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Vergessene Orte: 1894 eröffnete die Wallstawer Molkerei / Nach der Wende kam schnell das Aus / Fördermittel für den Abriss möglich Wallstawer Käse für die Hauptstadt-Kaufhalle

Von Marco Heide 14.02.2015, 02:17

Fast 100 Jahre stellte die Molkerei in Wallstawe diverse Milchprodukte her. Nach der Wende war ruckzuck Schluss. Nun soll das letzte Kapitel des Betriebes Abriss heißen.

Wallstawe l Wo einst Käse und Butter für die ganze Republik produziert wurden, regiert heute der Verfall. Die alte Molkerei in Wallstawe, die zu DDR-Zeiten für viele Bewohner des Ortes Arbeit bot, ist zum Schandfleck verkommen, der, wenn es nach Bürgermeister Frank Wulff und dem Gemeinderat geht, bald verschwinden soll.

Gebaut wurde der Betrieb in den Jahren 1893/94. "Eröffnung war am 1. November 1894", weiß Ortschronist Karl-Heinz Unger. "Zu dieser Zeit kam die Industrie nach Wallstawe. Damals entstand auch eine Ölmühle und ein Flockenwerk", erklärt Unger. In den Anfangsjahren wurde die Milch noch nicht in Käse oder ähnliches weiterverarbeitet. Als dann in den 1970er Jahren das Milchwerk in Klötze den Betrieb aufgenommen hatte, sollte Wallstawe schließen. Doch so weit kam es nicht. Denn während in Klötze Trinkmilch produziert wurde, entwickelte sich die Molkerei in Wallstawe zur Käserei. Die Erzeugnisse lagen überall in der Republik in den Verkaufsregalen, nur nicht in Wallstawe. "Das gab manchmal richtig Ärger. Deshalb wurde dann einmal im Monat eine Stange im Konsum verkauft", weiß Karl-Heinz Unger.

Ende der 80er Jahre entstand hinter dem alten Molkerei-Gebäude ein Neubau, der aufgrund der Wende nach nur einem Jahr Betriebszeit wieder schloss. Das Unternehmen wurde abgewickelt.

1994 kaufte der Wallstawer Erdmann Toedter, dessen Vater in der Firma gearbeitet hatte, die Molkerei. "Das Gebäude war für mich uninteressant. Die Garagen, die wollte ich haben", erklärt Toedter. Deshalb verkaufte er die Molkerei wieder. Der neue Besitzer kümmerte sich nicht um das Gebäude und kam seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nach, sodass die Molkerei zurück an Erdmann Toedter ging.

In der Zwischenzeit räumten Schrotthändlern den Betrieb aus. Alles, was sie gebrauchen konnten, nahmen sie mit. Übrig geblieben ist das Haus, schwere Technik, die nur mit größerem Aufwand abtransportiert werden kann, und wertlose Einrichtungsgegenstände wie Schränke, Möbel und Umkleidekabinen.

Im Zuge des Kita-Neubaus in unmittelbarer Nähe, ist die Industriebrache stärker in den Fokus der Politik gerückt. "Wir wollen das Gebäude abreißen und den Eigentümer dabei unterstützen", erklärt Bürgermeister Frank Wulff. Die Gemeinde will sich dafür einsetzen, Fördermittel aus der "Altlastensanierung" oder dem "Leader"-Programm für diese Maßnahme zu generieren.

Weitere Bilder unter www.volksstimme.de/vomolkerei15