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Konstantin Wecker gastiert mit "40 Jahre Wahnsinn" in Salzwedel und denkt nicht ans Aufhören "Willy" hat er im Konzertgepäck

07.03.2015, 01:21

Er gilt als Sänger, Poet, Pianist und Geschichtenerzähler und als einer, der Missstände anprangert, sie zum künstlerischen Inhalt seines Lebens macht. Und das nun bereits seit 40 Jahren: Konstantin Wecker, der am 19. März im Kulturhaus auftritt. Volksstimme-Redakteur Arno Zähringer sprach mit dem gebürtigen Münchner.

40 Jahre auf der Bühne. Was macht Ihnen daran immer noch Spaß?

Ich habe das großartige Glück, einen Beruf zu haben, der wahnsinnig Spaß macht. Und das seit vielen Jahren. Auch wenn es mal eine Zeit gab, in der mir das Ende des Konzerts wichtiger war als das Konzert selbst. Aber das ist lange her. Es macht einfach unbändige Freude, mit so tollen Musikern wie beispielsweise Jo Barnickel auf der Bühne zu stehen. Und ich glaube, das spürt auch das Publikum. 40 Jahre auf der Bühne zu stehen, ist Wahnsinn. Und zwar der schönste Wahnsinn, den man sich vorstellen kann.

Sie sagten einmal, Sie seien angetreten, die Welt zu verändern. Was ist daraus geworden?

Naja, mir war eigentlich bereits mit 18 Jahren klar, dass man mit Liedern die Welt nicht verändern kann. Aber trotzdem glaube ich, einiges bewegt zu haben. Das zeigen mir Briefe, E-Mails von Menschen, die meine Konzerte besucht haben und berichten, ich hätte bei ihnen mit meinen Texten etwas angesprochen oder ihre Gefühle berührt. Und dadurch hätten sie die eine oder andere Haltung verändert. Das ist schön, denn mehr kann Kunst nicht erreichen. Das spüre ich auch bei mir. Wenn ich beispielsweise Dostojewski lese, dann bin ich kurzfristig ein besserer Mensch. Aber nach ein paar Wochen legt sich das.

Sind Sie noch nicht müde, gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, die Stimme zu erheben? Was treibt Sie an?

Es gibt keinen Grund, damit aufzuhören oder dies im Alter sein zu lassen! Ein Beispiel ist mein großes Vorbild Dieter Hildebrandt, der im Alter sogar noch zorniger wurde. Zudem ist die Situation heute in vielen Bereichen noch ungerechter als vor 30 oder 40 Jahren. Da läuft schon einiges schief. Beispiel Finanzwelt: Es kann doch nicht sein, dass ein Prozent der Menschen so viel wie 50 Prozent besitzt. Es stört mich ja nicht, dass einer reich ist, drei Autos hat oder zwei Swimmingpools. Sondern es ist die Macht, die damit verbunden ist. Deshalb bin ich ein radikaler Demokrat und weil ich nicht möchte, dass alles den Bach runter geht.

Worin liegen die Unterschiede von Wecker 2015 und dem Wecker vor 25 Jahren?

Ich bin sicher selbstironischer geworden. Als junger Mann ist man noch sehr viel mit sich selbst beschäftigt und nimmt sich noch mehr ernst. Heute stehen die Inhalte viel mehr im Vordergrund. Auf der Bühne habe ich mich nicht verändert, da besteht kein großer Unterschied - außer, dass ich älter bin (lacht). Die Freude am Singen, am Klavier spielen, am Musizieren überhaupt, ist geblieben. Wichtig sind auch die Präsenz und die Glaubwürdigkeit - das spürt das Publikum.

40 Jahre Wecker-Wahnsinn - das sind nicht nur unzählige Lieder, sondern auch Stücke, die Kultstatus erlangt haben. Beispielsweise "Willy". Gehört "Ihr guter Freund" auch zum 40-Jahre-Wecker-Wahnsinn-Programm?

Ja, das geht nicht anders, auch weil das Thema wieder ganz frisch ist. Ich habe das Stück 20, 30 Jahre nicht gesungen, weil es ein Lied ist, das sich abnutzen kann. Aber es gibt nicht nur den "Willy". Auch die Klassiker wie "Genug ist nicht genug", "Wenn der Sommer nicht mehr weit ist", "Sage nein", "Absurdistan" oder auch "Wut und Zärtlichkeit" werden zu hören. Überhaupt: das Publikum sollte sitzfest sein.

Der Titel der Tour klingt nicht nur wie eine Bilanz, sondern auch ein bisschen wie Abschied. Sie werden im Juni ein echter 68er. Müssen sich Ihre Fans darauf einrichten, dass Sie bald nicht mehr auf Tournee gehen?

(Lacht) Ja, ein 68er, das ist gut. Ich werde nicht den Blödsinn wie manch andere machen, eine Abschiedstournee anzukündigen, um dann nach drei Jahren wiederzukommen. Dieter Hildebrandt war im Alter von 84 Jahren noch hellwach. Bei seinen Auftritten merkte man nicht, dass da ein 84-Jähriger auf der Bühne steht. Nein, solange meine körperliche Konstitution mitmacht; ans Aufhören, nein, ich denke nicht dran!