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Die Kunst der Improvisation begeisterte die Theatergäste im Salzwedeler Gerlach-Speicher Attila wird zum Mörder und zum Mann

Von Philip Najdzion 15.09.2014, 01:25

Spannend, lustig und vor allem richtig gut - ein Trio aus dem Wendland bringt Improvisationstheater nach Salzwedel. Die Schauspieler machen den Gerlach-Speicher zur Bühne und den Abend für viele Gäste zu einem besonderen Erlebnis.

Salzwedel l Ein tiefes Bass-Brummen durchzieht den Gerlach-Speicher. Keiner der Zuschauer am Freitagabend weiß, was ihn gleich genau erwartet. Nicht einmal die drei Schauspieler selber wissen das. Sie entwickeln das Stück spontan, ohne Drehbuch und einstudierte Dialoge. Das Publikum bestimmt die Hauptrollen: Attila, der Buchhalter mit Angst vor Frauen, Lukas, der Schönheitschirurg und Celina die Krankenschwester. Dann sind die Schauspieler an der Reihe. Das Improvisationstheater beginnt.

Attila und Lukas sind Brüder. Plötzlich verschwindet ihre Mutter. Attila (Urs Mende-Averdunk) macht sich auf die Suche nach ihr. Die stümperhaften Polizisten gespielt von Christine Tetau und Martin Papke sind ihm dabei keine große Hilfe.

Dem Publikum machen sie dagegen umso mehr Freude. "Den Fall schließen wir ab", sagt die Kripobeamtin. "Ich habe meinen Block eh verloren", fügt ihr Kollege hinzu. Mit markigen Dialogen bringen die Darsteller die Gäste immer wieder zum Lachen. "Die Alte hat sich bestimmt zum Sterben in den Wald zurückgezogen", erklärt die Polizistin.

"Was haben wir zu tun?" Und er antwortet trocken: "Möpse!"

Und später fragt die Krankenschwester den Schönheitschirurgen im OP-Saal: "Was haben wir zu tun?" Und dieser antwortet trocken: "Möpse!"

Immer wieder schlüpfen die Schauspieler in neue Rollen. Dabei gelingt es ihnen, immer feiner die Charaktere der Hauptfiguren auszuarbeiten. Lukas, der Chirurg, ist eher ein Draufgänger, kümmert sich vor allem um sich selbst. Sein Bruder Attila lebt dagegen noch bei der Mutter und lässt sich im Job oft unterbuttern.

Geheimnisvolle Postkarten bringen ihn bald auf die Spur zu seiner Mutter. Er macht eine unglaubliche Entdeckung. Die Mutter ist im Besitz eines Jungbrunnen-Elixiers. Doch eine Verbrecherbande kam ihr auf die Schliche und kidnappte die alte Dame.

Attila ermordet am Ende den Bösewicht. Mit seiner Heldentat überwindet er seine Angst gegenüber Frauen. Er tritt aus dem Schatten seines Bruders und wird zum Mann.

Der Mord im Gerlach-Speicher war für die Zuschauer am Freitagabend ein einzigartiges Erlebnis. Einzigartig nicht nur, weil die Geschichte einmalig war.

Viele Beobachter konnten kaum Unterschiede zu einem einstudierten Bühnenstück ausmachen. So spannend war die Geschichte erzählt, so lustig und markant waren die Dialoge und so sicher und überzeugend wirkte die Mimik der Darsteller. Und wenn einer der Schauspieler einmal schmunzeln musste, dann nur weil der Witz seines Kollegen ein Volltreffer war.

Am Sonnabend traten die Künstler der Gruppe "The Royal Stage Monkeys" aus dem Wendland in etwas veränderter Besetzung auf. Unterstützt wurden sie an beiden Abenden vom Musiker Guido Goh. Er spielte zum Auftakt ein Stück auf seiner Sisa. Ein Instrument, das ihm ein Hamburger Gitarrenbauer aus einem indischen Serot gefertigt hat. Mit orientalischen Klängen und seiner rauchigen Rockstimme stimmte er die Gäste eindrucksvoll auf einen besonderen Abend ein.