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Gardeleger hatte Pflanzen teils offen angebaut Mit Stromdiebstahl die Aufzucht von Cannabis realisiert

Von Wolfgang Biermann 04.06.2014, 01:23

Stendal/Gardelegen l Mit der Berufungsrücknahme durch die Staatsanwaltschaft Stendal wurde Diesntag ein Schlussstrich unter eine ganze Reihe von Prozessen gegen einen Mann aus Gardelegen gezogen.

Der Fall des heute 48-Jährigen, bei dem im Jahr 2011 mehrere Cannabis-Indoor-Plantagen und eine offene Cannabis-Plantage bei einer Polizeirazzia gefunden wurden, hatte mehrfach sowohl das Amtsgericht in Gardelegen als auch das Landgericht in Stendal und schließlich auch das Oberlandesgericht in Naumburg beschäftigt (die Volksstimme berichtete mehrfach). Der Fall ist so kompliziert, dass selbst der Staatsanwalt Schwierigkeiten hatte, ihn den Medienvertretern nachvollziehbar zu machen.

Zum Sachverhalt in Kürze. Bei der Durchsuchung der Wohnung fand die Polizei besagte Cannabisplantagen in Keller und Garten des Angeklagten im Ortsteil Lindenthal. Der teils offene Cannabisanbau erregte damals einiges Aufsehen, auch überregional. Für die energieintensive Aufzucht hatte der Angeklagte, der vor Gericht angab, seit 2004 drogenabhängig zu sein, einfach den Stromzähler überbrückt und Elektroenergie illegal abgezapft. Er behauptete, dass aus dem Cannabis gewonnene Marihuana selbst verbraucht beziehungsweise nur an Bekannte abgegeben zu haben. Für Drogenbesitz und -handel wurde er vom Amtsgericht in Gardelegen zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Was folgte, ist eine juristische Odyssee. Auf Berufung des Angeklagten hin, wandelte das Landgericht Stendal im Berufungsprozess die dreieinhalb Jahre Haft ohne in zwei Jahre mit Bewährung um. Zwischenzeitlich war der Mann jedoch 2012 vom Amtsgericht Gardelegen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das Urteil stand im engen Zusammenhang mit der Razzia im Jahr 2011.

Was die Polizei bei der Durchsuchung seinerzeit nicht fand, war ein Tütchen mit Kokain. Das hatte der Angeklagte am Körper versteckt und das Rauschgift kurz vor der Vernehmung durch die Kriminalpolizei konsumiert.

Irgendwie kam der Kokainbesitz doch heraus, sodass der Angeklagte in Erklärungsnot geriet. Er erfand offenbar die Geschichte von zwei Drogendealern, mit denen er in 31 Fällen Kokain gegen das von ihm gewonnene Marihuana getauscht hätte. Es stellte sich heraus, dass die beiden Männer - zumindest mit diesem Fall - nicht das Geringste zu tun hatten.

Die Staatsanwaltschaft ging anschließend gegen das Geldstrafenurteil in Berufung. Und im April vorigen Jahres machte die Berufungskammer am Landgericht Stendal aus zwei Jahren Haft mit Bewährung nunmehr zwei Jahre und zwei Monate ohne Bewährung. Dagegen wiederum ging der Angeklagte in Revision.

Das Oberlandesgericht in Naumburg kippte das Urteil und verwies es an eine andere Kammer in Stendal zurück, wo nun gestern die Berufung der Staatsanwaltschaft erneut verhandelt werden sollte.

Weil nun aber schon fast drei Jahre seit der Tat vergangen sind und der Angeklagte sich in dieser Zeit laut Bewährungshelferin geradezu musterhaft geführt hat, nahm die Staatsanwaltschaft die Anregung des Vorsitzenden Richters Christian Hachtmann an und nahm die Berufung zurück.