er die Situation am Kaufland nicht voll erfasst hat", sagt Christa P. Die Symptomatik sei so schwerwiegend, dass sie an der Schuldfähigkeit zweifele.

Richter Klaus Hüttermann folgt dieser Sicht: "Ich sehe die Gefahr, dass es wieder zu Krach kommt, mit schweren Verletzungen Dritter." Die Konsequenz könne die geschlossene Unterbringung sein. Nach einem Gutachten soll darüber nun das Landgericht Stendal entscheiden.

* alle Namen geändert