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Auskünfte von Oberbürgermeisterin und Bauamtsleiter offenbar falsch Luxus-Stühle: Angebot nicht verpflichtend

Von Torsten Adam 24.02.2011, 16:57

30 Millionen Euro Schulden und ein Haushaltsloch von 6,2 Millionen Euro im Jahr 2010: noch lange kein Grund für die Stadtverwaltung, auf den Kauf von 100 Stühlen zum Stückpreis von 204 Euro zu verzichten. Das Mobiliar für die neue Feuerwache war dem Finanzausschuss zu teuer. Oberbürgermeisterin Sabine Danicke löste dennoch den Auftrag aus. Wie Bauamtsleiter Ralf Burmeister begründete sie dies mit recht-lichen Vorgaben der Ausschreibung. Doch das stimmt nicht, haben jetzt Volksstimme-Recherchen ergeben.

Salzwedel. Mächtig angefressen zeigte sich Stadträtin Christiane Lahne (SPD-Fraktion) während der Finanzausschusssitzung in der Vorwoche. Denn im Protokoll hatte sie entdeckt, dass das Gremium bei der vorangegangenen Sitzung mit 6 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen den Kauf der Feuerwehrstühle zu diesem Preis eindeutig abgelehnt hatte. Trotzdem unterschrieb Sabine Danicke den Auftrag an den Lieferanten. "Wir hätten sonst Vergaberecht brechen müssen", begründete sie. Auf Nachfrage bestätigte dies Bauamtsleiter Ralf Burmeister am folgenden Tag. Die Verwaltung sei nach ordnungsgemäßer Ausschreibung - von drei angeschriebenen Lieferanten hätten zwei Angebote abgegeben - dazu verpflichtet gewesen, die günstigere der beiden Offerten anzunehmen.

In der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL), die die Ausschreibung und die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand in Deutschland regelt, heißt es allerdings unter Paragraf 17: "Die Ausschreibung kann aufgehoben werden, wenn: 1. kein Angebot eingegangen ist, das den Ausschreibungsbedingungen entspricht, 2. die Vergabeunterlagen grundlegend geändert werden müssen, 3. andere schwer wiegende Gründe bestehen." Im Anhang der VOL wird Satz 3 wie folgt näher erklärt: "Hierunter ist auch der Fall zu verstehen, dass selbst das Mindestangebot zu hoch befunden wurde." Und diese Auffassung vertrat der Finanzausschuss, wenngleich das Gremium aufgrund der städtischen Hauptsatzung bei diesem Auftragsvolumen nur ein Beratungs-, aber kein Vetorecht hatte.

Als "schwer wiegenden Grund", eine Ausschreibung aufzuheben, sieht die Rechtssprechung im übrigen auch eine Haushaltssperre. Eine solche hatte Sabine Danicke auf Druck der Kommunalaufsicht im September verhängen müssen.